25. Jaylin: Feiern

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Dass meine Hand seit geraumer Zeit wieder auf Austins Oberschenkel lag und seine Hand erneut immer wieder über meine strich, bemerkte ich eigentlich kaum. Ich wusste nur, dass ich mich gut fühlte, so richtig gut und das zum ersten Mal seit langer Zeit. Ich hatte zum ersten Mal seit einem Jahr Hoffnung und mal ganz abgesehen von seinem Versprechen zu versuchen, mich zu heilen, genoss ich seine Gesellschaft sehr.

Irgendwann kam Boris grinsend wieder zu uns zurück und setzte sich auf Charlies Schoss, der das hinnahm, wenn auch etwas überrascht.

Doch der Grund dafür erklärte sich schnell. Noch in geringem Abstand lief Chad auf uns zu, neben ihm seine Freundin.
Sie war, wie immer, wenn ich sie sah, bildschön, doch nun stärker geschminkt und mit diesem Kleid dazu konnte sie sich bestimmt gut auf dem Markt verkaufen.

Chad grinste stolz, während er sie vorstellte und eigentlich allen von uns die Münder aufklappten.

Charlie war der einzige, der richtig unbeeindruckt war. Er war aber auch der einzige, der nicht auf Frauen stand. Alle anderen in der Gruppe waren mindestens bi und Chad und ich eben hetero.

Anni passte perfekt zu Chad. Obwohl sie eine ziemlich große Frau war, auch wegen den Highheels und somit fast mit ihm auf Augenhöhe, sahen sie nebeneinander einfach perfekt aus. Beide waren attraktiv, zusammen strahlten sie immer so ein Glück aus. Meiner Meinung nach waren sie das Ziel einer jeden Beziehung. Chad hatte sogar schon über einen Antrag nachgedacht, aber er hielt sich noch für zu jung. Er war ja auch erst 24.

„Schön dich wieder zu sehen", meinte Anni lächelnd zu mir.

Ich lächelte ebenfalls. „Freut mich auch. Ich habe schon fast vergessen, wie hübsch du bist" Mein Lächeln wurde zu einem Grinsen und Annie lachte leicht. „Charmant wie selten. Aber zumindest immer für eine Überraschung gut, das muss man dir lassen"

Ich zuckte mit den Schultern und sah grinsend zu Chad, der vor sich hin schmunzelte.

Er nahm das alles nicht so eng. Jeder durfte mit seinem Mädchen flirten, aber Körperkontakt war tabu. Er liebte sie sehr, aber er gab ihr Freiheit. Er vertraute ihr.

Ich wollte auch so eine Beziehung. Aber ich hatte die richtige einfach noch nicht gefunden.
Die Sache mit Lea und mir war von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen, wenn ich mal ehrlich zu mir selbst war und eigentlich verschwendete ich keinen einzigen Gedanken an sie. Kein Wunder, wenn Austin all den Platz in meinem Hirn einnahm.

Wir unterhielten uns über Stunden. Es war als kannten wir uns alle seit Ewigkeiten. Ich fühlte mich so richtig wohl.

Nach einiger Zeit, stand Boris auf, verabschiedete sich mit einem innigen Kuss von Charlie und ging. Charlie sah ihm lächelnd hinter, seufzte als er weg war.

„Wo ist er hin?", wollte ich wissen.
„Das siehst du gleich", meinte Charlie. Er lächelte mich an.

Ohh etwas ganz neues. Ich wusste gar nicht, dass der lächeln konnte, denn er sah gar nicht so aus.

Als Austin seine Hand unter meine schob und unsere Finger miteinander verschränkte, sah ich ihn fragend an.

Er tat so, als sei es gar nichts, sondern deutete mit der anderen Hand hinter mich, nach unten. „Schau!"

Etwas verwirrt tat ich es und dann wusste ich zumindest, wo Boris war. Eine Plattform wuchs gerade aus dem Boden empor, mit einer Band und Boris drauf. Als sie eine bestimmte Höhe erreicht hatte, stoppte die Plattform und Boris trat ans Mirko.

Die Playback Musik verstummte und die Leute jubelten, als die zu ihm sahen. Unser Tisch wohl am lautesten, immerhin trommelten Raphael und Silas so wild auf den Tisch, dass dieser fast die Getränke verlor.

„Freut mich, so viele neue, aber auch die alten Gesichter wieder hier zu sehen.", meinte Boris.
Man verstand ihn kaum, weil die Leute so Stimmung machten.
„Wie jeden Abend spielen wir natürlich auch ein paar Lieder live. Für alle Neuen der Hinweis, dass ihr im dritten Stockwerk auch etwas zu essen bekommt. Für alle Vampire: Das Jungfrauenblut ist leider aus, aber bis morgen sollte Nachschub da sein. Und jetzt würde ich sagen, lasst uns feiern, bis der Boden bebt!"

