64. Jaylin: Möglichkeiten

2K 207 27
                                    

„Das würde nichts bringen", meinte Charlie bedauernd.
Er sah echt so aus, als nahm ihn das mit. Alle sahen so aus. Silas, Raphael, Charlie, Boris, aber am meisten Austin.

„Wieso nicht?", fragte mein Freund und drückte mein Knie verzweifelt. „Bei dir und Boris hat es auch was gebracht"

„Ja", sagte Charlie, lehnte sich vor, um Austin intensiv anzusehen.

Alle waren bei mir im Krankenhaus und wir gingen so ziemlich jeder einzelnen Möglichkeit nach, die wir noch hatten.

„...Aber das ist etwas anderes. Boris und Silas sind keine Menschen, sie halten der Verbindung zu Vampiren stand. Bei der Zeremonie zur Gefährtenverbindung, geht eine relativ große Macht auf die Beteiligten über. Man stärkt den Anderen und wird von ihm gestärkt. Der Austausch ist ein Teil davon, der beide mächtiger macht. Aber mit einem normalen Menschen kann das nicht funktionieren. Jay hat keine Kraft, nichts, das er dir geben könnte. Das heißt, deine Kraft würde auf ihn übergehen. Aber in unseren Adern fließt so viel Energie, so viel Macht. Es würde ihn umbringen. Sehr qualvoll."

„Aber Menschen trinken unser Blut zum reinen Vergnügen. Wieso sollte es Jay umbringen?" Austin war kurz vor seinem endgültigen Zusammenbruch.

Wir hatten tagelang nach Möglichkeiten gesucht. In der Zeit hatte sich äußerlich nicht viel verändert, doch ich spürte es. Ich spürte das Ende.

Jetzt, wo ich wusste, was ich hatte, da konnte ich auch sagen, wann es mir richtig schlecht ging und das tat es durchgehend.

Ich sah so schlimm aus, dass ich mich wunderte, wie man mich noch freiwillig ansehen wollte und ich fühlte mich so schlecht, dass ich mich manchmal fragte, ob ich denn überhaupt noch am Leben war. Nur Austin gab mir die Antwort darauf, wenn er mich ansah, mich berührte oder mich küsste.

Ich bekam nur noch ganz leichte Küsse von ihm. Er hatte Angst, ich würde kaputt gehen, wenn er mich berührte.
Einerseits war das ja echt süß, doch andererseits machte es mir nur noch bewusster, dass ich kurz vor der Schwelle stand und jeden Moment fallen konnte. Und dann wäre es zu spät.

Charlie seufzte wieder. Keiner wusste so viel wie er und deshalb musste er auch alles erklären. „Es ist so, Austin. Wenn er nicht dein Gefährte ist, dann hilft ihm dein Blut höchstens, einen Rausch zu bekommen, aber das würde sein Herz mit dem Fehler wahrscheinlich nicht mitmachen. Wenn er doch dein Gefährte ist, und er dein Blut zu sich nimmt, bekommt er deine volle Kraft ab und wird daran sterben."

Charlie fasste über den Tisch nach Austins Hand, die er zu einer Faust ballte. „Ich weiß, dass du verzweifelt bist, Austin, aber das ist nicht die Lösung. Tut mir leid"

Austin presste die Zähne zusammen, eine Träne lief ihm über die Wange.

Er drehte den Kopf von mir weg und strich sie „unauffällig" weg.

Er wollte nicht mehr vor mir weinen, weil er für mich stark sein wollte. Er wollte mir nicht zeigen, wie schlimm es um mich stand. Er wollte mir Hoffnung geben. Und ich tat so, als würde es etwas helfen, weil ich ihn nicht auch noch enttäuschen wollte.

Austin sah wieder zu mir, er lächelte. „Keine Sorge, wir finden eine andere Möglichkeit"
Er ahnte nicht mal, wie sehr ihn seine glasigen Augen verrieten.

Ich nickte, legte meine Hand auf seine, die auf meinem Knie lag.
„Ich vertraue dir"

Für einen Moment sahen wir uns einfach in die Augen, bis sich Boris räusperte. Wir sahen ihn an.

