21. Chad: Gespräch

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„Oh hei, Chad, warte mal bitte kurz" Das hörte ich, als ich gerade am Arbeitszimmer von Mister O'Cara vorbei lief.

Ich hielt also an und schaute in den Raum.
Er winkte mich rein, klappte eine Mappe zu und deutete mir, auf dem Stuhl ihm gegenüber Platz zu nehmen.

Oje das war wohl die Kündigung.

Er lehnte sich zurück, während ich angespannt dasaß und mich so fühlte, als sei ich die Beute eines Raubtiers.

„Also hör zu, ich werde dich nicht lange auf die Folter spannen. Ich weiß, dass du uns angelogen hast, wegen der Sache mit dem Übernachten"

Okay, tschau festes Gehalt.

„Und ich war auch sehr wütend darüber, wenn ich ehrlich bin, weil ich davon ausgegangen wäre, dass eher du uns die Wahrheit sagst, statt Jay. Aber ich verstehe, dass du ihn in Schutz nehmen wolltest, weil er dein Freund ist. Ich will dich nur bitten, zu differenzieren, wann du sein Pfleger bist und wann sein Freund. Ich will dir jetzt nicht vorschreiben, dass du dich für eines entscheiden musst, denn ich finde es gut, dass ihr euch so nahe steht und er dir vertraut, aber es geht mir um seine Sicherheit. Ich hoffe das verstehst du"

Ich nickte schnell. „Natürlich verstehe ich das. Wäre ich mir nicht sicher gewesen, dass er bei Austin gut aufgehoben ist, hätte ich ihn auch nicht dort gelassen, glauben Sie mir. Aber Jay ging es an diesem Abend emotional so gut wie eigentlich noch nie, seit ich ihn kenne, und er sah echt traurig aus, als ich ihm gesagt habe, dass wir gehen müssen. Ich glaube, Austin hat einen Zugang zu Jay, den nicht mal ich habe. Ich will nur, dass sie das wissen, damit sie verstehen, warum ich so gehandelt habe. Ich würde Jay keiner Gefahr aussetzen und das nicht, weil Sie mein Chef sind, sondern weil er mir wirklich am Herzen liegt."

Er lächelte zufrieden und nickte.

Ich fragte mich, ob es das nun war, aber es ging weiter. „Ich will dich bitten, in nächster Zeit ein bisschen mehr für ihn da zu sein. Natürlich bekommst du auch mehr Geld. Es geht einfach darum, dass er sich wieder in seinem Zimmer verschanzt, seit er von Austin zurück ist und die Nachricht, dass Alina schwanger ist, hat ihn zwar gefreut, aber ich sehe ihm an, dass es ihm Angst macht."

Ich nickte sofort. „Klar. Wenn er mich braucht, bin ich immer da. Dafür müssen sie mich nicht extra bezahlen, aber wenn sie wollen, habe ich natürlich nichts dagegen"

Wir lachten beide leicht.

„Dann sieh es einfach als eine Art Taschengeld, das über dein Gehalt hinausgeht, okay?"

Ich nickte einverstanden.

„Eine letzte Sache noch", meinte er dann, wurde wieder ernster. „Was ist da zwischen Austin und Jaylin vorgefallen?"

Ich schluckte. Scheiße. Ich wollte nicht lügen. Ich mochte ihn echt total gern, er war der perfekte Arbeitgeber und ich verstand mich echt gut mit ihm, aber ich wollte auch Jay oder Austin nicht in den Rücken fallen.

„Das ist kompliziert"

Er zog die Augenbrauen hoch. „Ich frage das nicht aus Neugier, Chad, sondern weil ich mir Sorgen um meinen Sohn mache. Er scheint Austin echt zu mögen, auf welche Art weiß ich nicht und es ist mir auch nicht wichtig, solange es ihm gut tut. Aber das scheint es nicht zu tun. Er redest so gut von Austin und trotzdem scheint Jay irgendwie sauer auf ihn zu sein oder so. Ich möchte nur helfen"

Ich atmete tief durch und hörbar aus. „Ich denke nicht, dass sie da helfen können. Die beiden sind einfach nur zu stur, um auf den anderen zuzugehen. Es gibt da so ein Problem, bei dem beide irgendwie recht aber auch unrecht haben und..."

„Jetzt rede doch nicht um den heißen Brei. Wo liegt da Problem?"

Ach fuck it.

„Austin ist ein Vampir, er hat Heilkräfte aber er kann Jaylin nicht heilen, weil es mit Risiken verbunden ist, die Jaylin nicht einsehen will, weshalb er sauer auf Austin ist und Austin will Jay Zeit geben, sich zu beruhigen, während Jay eigentlich nur darauf wartet, dass Austin sich bei ihm meldet."

Ich schnappte nach Luft, als ich mit dem Sprechen fertig war und wartete gespannt auf Mister O'Caras Reaktion.

„Ein Vampir also", murmelte er nachdenklich.
Dann zog er tief die Luft in die Lungen und blies sie wieder aus. „Die entstehen durch gewaltsame Tode stimmt's?"

Ich nickte. „Das hat Austin uns auch so erklärt"
Er nickte nur und sah nachdenklich auf ein Punkt hinter mir.

„Er war Elijah", hörte ich mich dann sagen. „Und er will herausfinden, wer dieser Elijah genau war. Vielleicht können sie ihm ja mal dabei helfen, wenn sie Zeit finden. Austin liegt echt viel daran zu wissen, wer er ist und wo er herkommt. Und Jaylin ist da auch ziemlich neugierig."

O'Cara nickte. „Danke für die Infos. Von meiner Seite wär's das. Oder möchtest du noch etwas besprechen?"

Ich schüttelte den Kopf. „Nur eine Frage hätte ich"

Abwartend und wie immer freundlich sah er mich an.

„Was halten sie von Vampiren?"

Er lachte leicht. „Ich denke, ich bin etwas toleranter als viele Menschen, du kannst dir wohl denken, weshalb. Und so richtig eine Meinung über Vampire habe ich nicht, wenn ich ehrlich bin. Ich glaub auch, der Begriff ist eigentlich ganz falsch. Wir nennen sie nur so, weil wir sie nicht verstehen. Wir pressen sie in eine Vorstellung, die nachweislich nicht der Realität entspricht und haben in Folge dessen irgendwie Angst vor ihnen, weil wir sie für Wesen halten, die sie eigentlich gar nicht sind... Ich denke, ich werde das einfach mal beobachten und sehen, was ich davon halte"

Ich nickte verstehend, dann war ich wieder entlassen und wechselte hoch in Jays Zimmer.

Natürlich erzählte ich ihm von dem Gespräch mit seinem Dad. Er meinte, es sei egal, was sein Dad jetzt von Austin hielt, weil er ihn ohnehin nie mehr wiedersehen würde.

Wie sehr er sich doch nur täuschte...

Only mortal (Boyxboy)Where stories live. Discover now