Dealen

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"Noch jemand ein Bier?", fragt Jasper in die Runde. Ich nicke und halte meine leere Flasche hoch, während ich an einer Zigarette ziehe. Als ich auf dem Weg zu Bruno und Tanja war, habe ich mich plötzlich gefragt, was ich eigentlich tue. Mats Stimme hallte in meinem Kopf nach, dass ich das fünfte Rad am Wagen spielen würde und das gefiel mir ganz und gar nicht. Ich hab keine Lust auf sowas und bin aus Prinzip zu Lenny und den anderen gegangen. Hier ist schließlich immer etwas los und das lenkt mich um einiges besser ab als die Turteltauben.

Ich lausche gerade Jaspers Geschichte über zwei Typen unserer Schule, die sich an eine Lehrerin rangeschmissen haben, als Leroy das Haus betritt. Es folgen ihm zwei kleine, aber ziemlich breite Typen. Sie schauen kurz vom Flur aus in das Wohnzimmer, nicken Lenny zu und gehen die Treppe hoch ins Obergeschoss. "Wer war das denn?", fragt Steph skeptisch. Lenny zuckt mit den Schultern, doch sein Gesicht verrät etwas anderes. "Ich muss kurz hoch.", murmelt er dann und lässt uns zurück. Wir tauschen vielsagende Blicke aus, ohne etwas zu sagen.

"Ist er wieder bei seinem Bruder mit eingestiegen?", fragt Steph schließlich. Jasper räuspert sich und lehnt sich nach vorne, um an dem Etikett seines Bieres zu spielen. "J, sag uns was los ist.", fordere ich und nehme ihm das Bier aus der Hand. Er windet sich unter unseren Blicken und seufzt. "Naja, ihr wisst ja, dass neulich zwei Freunde von Leroy Schwierigkeiten hatten.", sein Blick fällt dabei auf mich, denn ich habe Leroy schließlich gewarnt, "Leroy hat Probleme weiter Geschäfte zu machen und Mitarbeiter zu finden. Lenny hilft ihm so lange, bis er wieder genug Leute hat."

Leroy fing schon früh an mit Drogen und anderen Dingen zu dealen. Wir hatten immer Angst vor ihm, obwohl er eigentlich ein netter Kerl ist. Sauer wurde ich erst, als er Lenny in diese Geschäfte mit reinzog. Zum Glück hatte dieser schnell erkannt, dass dieses Leben nichts für ihn ist und er ist ausgestiegen. Dass er wieder von seinem großen Bruder reingezogen wird, gefällt mir gar nicht. Vor allem weil dieser nun Stress mit Mat zu haben scheint.

Die vier kommen nach einer Weile die Treppe runter. Lenny sieht angespannt aus. Die kleinen Schränke verlassen das Haus, ohne sich umzusehen und Leroy sieht streng zu uns herüber. "Die Party ist vorbei, ihr könnt gehen." Ich ziehe eine Augenbraue hoch und schaue skeptisch zu Lenny rüber, der leicht nickt, um Leroys Worte zu bekräftigen. "Das ist doch bullshit.", stöhne Steph, steht aber auf. "Lenny, was ist los?", frage ich, als auch ich mich erhebe. Jasper wirft mir einen warnenden Blick zu, doch ich ignoriere ihn. Lenny holt Luft, doch ehe er mir antworten kann, macht Leroy einen Schritt vor und funkelt mich böse an. "Das geht dich gar nichts an. Wenn ich sage, dass die Party vorbei ist, dann ist sie vorbei." Ich grinse ihn provokant an. "Achja? Und wenn du sagst, dass Lenny Drogen verkaufen soll, dann verkauft er Drogen?"

Lenny schaut mich entsetzt an, während Leroys Nasenflügel anfangen zu beben. Ich weiß genau, dass er einen Hass auf mich hat, seit dem er die Verbindung zwischen Mat und mir kennt - welche Verbindung das nun auch immer sein mag. "Halt dich besser zurück...." "Sonst was?", unterbreche ich ihn scharf. Mir geht es gegen den Strich, dass er Lenny dazu zwingt. Plötzlich lacht er auf. "Du denkst wohl, du kannst dir alles erlauben, weil du dich vom Blinders Anführer ficken lässt." Jetzt zieht Lenny die Augenbrauen zusammen und geht einen Schritt auf seinen Bruder zu. "Lee, es reicht.", sagt er und legt ihm eine Hand auf die Schulter, die er sofort wieder abschüttelt. "Was? Es ist doch so. Nur weil du einmal hilfreich warst, heißt es nicht dass du dich hier so aufspielen kannst. Und jetzt verschwinde."

Jasper, der sich aus seiner Schockstarre befreien konnte, legt mir nun einen Arm um die Taille und zieht mich aus dem Haus. Ich schaue Leroy dabei tief in die Augen und würde ihm am liebsten die Nase brechen. Ich versuche gegen Jaspers Griff gegen an zu kommen, um alleine aus dem Haus zu gehen, doch er hält mich weiter fest.

"Was für ein Arschloch.", brummt Steph, als wir auf dem Bürgersteig stehen. "Es tut mir Leid, ich konnte meine Klappe einfach nicht halten.", sage ich. Jasper schüttelt den Kopf. "Ist schon gut, du hast das gesagt, was wir alle denken. Leroy zwingt Lenny zu dem Scheiß und das wird böse ausgehen." Ich nicke und in meinen Gedanken existiert nur eine Frage: Steht Lenny damit für Mat auch auf der Abschussliste?

Als ich am Abend im Bett liege, ertönt mein Nachrichtensignal. Ich habe eine neue Nachricht von Lenny: Es tut mir Leid, er hätte so etwas nicht sagen dürfen. Hoffe das steht im Midnight nicht zwischen uns. Mir geht es gut, wirklich.

Ich hoffe es für dich Lenny, ich hoffe es...

Matthew - My Guardian and Guilt / Abgeschlossen.Where stories live. Discover now