38. Jaylin: Klartext

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Austin hatte ich das letzte Mal vor zwei Wochen gesehen.

Als er und mein Dad versucht hatten, sich gegenseitig zu schwängern oder was auch immer das hatte werden sollen.

Seitdem war viel passiert.

Meine Eltern hatten sich wie immer wieder schnell und laut vertragen und waren nun die ganze Zeit am Herumturteln, als seien sie frisch verliebt.

Ich hasste meinen sogenannten Vater wie noch nie im meinem Leben, dafür, dass er nicht mal bemerkte, wie sehr er mir durch die Sache mit Austin weh getan hatte und ich hasste meine Mutter, weil sie Dad so sehr liebte, ihm jeden Scheiß zu verzeihen.

Luis und ich hatten uns eigentlich täglich getroffen und uns über unser letztes Lebensjahr unterhalten, Boris meinte, er würde mir bald einen Text zum Entschlüsseln schicken und gestern war meine Tante Helen mir ihrer Tochter Briana zu uns gekommen.

Bri war für mich eigentlich mehr wie eine Schwester. Wir waren zusammen aufgewachsen, bis ihre Mum vor ein paar Jahren aus geschäftlichen Gründen mit ihr umgezogen war.

Aber jedes Mal, wenn wir uns sahen, dann war es, als seien wir nie getrennt gewesen. So auch zurzeit.

Briana schlief mit mir im Bett, seit sie gestern hier war und gerade saßen wir darin und zockten Fifa.

„Mum lässt sich übrigens scheiden", meinte die Blondine neben mir.

„Wieso?", frage ich konzentriert und übte hier die reinste Fingerakrobatik aus, um irgendetwas zu Stande zu bringen. „Hat sie endlich bemerkt, wie hässlich ihr Macker ist?"

Bri lachte. „Nein. Er hat sie betrogen und das hat sie endlich gecheckt"

„Das tut mir leid für deine Mum", murmelte ich nicht mehr so belustigt.

Ich fühlte mich auch so als sei ich betrogen worden...
Es war irgendwie lustig. Damals, als Lea begonnen hatte, mich zu betrügen und zu hintergehen, hatte es auch weh getan, ja, doch nun... Es war anders. Schmerzhafter.
Jeder Atemzug tat weh und fühlte sich so an, als müsste ich eine übermenschliche Kraft dazu aufbringen, um ihn zu tätigen. Jede kleinste Kleinigkeit brachte mich dazu, an Austin zu denken und jedes Mal, wenn das passierte, wollte ich mir einfach in den Kopf schießen. Ich wollte mir am liebsten mein Herz irgendwie herausschneiden. Es gehörte Austin, hatte bei mir nichts mehr zu suchen, fühlte sich an wie ein Fremdkörper, ein schmerzhafter, zerstörender Fremdkörper, der bei jedem Schlag noch mehr Enttäuschung und vor allem das Gefühl von Verrat und Traurigkeit durch meine Adern pumpte und mich somit damit erfüllte.

Ich fühlte mich schmutzig, weil ich angeekelt war von jeder Stelle meines Körpers, an der Austin mich bisher berührt hatte. Und das war so ziemlich alles an mir.
Ich fühlte mich dumm, weil ich ernsthaft davon ausgegangen war, das mit Austin und mir könnte vielleicht etwas Ernstes werden.
Und ich fühlte mich wütend, weil er mir all diese Versprechen gemacht hatte, ohne die Absicht, sie einzuhalten.

Am meisten überwog aber das Gefühl der Enttäuschung.
Gegenüber Mum, weil sie eine unglaublich starke Frau war, doch sich Dads Verhalten einfach so gefallen ließ.
Gegenüber Dad, weil er sich von seinen Gefühlen leiten ließ wie ein verknallter Teenager und die Frau, mit der er eine Familie hatte und behauptete, sie zu lieben, sehr verletzt hatte.
Gegenüber Austin, weil ich allen Anschein nach eine Person in ihm gesehen hatte, die er nicht war.
Gegenüber mir, weil ich mir eingebildet hatte, ich sei es wert, ich sei etwas wert, doch nun den Beweis des Gegenteils vorliegen hatte.

Ich war nach wie vor ein erbärmlicher behinderter Wicht und nicht mal die Einbildung, Austins Liebe, welche ja offensichtlich nur Wunschdenken meinerseits gewesen war, konnte etwas daran ändern.

Only mortal (Boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt