Midnight

6.4K 190 15
                                    

"Bist du soweit? Ich will noch ein Foto machen, bevor wir losfahren und vollkommen fertig aussehen.", ruft Steph. Ich betrachte mich in ihrem großen Spiegel. Wir haben uns bei ihr getroffen und fertig gemacht, um gleich in das Midnight zu gehen. Ich trage das rote Kleid, schwarze hohe Schuhe und eine goldene kleine Tasche. Meine Haare sind offen und gelockt, meine Schminke made by Steph. Ich kann mich zwar auch schminken, aber nicht so gut wie sie. Außerdem mag ich es, mich einfach hinzusetzen und sie machen zu lassen.

Dann komme ich runter und im Flur stehen Steph, Jasper, Lenny und Vito schon bereit. Die Jungs sehen richtig gut aus mit ihrem einheitlichen Look. Sie alle tragen eine schwarze Chino und ein rotes Hemd. "Wow.", sagt Vito und lächelt mich an. "Du siehst wunderschön aus.", sagt Jasper. "Danke.", lächle ich verlegen. "Na toll, es wird sowas von anstrengend sein, die Typen heute von euch fern zu halten.", seufzt er dann. "Wer sagt denn, dass sie sich fern halten sollen?", fragt Steph und macht eine Art Duckface. "Das wird Mat aber nicht gefallen.", grinst Jasper fies in meine Richtung. Was Mat wohl sagen würde, wenn er wüsste, dass ich dort bin? Ich habe seit der Sache im Diner nichts mehr von ihm gehört. Wir sind beide zu stur, um dem anderen zu erst zu schreiben und ich werde das Gefühl nicht los, dass ich zuerst einknicken werde...

Schnell machen wir ein Gruppenfoto und dann geht es los in Richtung Innenstadt. Lenny sieht müde, aber zufrieden aus. Nach der Sache mit seinem Bruder haben wir noch einmal telefoniert und darüber gesprochen, dass die Situation einfach beschissen gelaufen ist. Ich mache mir nur Sorgen um ihn, aber er ist alt genug, um die Dinge selbst zu entscheiden. Also haben wir abgemacht, dieses Thema heute einfach außen vor zu lassen.

Wir reihen uns in die Schlange vor dem Midnight ein. "So ein Mist, wir werden hier ewig stehen.", sagt Steph. Obwohl das Midnight heute so ein schickes Motto hat und nicht unbedingt jeden anspricht, ist es brechend voll. Wir verschönern uns die Wartezeit mit ein paar lustigen Geschichten und Trinkspielen, denn Steph hat für den Fall der Fälle noch ein paar Shots eingepackt. "Du denkst aber auch an alles. Deshalb liebe ich dich so.", stöhnt Lenny, als er einen Jägermeister kriegt. "Ich will irgendwas ohne Kräuter.", sage ich angewidert, als ich den Jägermeister sehe. "Du kriegst Pflaume.", sagt sie und hält mir einen durchsichtigen Klopfer hin. Damit gebe ich mich zufrieden und wir stoßen an. Nach ungefähr 20 Minuten können wir endlich rein. Halb erfroren bin ich über diese stickige Hitze im Club schon fast froh. Mein zweiter Clubbesuch und das in so kurzer Zeit.

Es dauert nicht lange, da sind wir auf der Tanzfläche zu finden. Der Alkohol übernimmt die Kontrolle und ich schließe meine Augen. Ich höre nur den Beat und bewege mich rhythmisch, während ich die Wärme der tanzenden Lichter auf mir spüre. Ich lächle vor mich hin und als Vito mir seine Hand hin hält, nehme ich sie. Er dreht mich einmal hin und einmal wieder zurück und wir müssen laut lachen. Was für ein toller Abend mit einer wunderschönen Location! Einige Male sprechen uns Typen an. Ich winke grundsätzlich ab, doch ab und zu unterhält Steph sich mit ihnen. Spannenderweise sehe ich in Jaspers Augen den selben genervten Blick, den Steph hat, wenn er von irgendwelchen Bettgeschichten erzählt.

Ich kämpfe mich durch die Menschenmasse zum Tresen, an dem ich dann zwei Wasser bestelle. Ich lehne mich mit dem Rücken dagegen und schaue der Menge beim Tanzen zu, während ich auf meine Bestellung warte. "So sieht man sich wieder.", ertönt es plötzlich neben mir. Ein Typ, der wesentlich älter ist als ich, steht plötzlich neben mir. Auf den ersten Blick erkenne ich ihn nicht, auch wenn mir die Stimme bekannt vorkommt. Doch dann sehe ich das Tattoo. "Hitch.", flüstere ich. "Der einzig Wahre.", grinst er. "Schön, dass du mittlerweile meinen Namen kennst." Er lässt seinen Blick abschätzig über meinen Körper gleiten. "Meine Güte, aus dir kann man ja echt was rausholen. Schade, dass die Schulden so schnell bezahlt wurden." Was soll denn daran schade sein? Seine Anwesenheit ist so unangenehm, dass ich brechen möchte. seine Blicke bohren sich in meine Haut und ich möchte mich schütteln. „Ansonsten hättest du eine Weile für mich arbeiten können.", redet er einfach weiter. "Für mich persönlich oder für mein Etablissement." Gott, jetzt reicht es aber! "Die Schulden wurden aber bezahlt.", sage ich trocken. "Ja, was auch immer du dafür getan hast.", lächelt er. "Wie auch immer, ich muss mich um meine Mädels hier kümmern. Ich wünsche dir einen schönen Abend." Dann verschwindet er.

Seit dem Gespräch mit Hitch fühle ich mich komplett nüchtern. Ich sehe mich andauernd um, ob er in meiner Nähe ist, doch stattdessen entdecke ich ihn gegenüber der Tanzfläche mit einigen Mädels. Mädels, die so alt wie ich sind. Sie haben alle lange Haare, viel zu knappe Kleider und doppelt so hohe Schuhe wie ich. Sie arbeiten für ihn, da bin ich mir sicher und wahrscheinlich sollen wahrscheinlich hier ein paar Kerle abschleppen. Als ich einen kurzen Blick auf ihre Gesichter werfen kann, läuft es mir eiskalt den Rücken runter. Auch 10 Kilogramm Schminke und Alkohol können ihre traurigen Augen nicht verstecken. Sie machen das sicher nicht freiwillig. Am liebsten würde ich sie einfach mitnehmen, damit sie vor diesem widerlichen Typen flüchten können.

Meine Stimmung ist endgültig gekippt, was den anderen nicht verborgen bleibt. "Ich gehe kurz raus.", sage ich und deute in Richtung Ausgang. Sie nicken und ich bahne mir den Weg. Als ich endlich an der frischen Luft bin, realisiere ich, wie stickig es drinnen tatsächlich ist. Ich hole aus meiner Tasche eine Schachtel Zigaretten und zünde mir eine an.

Ich schaue auf mein Handy - keine neue Nachricht. Dann ertönt neben mir das Klappern von High Heels auf dem Gehweg. Eines der Mädels, mit denen Hitch eben gesprochen hat, läuft Arm in Arm mit einem Typen den Weg entlang und an mir vorbei. Seine Hand gleitet ihren Rücken runter zu ihrem Hintern und sie sieht ihn verängstigt an. Ich muss mich beruhigen, ihm nicht die Nase zu brechen. Trainiert habe ich dafür die Woche über genug. "Du würdest mir so viel Geld einbringen.", sagt Hitch, der urplötzlich neben mir steht und den beiden hinter her sieht. Vielleicht ein anderes Mal.", sagt er und zwinkert mir zu.

Matthew - My Guardian and Guilt / Abgeschlossen.Where stories live. Discover now