Die Leute kreischten noch lauter und Boris sah zufrieden aus. Er grinste zu uns hoch, die Musik setzte ein und die Leute schrien sich gegenseitig zu, dass sie nun endlich die Klappen halten sollten.

Boris sang überraschend gut. Sehr gut. Ich war beeindruckt und er machte richtig Stimmung in der Bude. Er kam an Töne, die ich in meinen kühnsten Träumen nicht erreichen würde und die Menge dachte sich wohl dasselbe, denn sie feierten Boris. Zurecht.

Als er fertig war, ließ er sich applaudieren und strahlte zu uns hoch, ehe er in das Mirko sprach. „Okay, Leute, wie ich wisst, spiel ich nur einen Song pro Nacht. Das heißt, wir brauchen jemanden, der jetzt weiter macht..." Schon als er das so andeutete, begannen einige im Publikum nach Charlie zu schreien und andere kreischten dann los.

Ich sah ihn überrascht an. Wenn er mir jetzt sagte, er konnte auch noch singen, dann wars das für heute mit meiner Denkleistung.

„Was sagst du, Schatz?", kam von Boris durch die Lautsprecher, während er seinen Freund unschuldig anblinzelte.

Charlie schüttelte grinsend den Kopf, also zog Boris die Augenbrauen hoch wie eine Herausforderung. „Na gut. Ich will dich nur daran erinnern, dass wir Letztens abgemacht haben, dass wir war zusammen spielen, wenn ich mit dir in diesen Laden gehe."

Charlie verdrehte lachend die Augen, stand auf. Als die Leute das bemerkten, applaudierten sie und Boris wirkte noch glücklicher als zuvor. Dieser Mann wurde vom Glück ja quasi überhäuft.

Charlie ging aber nicht runter. Nein, er nahm Anlauf, sprang über das Geländer und es schien so als würde er die 10 Meter weit und 5 Meter runter zu Boris schweben, ehe er relativ sicher landete und für einen Stunt nochmal extra Applaus bekam.

„Echt jetzt? Solche Angeber findet ihr toll?", fragte Boris ungläubig.

Charlie lachte, nahm sich auch ein Mikrofon, während alle laut schrien.
Auch Austin lachte neben mir. Er war total nah an mich heran gerückt, damit er alles sehen konnte. So nah, dass ich die Wärme seines Körpers spürte, seinen Geruch einatmen konnte, eine Mischung aus herbem Holz, einer frischen Meeresbriese, aber auch etwas Blumiges war mit dabei. Es war ab sofort mein neuer Lieblingsgeruch.

Ich spürte auch seinen Atem an meinem Hals und sah, dass seine Hand verträumt über die Innenseite meines Oberschenkels strich, während er konzentriert und grinsend zu Charlie und Boris sah.

Ich hasste es in diesem Moment, dass ich seine Berührung nicht spüren konnte, doch irgendwie war ich auch erleichtert. Wer wusste, wie ich darauf reagieren würde...

Nach einer Diskussion einigten sich Charlie und Boris auf ein Lied, Charlie setzte sich ans Piano, Boris nahm sich eine Gitarre und die Band wurde einfach ausgeschlossen, während die Turteltauben ihre Musik machten. Ich fand den Mix ziemlich cool. Charlie sang die ruhigen Stellen mit rauer, aber irgendwie doch klarer Stimme und Boris rappte zwischendrin oder übernahm die richtig hohen stellen, an die jeder andere Typ wohl niemals hochkommen würde. Bei jedem Ton, den die beiden von sich gaben, wurde der Jubel lauter und ich wartete eigentlich nur darauf, bis Boris mal daneben sang, doch es passierte nicht. Er und Charlie harmonierten perfekt. Der Auftritt war perfekt, ihre Liebe war perfekt.
Ich war fast schon neidisch, doch ich gönnte es ihnen.

Als sie fertig waren, küssten sie sich vor allen Anwesenden und der Lautstärkepegel nahm ein neues Höchstmaß an. Woanders würden sie vielleicht dafür verurteilt werden, doch hier wurden sie dafür gefeiert, wer sie waren und wen sie liebten. Man konnte sich hier nur wohlfühlen. Und das tat ich auch.

Zumindest, bis Boris ein paar Minuten später mit einer grandiosen Idee kam...

Only mortal (Boyxboy)Where stories live. Discover now