Beziehung

6.6K 188 10
                                    

"Guck sie dir an, wie süß die beiden sind.", sagt Milo und tut so, als müsse er würgen. Parker lacht und verschränkt die Arme, während Emre mit den Augenbrauen wackelt. "Fresse.", brummt Mat. Mir ist es super unangenehm Milo oder Jason zu sehen. Sicher haben sie den anderen schon lang und breit von der Jungfrau Julie erzählt.

Nichts desto trotz bereiten wir gemeinsam einen großen Berg an Pancakes vor. Alle setzen sich gemeinschaftlich an den Tisch und Ich setze mich so hin, dass ich Milo und Jason nicht in die Augen sehen muss. Selten habe ich den Berg an Pancakes so schnell schwinden sehen. Die Jungs schlingen sie förmlich im Ganzen runter, während ich gerade meinen zweiten aufgegessen habe. "Die sind so gut.", stöhnt Emre. "Ja, kann man dich einstellen?", fragt Parker. "Julie wird ja jetzt wohl öfter hier sein.", sagt Vince. "Oder etwa nicht?", fragt er an mich gewandt. "Ich, äh...", sehe hilflos zu Mat rüber, doch auch dieser sieht mich erwartungsvoll an. "Klar.", sage ich. "Du meinst, jetzt wo sie...", doch da verpasst Jason Milo eine Nackenschelle. Dieser greift sich mit schmerzverzerrtem Gesicht an die Stelle. "Aua, was soll das?", fragt er wütend. "Halt einfach die Klappe.", sagt Jason und beißt in den nächsten Pancake. Dankbar sehe ich nun doch zu ihm herüber. Wenigstens einer würde dicht halten...

Als wir fertig sind, verteilen sich alle kreuz und quer im Haus. "So schnell kann es gehen, wenn es um den Abwasch geht.", lacht Mat. "Ist schon gut, ich übernehme das. Danach muss ich ins Diner, meine Schicht beginnt um 14 Uhr." "Ich muss um 13 Uhr los zu einem Termin. Ist das in Ordnung, wenn ich dich hier alleine lasse?", fragt er und nimmt mich in den Arm. "Was für einen Termin?", frage ich. Er schüttelt den Kopf. "Frag mich das nicht, ich will dich nicht anlügen."

"Und wenn dir einer blöd kommt, hast du meine volle Erlaubnis, ihm etwas zu brechen.", fügt er an. "Ich hoffe, das wird nicht notwendig sein.", lache ich. "Wieso ist euer Erdgeschoss eigentlich so... anders als die anderen Stockwerke?", frage ich. "Du meinst du runtergekommen und renovierungsbedürftig? Das hier ist einfach das, wie sich Leute so eine Festung vorstellen. Wenn jemand zufällig einen Blick reinwerfen kann oder wir Leute da haben, die nicht richtig in der Gang sind, sondern nur Jobs für uns erledigen, sehen sie eben das. Der Rest bleibt unser Geheimnis.", erklärt er. Offen gesagt hatte ich so eine plausible Erklärung gar nicht erwartet. Ich dachte eher daran, dass keiner mehr Lust hatte, noch weiter zu renovieren.

Wenig später stehe ich vor dem Berg an Tellern und mache mich daran, ihn zu spülen. Und zwar richtig sauber, kein blinders-sauber. Mat kommt nach einer Viertelstunde wieder in die Küche. Er trägt eine schwarze Jeans, ein schwarzes enges T-Shirt und zieht sich seine Lederjacke an. Er stellt sich hinter mich, legt mir seine Hände auf die Schultern und küsst meinen Nacken entlang. "Danke, dass du das machst.", sagt er dann. Seine Küsse treiben mich halb in den Wahnsinn. "Das mache ich gerne.", antworte ich. Er dreht mich herum, stellt sich verdammt nah vor mich und nimmt mein Gesicht in seine Hände. Was macht er nur mit mir? "Melde dich bei mir, wenn du Feierabend hast." Dann küsst er mich und als er von mir ablässt, fühle ich mich, als wäre ich auf Entzug.

"Kannst du bitte später deiner Freundin die Zunge weiter in den Hals stecken?", fragt Parker genervt. "Wir...", fangen wir beide an und stocken. Parker verdreht die Augen. "Jaja, klärt das später." und verschwindet er wieder. "Das sollten wir wirklich klären.", stellt Mat fest. "Ja.", flüstere ich und sehe ihm hinterher.

Als ich fast fertig bin mit spülen, kommt Vince in die Küche. Wir haben beide noch nie wirklich miteinander gesprochen und ich weiß nicht, was ich sagen soll. "Danke, dass du das machst.", beginnt er. "Kein Problem, ich habe eh noch Zeit, bis ich arbeiten muss." Er setzt sich auf einen Stuhl am Esstisch und zündet sich eine Zigarette an. "Lass dich von den anderen nicht einschüchtern.", sagt er plötzlich. "Was meinst du?", zögere ich. "Ach komm schon, natürlich haben sie erzählt, was gestern hier abgelaufen ist." Ich werde unwillkürlich rot und klammere mich an das Spültuch. "Großartig.", seufze ich. Er schmunzelt. "Tu nicht so, als wäre das etwas schlimmes.", dann steht er wieder auf, schiebt den Stuhl beiseite und geht Richtung Tür. "Jeder von uns wäre stolz, so eine kleine Schwester wie dich zu haben.", sagt er und verlässt den Raum. Ich lächle und starre auf den Platz, an dem er gerade noch saß.


Als ich endlich Feierabend habe und auf dem Weg nach Hause bin, schreibe ich Mat. Den ganzen Tag über musste ich grinsen. Ich führe mich wie ein verknallter Teenager - denn genau das bin ich. Ich bin verknallt in ihn und das wurde mir im Laufe des Tages immer mehr klar. Ich bin süchtig nach seinem Geruch, seinem Lächeln und davon, mehr über ihn zu erfahren. Und das Gespräch mit Vince hat mich sehr überrascht. Ich hatte ihn vollkommen falsch eingeschätzt, eher als einen ruhigen, aber dennoch impulsiven Schlägertypen mit seinen breiten Schultern und seinem finsteren Blick. Er war etwas kleiner als die anderen und wirkte dadurch irgendwie noch gefährlicher.

Matthew - My Guardian and Guilt / Abgeschlossen.Where stories live. Discover now