57. Austin: Blut

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„Heii!"

„Chad, Kumpel!" Ich umarmte ihn, genau wie Jaylin.

„Ich kann's nicht fassen", hauchte er. „Ihr habt mich echt nicht verarscht. Leute, das ist der Wahnsinn!"
Chad freute sich unglaublich für Jay, obwohl er durch dessen Heilung seinen Job verloren hatte.

„Tut mir leid um deine Anstellung", meinte Jay, der wohl das selbe gedacht hatte.

Chad winkte ab. „Ach was. Solange es dir gut geht, ist mir mein Job egal. Außerdem gibt es ja noch genügend Andere, die mich brauchen können und viele davon sind um einiges netter als du"

Jay lachte leicht.
Ich nahm ihn in den Arm, als er sich an meine Seite schmiegte und genüsslich die Augen schloss.

„Und wie ist das passiert?", fragte Chad dann.

„Vielleicht sollten wir erstmal rein gehen", schlug Jay vor. Man hörte das Glück aus seiner Stimme heraus.

Ich freute mich, dass er keinen Hehl aus unserer Beziehung machte. Andere, die so plötzlich so intensiven Kontakt zum gleichen Geschlecht hatten, wollten erstmal alles verheimlichen, aber er war stolz auf unsere Beziehung und das wiederum machte mich stolz. Auf mich, ihn und uns.

Wir setzten uns zusammen mit Chad ins Wohnzimmer und unterhielten uns.
Chad freute sich sehr, dass es Jay so gut ging, das sah man ihm an.

„Aber jetzt mal ganz ehrlich, du hättest mir zwischen durch ruhig ein Update geben können. Dein Dad meinte einfach nur, dass ich mich nicht um dich kümmern soll, solange du nicht wieder zuhause lebst und er wollte mir nicht sagen, wo ich dich sonst finden kann. Dann dachte ich mir schon, dass du hier bist und hab auch vermutet, was da geht" Er zwinkerte mir grinsend zu. „Aber euch zusammen zu sehen und dich auf zwei Beinen ist nochmal ein Unterschied. Ich freue mich so für euch."

Er schien einen kleinen Fanboy-Moment zu haben und strahlte uns an. Ich fand es schön, dass Jay so einen unterstützenden Freund hatte, er konnte das bei diesem Vater echt gebrauchen.
Jay hatte mir außerdem noch von einem anderen Kumpel erzählt, diesem Luis, dem er mich demnächst auch vorstellen wollte.

„Danke", lächelte Jay, gab mir einen Kuss auf den Handrücken und ließ unsere verschränkten Hände dann in seinen Schoss fallen. „Ich bin auch echt glücklich. Nur Dad trübt das alles ein bisschen. Er will uns nicht sagen, wie Austin wirklich gestorben ist. Das regt mich echt auf, weil es beweist, dass er was damit zu tun haben muss. Sonst würde er sich ja nicht so anstellen oder? Und außerdem ist da noch so eine Sache..."

Jay sah mich nervös an und dann Chad.

„Ohje, was kommt jetzt?", fragte dieser in böser Vorahnung.

Jay seufzte. „Um wieder laufen zu können, habe ich etwas getan, das böse Folgen haben kann. Ich habe gehofft, das sei nur Panikmache, aber bei Boris ist alles komplett in die falsche Richtung gegangen. Wenn ich ehrlich bin, habe ich Angst, dass es bei mir auch so sein könnte. Vielleicht fangen meine Beine an zu faulen und fallen ab"

„Ach Schwachsinn", meinte Chad. „Das ist unrealistisch. Außerdem hast du lange genug gelitten. Dir wird es bestimmt wieder gut gehen, das hast du dir verdient" Er legte Jaylin die Hand auf das Knie. „Und wenn nicht, dann finden wir schon eine Lösung."

Jay lächelte glücklich. „Krass, dass ich die Leute, die mir jetzt am wichtigsten sind, nur durch den Unfall kennengelernt habe", meinte er dann ungläubig.

Chad lehnte sich wieder im Sofa zurück und grinste. „Endlich gestehst du dir mal ein, wie viel ich dir bedeute"
Er zwinkerte und Jay lachte, während er seine Hand aus meiner zog, um den Arm um mich zu legen, mich näher zu sich zu ziehen und mir einen Kuss auf die Wange zu drücken. „Tut mir ja sehr leid, dich enttäuschen zu müssen, Chad, aber mein Herz schlägt nur für Austin"

„Kitschig geworden bist du auch noch", lachte Chad, und zerstörte so den innigen Blickkontakt zwischen meinem Freund und mir.