„Gibt es denn..." Er schluckte, als er mich ansah. "Gibt es denn irgendetwas, das du noch machen willst, bevor... Also nur für den Fall. Damit du es halt erledigt hast"

Ich riss mich zusammen nur für Austin. Aber ich war glücklich, dass Boris endlich mal der erste war, der etwas richtig Sinnvolles tat.

Ich schüttelte mit dem Kopf. „Eigentlich hatte ich große Pläne, die für mehr als ein Leben ausgereicht hätten, aber jetzt und so... Ich will einfach nur bei Austin sein."

Ich sah ihn an.

Diesmal konnte er es nicht mehr zurückhalten, sondern ließ die Tränen über seine Wangen laufen.

Da er wusste, dass er es nicht mehr verbergen konnte, drehte er sich diesmal nicht weg, sondern lehnte seine Stirn an meine.

Wir hatten einen Moment der Nähe. Der Zweisamkeit, obwohl wir nicht alleine waren. Der Sehnsucht, obwohl wir uns doch berührten.

„Wir kommen bald nochmal vorbei" Als wir das hörten, lösten wir uns voneinander, verabschiedeten uns von den Jungs.

Nachdem sie weg waren, umarmte ich Austin und er legte auch vorsichtig seine Arme um mich.

„Alles wird gut", wiederholte er wie so oft in den letzten Tagen. Aber es immer wieder auszusprechen, machte es nicht wahrer.

„Ich weiß wie", flüsterte ich.

Der Gedanke ging mir schon seit Tagen durch den Kopf, es war sowas wie die Notlösung gewesen, doch nun war es die Einzige, die wir noch hatten.

Austin löste sich viel zu früh von mir und schob mich zum Bett.

Er hielt mich für zu schwach, um zu stehen, obwohl es so nicht wirklich war.
Aber ich tat, was er wollte und setzte mich auf das Bett, er sich neben mich.

„Wie?"

Wollte ich wirklich? Ich dachte nach. Ich wusste, dass ich viel von ihm verlangte. Aber es war die einzige Möglichkeit.

„Du musst mich umbringen"

Er zuckte zusammen, als ich das sagte.
„Was?", hauchte er perplex.

Ich legte meine Hand an seine Wange, sah ihn eindringlich an. „Du musst mich umbringen, Austin"

Sein Mund klappte auf. „Ich glaube, du bist verwirrt. Wir suchen nach Möglichkeiten, dich am Leben zu halten und nicht, dich zu töten"

Ich lächelte leicht, nickte. „Ich weiß, Baby. Aber es gibt diese Möglichkeiten nicht. Ich werde sterben. Und das sehr bald. Du kannst daran nichts ändern, niemand kann das. Aber es gibt eine Chance für uns, trotzdem zusammen zu sein..."

Austin schüttelte jetzt schon den Kopf, als wüsste er, was ich sagen wollte. Aber ich ließ mich nicht beirren.

„...wenn ich durch einen gewaltsamen Tod sterbe, kann ich vielleicht als Vampir wieder zurückkommen.", sprach ich meine Gedanken aus.

„Das Risiko will ich nicht eingehen", sagte Austin sofort.

Ich lachte leicht. „Was für ein Risiko, Austin? Ich werde so oder so sterben. Das ist kein Risiko, sondern eine Chance. Eine Chance für uns, für immer zusammen zu sein. Wenn ich auferstehe, bin ich stark genug, dein Blut zu trinken. Wir könnten Gefährten sein und für immer verbunden"
Ich war begeistert von dieser Idee. Allein die Vorstellung davon machte mich unfassbar glücklich. Aber da war ich wohl der Einzige, denn Austin sah mehr als traurig aus.
„Oder willst du das nicht?" Diesmal klang ich unsicher, verletzt.

„Doch, natürlich", flüsterte er sofort. „Aber ich kann dich doch nicht umbringen. Ich liebe dich.'

Ich lächelte erleichtert, legte auch die zweite Hand an seine Wange. „Deshalb will ich, dass du es bist. Ich will, dass dein Duft das Letzte ist, was ich rieche. Dass deine Augen die Letzten sind, die ich sehe. Dass deine Berührung das Letzte ist, was ich spüre. Weil ich weiß, dass es mir die Kraft geben wird, zurückzukommen, um unsere Liebesgeschichte so zu Ende zu bringen, wie es sein sollte. Wie wir es verdient haben."

Only mortal (Boyxboy)Hikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin