39. Austin: Provokation

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Ich saß auf den Sofa der O'Caras.

Mir war unwohl.

Jeremys Schwester starrte mich so seltsam an und Alina wirke auch nicht wirklich erfreut, mich wieder zu sehen.

Jeremy war schon vor ein paar Minuten mit Jay gegangen, ich hatte es nicht gewagt zu lauschen.

Helens Tochter, Briana, stand in der Küche und snackte unbekümmert und nicht gerade leise.

„Wow, du sieht echt noch genauso aus wie damals", hauchte Helen dann plötzlich.

„Ehm ja", stimmte ich einfach mal zu.

Wenn sie Jers Schwester war, war es irgendwie logisch, dass wir uns kannten.

Nach einiger Zeit kamen Jeremy und Jaylin zurück.
Einerseits war ich erleichtert, anderseits wurde das Gewicht auf meiner Brust umso schwerer.
Als Jer sich neben Alina setzte, sah ich zu Jay.

„Können wir bitte reden?", flehte ich leise.
Er tat so, als habe er mich nicht gehört, sah mich nicht mal an.
„Bring mir Chips mit!", rief er stattdessen zu Briana in die Küche.

„Klar doch!", antwortete sie.

Als sie zurückkam, warf sie Jay eine kleine Tüte zu und sprang über die Sofakante, um sich zu setzen.

„Briana, benimm dich doch mal endlich", tadelte Helen.

Das blonde Mädchen verdrehte nur die Augen.
„Wer bist du eigentlich?", wollte sie dann von mir wissen.

„Austin. Ein Freund von..." Ich wollte Jay sagen, aber wie es aussah waren wir nicht mehr befreundet. „...Ein Freund der Familie"
Wenn ich Jeremy gesagt hätte, hätte Alina mich wahrscheinlich umgebracht...

„Cool. Und wie kommt es, dass wir uns noch nicht kennen?" Briana sah mich neugierig an, als sie mir die Öffnung der Chipstüte anbietend hin hob.

Ich schüttelte ablehnend den Kopf und sah fragend zu Jeremy.
Sollte ich die Wahrheit sagen?
Er nickte mir aufmunternd zu.

Also wandte ich mich seufzend wieder an das Mädchen. „Ich bin ein Vampir und wusste bis vor kurzen nicht mal, dass ich deinen Onkel und deine Mum kenne"

„Ein echter Vampir?", hauchte das Mädchen aus großen Augen.

Ich nickte leicht lächelnd.

Mit ihr zu reden half mir irgendwie, mich weniger scheiße zu fühlen. Sie roch angenehm und irgendwie vertraut, obwohl ich sie nicht kannte.

„Beweis es", forderte sie dann aus zusammengekniffenen Augen.

„Aber fang nicht an zu heulen", grinste ich.

Sie schüttelte den Kopf, sah mich auffordernd an und im nächsten Moment ließ ich meine Reißzähne hervorschießen und fauchte sie an, so als wollte ich sie beißen.

Sie reagierte nicht wie erwartet, indem sie zurückwich, sondern kickte mir mit dem Fuß ins Gesicht.

„Au!", beschwerte ich mich, als ich mir den schmerzenden Kiefer rieb.
Holy, das Mädchen hatte Feuer.

Alle waren total geschockt, man hörte nur ein Lachen. Von Jay.
„Macht das nochmal!"

Ich warf ihm einen bösen und beleidigten Blick zu.

Mein Kiefer tat echt weh, aber egal, ob sie mir ihn vielleicht gebrochen hatte, er heilte. Und das bemerkten auch die Anderen.

Aus großen Augen sah Briana mich an. „Das war gerade ganz blau und jetzt ist es weg", hauchte sie und zeigte zu meinem Kiefer.

„Selbstheilungskräfte", erklärte ich abwinkend.
Dann musste ich grinsen. „Für ein Menschenmädchen hast du echt einen heftigen Kick, das muss ich zugeben"

Sie bekam leicht rötliche Wangen, als sie kicherte. „Ich spiele Fußball, das könnte es erklären"

„Frauen dürfen sowas?" Ich tat total überrascht, was sie verwirrte. „Aus welchem Jahrhundert kommst du denn?"
Ich lachte. „Aus dem 20. Ich lebe erst 35 Jahre, das war nur ein Witz"

„Oh", lachte Briana.

