Freiheit

6.7K 203 3
                                    

"Lass sie los.", herrscht Mat den Typen an. "Ich hätte es wissen müssen.", knurrt der Typ, der mich wieder brutal an den Haaren hochzieht. Ich versuche mich seinem Griff zu entwinden, doch er packt mich stattdessen am Hals. "Wollt ihr, dass ich ihr die Kehle zudrücke?", fragt er und scheint den Moment zu genießen. "Ich knalle dich ab.", droht Mat. "Achja?" Er packt mich und wirbelt mich in einer Ruck vor sich. Ich stehe vor ihm, wie sein Schutzschild. Panisch sehe ich zu Milo und Mat. Ich bekomme kaum Luft unter seinem festen Griff und ein stechender Schmerz macht sich in meinem Oberkörper breit. "Ich werde jetzt hier rausspazieren, mir ein Auto nehmen und mit der Kleinen wegfahren.", verkündet der Typ hinter mir. "Vergiss es.", knurrt Milo.

"Warum denn nicht? Ich glaube kaum, dass das hier wirklich deine Schwester ist." Dann drückt er meinen Kopf nach oben, sodass ich ihn ansehen muss. "Also, wer bist du?", fragt er und grinst. Ich atme zweimal ein und wieder aus, tue so, als würde ich antworten wollen, doch stattdessen trete ich ihm so doll ich kann gegen das Schienbein. Er schreit auf und verzieht das Gesicht, doch das reicht noch nicht. Ich kann mich nur mühselig unter seinem Griff drehen und weiß nicht, ob es funktioniert, doch ich haue ihm so fest ich in der Situation kann, gegen den Kehlkopf. Ich befreie mich und laufe geduckt in Mats Richtung.

"Geh raus.", sagt er ohne den Blick von dem Typen abzuwenden. "Los.", sagt er ungeduldig. Ich schleppe mich raus aus dem Zimmer, raus aus dem Haus und sehe Jason vor der Haustür stehen. Auch er hat eine Waffe in der Hand, die er sofort senkt, als er mich sieht. "Julie, geht es dir gut?", fragt er ernsthaft besorgt. Ich nicke, weil ich nicht mehr sprechen kann und als ich bei ihm ankomme, sacke ich in seinen Armen zusammen.

Ich wache in einem fahrenden Auto auf und als ich hochschrecke, sehe ich, dass Jason am Steuer sitzt. "Julie, hab keine Angst. Ich bringe dich nach Hause.", sagt er sanft und schaut über den Rückspiegel zu mir. "Nein.", flüstere ich. "Kannst du mich zu euch bringen?" Er runzelt die Stirn, doch dann nickt er. Langsam raffe ich mich auf, doch der Schmerz durchzuckt mich wieder. "Wo sind die anderen?", frage ich benommen, doch Jason antwortet darauf nicht.

Als ich das nächste Mal die Augen öffne, liege ich in einem großen Bett. Ich sehe mich um und weiß nicht so recht, wo ich bin. Das Bett ist schwarz und dunkelgrau bezogen. Ein Boxsack hängt schräg gegenüber, daneben ist ein Kleiderschrank und ein Schreibtisch unter dem Fenster. Neben dem Bett ist ein Regal mit diversen Dingen, wie CDs, Bücher und Boxhandschuhe. Draußen geht gerade die Sonne auf, ich muss die Nacht hier verbracht haben. Ein dröhnendes Ziehen durchflutet meinen Oberkörper und ich zische auf, als vorsichtig jemand die Tür öffnet. Ein müder, besorgt dreinblickender Mat kommt herein.

"Guten Morgen.", sagt er sanft und kommt auf das Bett zu. Dann kniet er sich davor, sodass wir auf Augenhöhe sind. "Gefällt es dir in meinem Zimmer?", grinst er. Das ist also Mats Zimmer. Wie bin ich hier her gekommen? "Es ist... männlich?" Dann lachen wir beide. "Wie fühlst du dich?", fragt er mit ernstem Gesichtsausdruck. "Ganz ok. Ich habe tief und fest geschlafen, aber meine Rippen tun weh." Er steht auf und reibt sich über sein Kinn. "Kann ich mir das mal ansehen? Vielleicht ist etwas gebrochen, dann solltest du schleunigst ins Krankenhaus." Ins Krankenhaus?! Und was sage ich denen, wie das passiert ist? Vorsichtig hilft er mir auf und legt dann die Hände auf den Saumen meines Shirts. "Darf ich?", fragt er, was ich mit einem leichten Nicken beantworte. Er schiebt mein Shirt hoch, bis es nur noch meinen BH verdeckt. Mein Herz fängt wieder an zu pochen, ich kann kaum still stehen. Er kniet sich vor mich und fährt mit den Fingern über die blauen Flecke, die sich über Nacht gebildet haben. Er tastet meine Rippen ab, was furchtbar weh tut. Ich verziehe das Gesicht und beiße mir in die Unterlippe, damit ich nicht aufschreie. "Das ist bloß eine Prellung. Das tut besonders weh, ist aber nicht so schlimm und verheilt schnell wieder.", sagt er, als er sich wieder aufrecht hinstellt. "Okay.", sage ich erleichtert.

"Wenn du willst, kann ich dir Schmerztabletten geben. Die nächsten Tage werden unangenehm." Ich nehme das Angebot dankend an. Er geht in Richtung Schreibtisch, öffnet die oberste Schublade und holt eine Packung Schmerzmittel heraus. Ich muss lachen, weil er diese aufbewahrt wie andere ihre Süßigkeiten.

"Wir müssen noch über etwas reden.", beginnt er. Ich setze mich aufrecht hin und er lässt sich in den Schreibtischstuhl fallen. Kurz ist es still um uns und jeder sammelt seine Gedanken. Mat spielt mit seiner Kette, die er immer zu tragen scheint. Sie hat als Anhänger einen Flügel. "Du bist jetzt frei.", sagt er dann. "Du hast mir den letzten Gefallen getan und damit sind die 10.000€ Schulden beglichen." Das ist eigentlich nicht das, worüber ich reden möchte. "Ich weiß.", sage ich und sehe ihn irritiert an. "Und das heißt, dass du zurück in deinen Alltag solltest. Schule, Freunde, Job.", fährt er fort. "Mat, was wird das hier?" Er lehnt sich nach vorne und verschränkt die Hände ineinander. Dann sieht er mich an. "Julie, ich date nicht.", sagt er mit so einer festen Stimme, dass ich das Gefühl habe, ein verbales Projektil abbekommen zu haben.

Matthew - My Guardian and Guilt / Abgeschlossen.Όπου ζουν οι ιστορίες. Ανακάλυψε τώρα