Sicherheitskontrolle

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"Was ist denn hier los?", frage ich die anderen, als ich vor der Schule zu ihnen stoße. "Wir werden jetzt kontrolliert, bevor wir in die Schule gelassen werden.", erklärt Jasper und zieht an seiner Zigarette. "Aha. Und Warum?" "Na wegen der Schießerei. Sie vermuten einen neuen Bandenkrieg und wir wissen ja alle, was beim letzten Mal passiert ist.", sagt Steph. "Gib mir mal eine Zigarette.", schnurre ich Jasper an. "Kannst du dir nicht einmal selbst welche mitbringen?", fragt er mich, gibt mir aber im selben Moment eine. "Nicht, solange du mir immer wieder welche gibst.", lache ich. "Ich sollte härter zu dir werden.", sagt er und lächelt mich dreckig dabei an. "Du solltest zu allererst erwachsen werden."

Als der Krieg das letzte Mal zwischen den Banden ausbrach, kam es auch in der Schule zu einer Schießerei. Wir waren damals glücklicherweise im anderen Flügel, aber da wir nun die "großen" waren, war unser Westflügel gefährdert. "Wie lange soll denn das da vorne noch dauern?", fragt Steph genervt. "Ist mir recht, wenn wir dafür eine kürzere Mathestunde haben.", sage ich. "Ich wollte mich vor der Stunde eigentlich noch mit Yasmin treffen.", sagt Jasper und schmollt. Ich sehe zu Steph, die mit den Augen rollt und muss schmunzeln. Ich habe mich schon öfter mal gefragt, ob Steph etwas von Jasper will. Es gab Zeiten, da war sie ihm gegenüber ganz schön anhänglich und wenn er mit anderen Mädels zusammen ist, ist sie immer ganz weit weg. "Du bist so ein Idiot, Jasper.", sagt sie schließlich. "Was denn? Ich habe meine Bedürfnisse.", antwortet er und verschränkt die Arme. 

"Meinst du, deine komischen Typen haben etwas mit der Schießerei zu tun?", fragt Jasper irgendwann. "Meine Typen? Hast du sie noch alle?", frage ich entsetzt. "Keine Ahnung, was diese Typen machen und was nicht, aber es sind garantiert nicht MEINE Typen." Jasper lacht mir fies ins Gesicht. "Scheint ein wunder Punkt zu sein.", flüstert er, doch ich verstehe es ganz genau. 

Als wir endlich an der Kontrolle ankommen, wird Jasper sein Schlagring und Steph ihr Klappmesser weggenommen. "Das ist doch bullshit. Sind Sie hier schon mal allein als Frau durch die Gegend gelaufen? Ich brauche diese verfluchte Messer.", schreit Steph den Sicherheitsmann zusammen. Ich lege den Arm um sie. "Komm, wir holen es dir später zurück. Ich denke ich weiß, wo diese Sachen aufbewahrt werden.", versuche ich sie zu beruhigen. Sie hatte recht, wenn man hier allein als Frau unterwegs war, musste man wissen, wie man sich wehrt. Ich trug keiner dieser Sachen bei mir, weil ich mich damit nicht wohl fühlte. Stattdessen lies mich Etienne zweimal die Woche unter seiner Aufsicht boxen. Ich war zwar klein und einem Typen physisch unterlegen, doch ich sollte stets den Überraschungsmoment auf meiner Seite haben. Schade nur, dass dieser Unterricht ab jetzt für mich vorbei ist... 


"Das sieht aus wie schon einmal gegessen.", sagt Jasper, als er das Mensaessen betrachtet. "Und zwar von einem Hund.", fügt Steph an. "Ich werde das nicht essen und ihr solltet das auch nicht tun.", sage ich und lege unsere Tabletts zusammen. "Aber ich habe hunger, ich brauche etwas zu essen.", schaut Jasper mich entsetzt an. "Pizza bei Smith?", frage ich in die Runde. "Meinst du, wir kommen hier einfach so raus, jetzt wo wir bewacht werden?", fragt Steph mich skeptisch. "Klar, man muss nur wissen, wie.", lächle ich verschwörerisch. 

Wir verlassen die Mensa und gehen in den Ostflügel der Schule. Dort sind die 5. bis 7. Klassen angesiedelt. "Das Fenster in der 7a kann man komplett öffnen, von dort geht es direkt in den Schulwald und wir sind innerhalb von zehn Minuten bei Smith.", sage ich. "Woher weißt du das?", fragt Jasper mich. "Etienne hat es mir verraten.", sage ich und werde traurig. Er hat sich immer noch nicht gemeldet, bald ist er eine Woche weg. Wir klettern aus dem Fenster und schauen uns vorsichtig um. Da niemand zu sehen ist, stürmen wir los und sind innerhalb von wenigen Minuten an unsere liebsten Pizzeria. 

"Das tut sooo gut.", sagt Japser als er ein großes Stück Pizza beißt. "Sooo gut.", bestätigt Steph. Ich lächle zufrieden und beiße auch in meine Pizza. "Wir müssen uns nur ein bisschen beeilen, in 15 Minuten müssen wir zurück sein.", bemerkt Steph. Also genießen wir die Pizza nur noch halb so sehr und beeilen uns ein bisschen. Auf dem Rückweg sind wir satt und glücklich und als wir die Straße überqueren wollen, kommen plötzlich zwei schwarze Vans aus einer Auffahrt gefahren. Sie sind viel zu schnell und Jasper zieht mich am Pulli zurück auf den Gehweg. Binnen Sekunden rasen sie an uns vorbei. "Was zum Teufel war das denn? Sind die bescheuert?", kreische ich. "Ich würde meine Hand dafür ins Feuer legen, dass das entweder Leute von den Blinders waren oder von den Salvatores.", sagt Jasper und sieht den Autos nach, die schon lange verschwunden sind. 

"Das Fenster ist zu.", stellt Steph panisch fest. Irgendjemand muss gesehen haben, dass es offen ist und es geschlossen haben. "Shit.", flüstere ich und versuche noch einmal dagegen zu drücken. "Was machen wir jetzt?" Ich drehe mich um und versuche eine Lösung für unser Problem zu finden. "Es bringt nichts, wir müssen wieder durch die Sicherheitskontrolle. "Aber die werden uns ohne gute Ausrede nicht wieder reinlassen.", sagt Jasper. "Dann haben wir halt eine gute Ausrede.", sage ich und mache mich auf den Weg. Die anderen sehen sich fragend an und folgen mir. 

"Wo wollt ihr hin?", fragt mich der Sicherheitstyp unfreundlich. "Wir wollen wieder in die Schule, Sir.", antworte ich mit meinem schönsten Lächeln. "Ihr könnt nicht mehr rein, bis 15 Uhr bleibt diese Tür geschlossen." "Aber wir waren ja schon drin. Wir möchten nur einfach wieder rein.", erkläre ich. "Achja? Und wie seid ihr dann bitte aus dem Gebäude gekommen?" "Durch das Fenster.", antworte ich und die anderen schauen mich entsetzt an. "Durch das Fenster?", fragt er kritisch. "Ja... naja. Wir wollten ein bisschen Spaß haben und in der Schule ist man ja nirgendwo ungestört, wie Sie sich wahrscheinlich vorstellen können...", sage ich und lecke mir über die Lippen. Dem Typen wird es unbehaglich und er tippt von einem Fuß auf den anderen. Jasper muss sich ein Lachen unterdrücken und Steph spielt mit. "Bitte lassen Sie uns wieder rein.", fleht sie und klappert wieder mit ihren Fake-Wimpern. Der Typ schüttelt verlegen den Kopf und öffnet die Tür. Als wir eintreten, sehe ich in der Spiegelung genau, wie er uns hinterher sieht. Als wir einige Meter entfernt sind, lachen wir laut los. 

"War das gerade wirklich dein Ernst?", lacht Steph auf. "Ihm war es so peinlich, dass er uns reingelassen hat. Es hat also funktioniert.", lache ich. "Ja, aber jetzt denkt dieser Typ, ich habe mit dem da geschlafen.", sagt sie und zeigt auf Jasper, der sich immer noch nicht einkriegt. "Tut mir Leid für dich, dass das nicht wirklich passiert ist.", funkelt er Steph an. Diese verschränkt die Arme und sieht böse zurück. "Nein, mir tut es für dich Leid, dass du niemals so eine Frau wie mich haben wirst." "Du meinst so eine Langweilige?", sagt er und Steph schnappt nach Luft. "Hört auf jetzt, wir müssen zum Unterricht.", unterbreche ich die beiden.

Matthew - My Guardian and Guilt / Abgeschlossen.Where stories live. Discover now