Man konnte sich gut mit ihr unterhalten. Irgendwie waren wir total auf einer Wellenlänge. Und hübsch war sie auch.

„Mit wie viel Jahren bist du zum Vampir geworden?", wollte sie dann wissen.

„Ich bin mit 20 gestorben." Wann genau ich zum Vampir geworden war, konnte ich nicht sagen. Manche wachten noch in ihrer Todesnacht wieder auf und manche erst nach Hunderten von Jahren. Ich wusste nicht, wie lange es bei mir gedauert hatte und um nachzurechnen, war ich zu faul.

„Das ist echt wahnsinnig cool. Meine Freundinnen werden mir das niemals glauben", hauchte sie.

Ich wollte antworten, doch verstummte, als ich Jays neutrale Stimme hörte. „So cool ist das gar nicht. Er ist nichts Besonderes, bis auf die Tatsache, dass er Blut von anderen braucht, um zu überleben. Eigentlich ist das ziemlich erbärmlich, wenn man es mal genau nimmt"

Naja, damit hatte er zumindest Recht. Aber es verletzte mich sehr, sowas von dem Mann zu hören, den ich liebte und von dem ich zumindest nicht mit diesem emotionslosen Ausdruck angesehen und umschrieben werden wollte. Es bewies, dass er meine Gefühle niemals erwidern würde.

Ich sah traurig auf den Boden. Ich wollte hier weg, mich mit einem frischen Blutshake unter meine Bettdecke verkriechen und da leise weinen. Das klang nach einem super Abend für mich.

„Jay, entschuldige dich!", forderte Jeremy streng, der meine Verletzung erkannt hatte.

Es kam ein Schnauben von Jay. „Tus du doch, indem du ihm wieder einen runterholst"

„Jay!", zischte jetzt auch Alina.

„Was?!", gab er wütend von sich. „Darf man jetzt nicht mal mehr die Wahrheit sagen? Tut mir leid, dass ihr zu feige seid, um darüber zu reden. Aber es ist nicht meine Schuld, dass Dad auf Austins Schwanz aus ist!"

„Jay, das reicht.", versuchte es Helen sanft.

Aber er hörte nicht auf. „Er ist zwar nicht mehr dein Stecher von früher, aber du hast trotzdem noch ziemlich gute Chancen bei ihm, Dad. Das kann ich dir versprechen. Austin steht auf Jungs mit dunklem Haar und blauen Augen, stimmt's?" Er sah mich zum ersten Mal heute an, das mehr als herausfordernd, provozierend.

Ich schlucke hart, schüttelte den Kopf und wollte ihn unterbrechen, aber ich konnte nicht reden.

„...Aber wenn er mit jemandem schläft, bedeutet es ihm nichts, egal was er dir vorspielt. Im einen Moment fickt er dich und im nächsten legt er deinen Vater flach. So ist Austin nun mal"

Als er das sagte, hörte ich überraschte und geschockte Laute und wollte einfach nur im Erdboden versinken.
So wie er es darstellte, war ich zuerst über den armen Jungen im Rollstuhl hergefallen und danach über dessen Vater. Laut ihm war ich einfach nur ein notgeiler Bock. Das war es, was wirklich wehtat. Denn so war unsere Nacht für ihn bedeutungslos. Jedes Wort, jede Tat, jeder Kuss.

Keiner sagte mehr was, alle mussten den Schock verdauen.

„Ist das wahr?", fragte dann Alina mit belegter Stimme.

Ich konnte ihr nicht antworten.

„Was? Denkst du ich lüge?", fragte Jay empört. „Austin ist der einzige Lügner hier" Bei diesem Satz sah er mir ins Gesicht und ich schwöre, ich konnte durch seine Augen sehen, wie er mich in Gedanken erwürgte.

„Ich hab dich niemals belogen", hauchte ich leise.

Jay schüttelte den Kopf. „Lass es einfach, Austin. Ich glaube dir eh kein Wort mehr"

Dann fuhr er wieder aus dem Zimmer und ließ uns im völligen Chaos zurück, mich in der Höhle des Löwen. Und dieser war sehr wütend.

Only mortal (Boyxboy)जहाँ कहानियाँ रहती हैं। अभी खोजें