31. Austin: Der Morgen danach

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Als ich wach wurde, wunderte ich mich erstmal, was denn da auf mir lag, bis ich feststellte, dass es Jay war, der friedlich vor sich hinschlummerte. Grinsend fuhr ich mit der Hand in seine Boxer und knete seinen Hintern leicht durch. Er schlief tief genug, um es nicht zu bemerken.

Wir waren gestern nach diesem unglaublichen Sex nochmal duschen gegangen, diesmal zusammen (ohne dabei unanständig zu werden, wenn man von ein paar heißen Küssen und Gefummel absah), und hatten uns zumindest Unterwäsche angezogen, ehe wir uns wieder ins Bett gelegt hatten und eingeschlafen waren.

Jayjay war wohl ziemlich erschöpft, aber kein Wunder nach der harten Arbeit von gestern.

Ich ließ meine beiden Hände auf seinem Hintern ruhen und schlief wieder etwas ein.

Das nächste Mal, als ich wach wurde, war es nicht grundlos, sondern weil ich ein Fluchen hörte.
„Scheiße, nein das kann nicht sein! Fuck! Fuck! Fuck!"

Ich öffnete verwirrt die Augen und sah Jays panisches Gesicht.
„Was ist los?"

Er sah mir in die Augen, in seinem Blick Trauer und Angst. „Ich fühle meine Beine nicht"

„Nein", hauchte ich.
Ich kniff ich ihm den Hintern.

Er zeigte keine Reaktion.

Langsam schob ich meine Hände von seinem Hintern hoch zu seinem Rücken.

Er erschrak, als ich bei seinem Steißbein ankam.

„Wie lange liegen deine Hände schon da?", fragte er leise, während sich Tränen in seinen Augen sammelten.

„Keine Ahnung, ein paar Stunden. Ich dachte, du hast es nicht bemerkt, weil du geschlafen hast"

Jay drehte das Gesicht weg, als sich eine nasse Spur auf seiner Wange bildete.

„Jay, ich..."

Er schüttelte den Kopf. „Nein. Ist schon gut. Kannst du mich bitte kurz allein lassen?"

Ich blickte ihn leidend an.
Ich wollte ihn nicht alleine lassen, aber ich musste akzeptieren, dass er diese  Zeit jetzt brauchte.

Ich drückte ihm einen langen Kuss auf die Stirn. „Ruf, wenn du mich brauchst. Oder reden willst. Oder nicht mehr alleine sein willst."

Er nickte nur.

Ich rutschte vom Bett herunter und Jay drehte sich auf den Rücken, schob sich etwas mit den Armen zurück, sodass er aufrechter war und sah seine Beine wütend an, als er sie mit den Händen ebenfalls in Position brachte. Er deckte sich zu, weinte dabei leise und strich sich die immer wieder nachkommenden Tränen weg, ohne mich wirklich weiter zu beachten.

„Es tut mir leid, Jay" Meine Stimme klang schmerzerfüllt, denn das war ich.
Ich litt mit ihm, selbst, wenn das vielleicht schwer zu glauben war.

Jay schniefte. „Schon gut. Es ist einfach... Ich dachte, es wird alles wieder gut. Ich habe so viele Pläne gemacht, was ich jetzt tun kann. Was wir tun können. Und jetzt... Es ist schlimmer als vorher... Ich weiß, ich bin selbst schuld, aber ich... Kann ich bitte einfach alleine sein jetzt?" Er sah mich flehend an, da er keine richtig zusammenhängenden Sätze mehr zustande bekam.

Ich nickte traurig und ging aus dem Raum.
Sofort als ich raus kam und die Tür hinter mir schloss, rannten mir selbst die Tränen von den Wangen, vor allem, als ich mein Gehör fokussierte und ihn weinen hörte.

Ich konnte ihn so gut verstehen, denn selbst mich brachte das alles zum verzweifeln. Dieser Schock. Diese Enttäuschung.

Ich schleppte mich zu Boris' Zimmer, ließ mich an der Wand neben der Tür auf den Boden gleiten.
Mit angezogenen Beinen saß ich da und weinte vor mich hin. Wieso wusste ich nicht genau. Es war einfach wegen allem.

Ich hatte Angst.
Gestern war alles so perfekt gewesen und jetzt?
Ich hatte Angst um Jay aber auch um mich. Ohne es richtig zu bemerken, hatte ich mein verdammtes Herz an ihn verloren, aber er würde es nicht gut behandeln, nach dem, was jetzt passiert war.
Es war nicht seine Schuld, ich wusste, er konnte einfach nicht anders und das tat verdammt weh.