„Die Liebe halt", meinte Jay schulterzuckend.

Im einen Moment war noch alles perfekt, im nächsten roch ich Blut.

„Jay", hauchte ich und musterte ihn besorgt.

Er blickte mich verwirrt an.

In der nächsten Sekunde war es so, als würde jemand einen Schalter umlegen. Das Blut, das eben noch ganz leicht geflossen war, schoss fast schon aus seiner Nase.

Jetzt bemerkten das auch die Anderen, Jay hielt sich die Hand unter die Nase, sprang auf und eilte in die Küche.

Chad und ich ließen nicht lange auf uns warten, um ihm hinterher zu eilen.

Jay hielt sein Gesicht über das Spülbecken, hatte große Atemprobleme und als er es durch den Mund versuchte, hustete er im nächsten Mund rote Flüssigkeit aus.

„Ich rufe einen Krankenwagen", verkündete Chad.

Er war schon dabei, sein Handy rauszuholen, als Jay mit einer Hand herumfuchtelte: „Nein!"

Chad und ich tauschen besorgte Blicke aus, ehe Chad seufzte, das Handy wieder wegsteckte und im Kühlschrank nach etwas suchte, das helfen konnte. Er fand aber nur Blut.

„Daneben ist das Essen", erklärte ich, blieb aber bei Jay stehen. Ich wusste, ich half ihm nicht, indem ich ihm über den Rücken strich. Ich wollte einfach nur bei ihm sein.

Chad fand eine Packung gefrorener Erbsen im Gefrierfach des zweiten Kühlschranks und legte sie Jay in den Nacken, der unverändert über der Spüle stand und damit beschäftigt war, regelmäßig zu atmen.

Ich stand hilflos neben ihm, wusste nicht, was ich tun konnte, was denn überhaupt los war, während unsere Spüle von mit Jays Blut getränkt war und mein Freund nach Luft rang.

Ich konnte ihn nicht heilen, weil ich nicht wusste, was ihm fehlte und es höchstwahrscheinlich irgendeine innere Ursache hatte. Da kam ich nicht ran.

Nach viel zu langen Minuten, hörte das Blut langsam auf, wurde zumindest so wenig, dass Jay ohne Problem atmen konnte. Er spülte sich den Mund aus und putzte sich vorsichtig die Nase, um auch das Blut loszuwerden, ehe er das Waschbecken mit Wasser voll laufen ließ, um es zu säubern. In der Zeit stoppte die Blutung komplett, Jay konnte sich aufrichten, die Erbsen aus dem Nacken nehmen.

Im nächsten Moment drückte Jay sich fest an mich. Ich hielt ihn eng umschlungen, gab ihm einen tröstenden Kuss auf den Kopf und sah dann an ihm vorbei zu Chad.

Er verdeutlichte mir durch einen Blick, dass es unsere Aufgabe war, das alles jetzt nicht zu überspielen. Dass es wichtig war, Jay darauf anzusprechen, er wusste, was das gerade gewesen war.

Ich meine, er hatte mir ja schon erzählt, dass er öfter mal Nasenbluten hatte, aber so heftig? Das war doch nicht normal.

„Jay, wir sollten zum Arzt", sagte ich leise, während ich über seinen Hinterkopf streichelte.

Er schüttelte den Kopf. „Nein, ich bin gesund. Das war mein Wunsch" Seine Stimme klang rau, schwach, aber irgendwie panisch.

Ich schloss leidend die Augen, während ich ihn an mir drückte. „Da hast aber nur deine Beine eingeschlossen"

Jay löste sich leicht von mir, um mich anzusehen. „Es war nur Nasenbluten"

Es klang, als wolle er sich das selbst einreden. So war es auch. Er wusste genau, dass etwas nicht stimmte, ich wusste es und Chad genauso.

Aber keiner von uns sprach es mehr an, weil wir alle Angst vor der Wahrheit hatten. Eine Wahrheit, die unausweichlich war.

Only mortal (Boyxboy)Where stories live. Discover now