Es dauerte gar nicht so lange, bis Boris sich wortlos neben mich setzte, einen Arm um mich legte und meinen Kopf an seine Schulter zog. Solange ich weinte, hielt er mich einfach fest.

Charlie fragte nach, was los war und wollte mich mit Standardsprüchen trösten, da ich ihm nicht antwortete, aber Boris schickte ihn weg und meinte, er würde das schon hinbekommen.

Ich lehnte mich an ihn und ließ die Tränen einfach laufen. Er hielt mich fest und verschwendete keine unnötigen Worte. Im Moment würde ich ohnehin nicht zuhören und er kannte mich gut genug, um das zu wissen.

Erst als ich ruhiger wurde und ihn auch umarmte, sah er es als Zeichen, mit mir zu reden.
„Was ist passiert, Austin? Was hat er getan?"

Ich schniefte und strich mir über die nassen Wangen. „Er kann nichts dafür."

Auch ohne seinen Namen zu nennen, wussten wir beide, von wem wir sprachen. Es gab nicht viele, die mir so viel bedeuteten, dass ich ihretwegen in Tränen ausbrach...

„Ich hab gestern versucht, ihn zu heilen. Es hat funktioniert, wir hatten einen unglaublichen Tag zusammen und eine noch bessere Nacht, aber als wir heute Morgen aufgewacht sind, hat er seine Beine wieder nicht gespürt. Es ist alles wieder wie vorher, nur, dass es jetzt mehr wehtut. Er hat sich so viele Hoffnungen gemacht und jetzt verliert er wieder alles."

„Aber dich doch nicht", meinte Boris mitfühlend und strich über meine Seite.

Ich schniefte. „Aber er will mich doch gar nicht. Für ihn war es nur Sex, um den Druck loszuwerden. Für mich war es... Ich glaube, ich habe mich in ihn verliebt, Bobo" Den letzten Satz flüsterte ich nur noch.

Boris seufzte. „Ich weiß, Austin. Und es ist okay. Ihr könnt das schaffen, ich glaube an dich, an euch. Aber du musst ihm jetzt zeigen, dass du es echt willst. Er wird sich wie ein Ballast für dich vorkommen und du wirst ihm immer helfen müssen, bei den kleinsten Kleinigkeiten. Überlege dir genau, ob du dir das antun willst. Tu es nicht, weil du dich verpflichtet fühlst, sondern weil du ihn wirklich gern hast, okay?"

Ich nickte und drückte ihn fester. „Du hättest dich damals einfach nicht in Charlie, sondern in mich verlieben sollen, dann wäre jetzt alles besser", murmelte ich.

Er seufzte. „Ich hatte gar keine andere Wahl. Ich bin sein Gefährte und ich liebe ihn mehr als alles andere. Tut mir leid, Austin"

Ich nickte. „Ich weiß. Ich freue mich ja für euch, aber... ich hab es auch verdient, glücklich zu sein, weißt du?"

„Natürlich", bestätigte Boris. „und du wirst es sein. Das weiß ich."

„Hast du es gesehen?"

Ich spielte auf meine Zukunft an, aber er schüttelte den Kopf. „Nein. Aber trotzdem bin ich mir sicher. Weil ich als dein bester Freund dafür sorgen werde, dass alles für dich wieder gut wird."

„Danke", murmelte ich erschöpft und traurig.

Er küsste meine Stirn. „Ich liebe dich, Austin. Lass bloß den Kopf nicht hängen, okay?"

Ich nickte. „Ich dich auch"

Aber ich wusste, dass es eine andere Art von Liebe war wie die zu Jay. Auf einer anderen Ebene.

„Woher wusstest du, dass Charlie und du zusammengehören?", fragte ich Boris leise, als wir uns aus der Umarmung gelöst hatten.

Er seufzte. „Keine Ahnung. So eine richtig gute Antwort gibt es darauf nicht. Ich wusste es einfach, weil ich es gespürt habe. Bei ihm war und ist alles so viel mehr. Jeder Blick, jede Geste, jedes Wort hat eine größere Bedeutung, als bei allen anderen, es fühlt sich anders an. Vor allem, wenn wir uns berühren. Es ist dann, als gäbe es nur noch uns und diese Wärme, das Gefühl von Zuhause und Wohlbefinden."

„Wärme?", fragte ich, hob den Kopf, um Boris anzusehen.

Er nickte. „Wieso?"

Ich schluckte hart, schüttelte den Kopf. „Nur so"

Von wegen nur so! Es war ein Anzeichen. Ein Zeichen dafür, dass Jay zu mir gehörte.
Die Frage war nur, ob er das auch wollte und zulassen würde.

Only mortal (Boyxboy)Where stories live. Discover now