Drohung

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Es ist 21:15 Uhr, doch Mat und seine Leute sind noch nicht im Diner angekommen. Wieso mache ich mir darüber überhaupt Gedanken? Vielleicht kommen sie heute einfach nicht, haben besseres zu tun, wie andere Leute erpressen oder zusammenschlagen. Eigentlich ist es nur gut für mich, denn dann muss ich ihnen nicht erklären, wieso ich weggelaufen bin. 

Ich wische gerade einen Tisch ab, da öffnet sich die Tür zum Diner. Mat und seine Leute betreten eine Stunde später als sonst den Laden und setzen sich an ihren üblichen Platz. Ich will die Bestellung durchgeben, da fällt mir Enzo, der Koch ins Wort. „Keine Chance, Burger sind für heute aus." Geschockt sehe ich ihn an. „Was meinst du damit?" „Die Lieferung für heute hat sich verzögert und kommt erst morgen. Wir haben alle Reserven aufgebraucht, der letzte Burger ging vor einer halben Stunde raus." Dann verschwindet er einfach wieder von der Durchreiche und lässt mich alleine mit diesem Problem.

Langsam gehe ich auf die sechs zu, die sich wie immer wild durcheinander unterhalten. Wenn ich sie von weiter weg betrachte, sehen sie aus wie normale Jungs, die sich einfach treffen und Freunde sind. Doch je näher ich an Sie herankomme, desto mehr sehe ich von ihren Tattoos, ihren Blicken und teilweise von ihren Verletzungen. Als ich vor dem Tisch stehen bleibe, sieht Mat mich wütend an. „Was willst du?" Wow, er ist noch besser drauf als die Male davor. „Ich wollte nur Bescheid sagen, dass es heute keine Burger mehr gibt." Am liebsten würde ich die Augen schließen, um seine Reaktion nicht zu sehen.  „Also schön, dann bring uns nur die Getränke.", sagt er trocken. Das war einfacher, als ich gedacht habe und ich verschwinde, bevor er es sich anders überlegt.

Um Mitternacht ist meine Schicht endlich vorbei und anders als sonst sitzen die sechs immer noch an ihrem Tisch. Sie haben sich in der Zwischenzeit Pommes bestellt und sind bei ihrem vierten Drink angelangt. Ich sage Lena Bescheid, dass sie sie später abkassieren muss, packe meine Schürze beiseite und gehe in Richtung Ausgang. Mat fixiert mich mit seinen Augen und ich erwarte einen Spruch, doch es kommt keiner. Heute ist er wirklich nur unberechenbarer als sonst.

Als ich ein paar Schritte über den Parkplatz mache, höre ich, dass jemand meinen Namen ruft. Ich drehe mich um und Mat, Milo und die anderen kommen auf mich zu. Einer von ihnen spukt auf den Boden, die anderen fixieren mich mit ihren Blicken. "Ich weiß es jetzt.", sagt Mat. Kurz bin ich verunsichert, was er damit meint, doch dann erklärt er es mir. "Du bist Etiennes Schwester. Hätte ich mir denken können, die einzigen Franzosen weit und breit hier." Als ich Etiennes Namen höre, zucke ich zusammen. Kennen sie sich etwa? "Der Typ, der dich jetzt schon zweimal erwischt hat, ist ein mieseres Arschloch als ich." Soll mir das Hoffnung machen? "Also wie kommt es, dass so einer hinter deinem Bruder her ist?" "Das geht dich nichts an.", sage ich, ohne groß darüber nachzudenken. Ich will mich schnell umdrehen, doch da packt er mich am Arm. "Du weißt schon, dass ich dich absichtlich entkommen lassen habe, oder? Du kommst hier nicht weg, wenn ich das nicht will." Bitte nicht schon wieder das nächste Arschloch, dass mich zermürben will! Wieso hat sich das Universum so gegen mich verschworen? 

"Das hier ist unser Viertel und ich will wissen, wenn hier irgendein scheiß abläuft.", sagt er und sieht mir direkt ins Gesicht. Ich war fest davon überzeugt, dass seine Augen grün sind, doch jetzt sehen sie fast schwarz für mich aus. "Ich weiß nicht, was du meinst.", sage ich und schlucke schwer. "Wenn ich etwas noch mehr hasse, als etwas nicht zu wissen, dann ist es verarscht zu werden." Ertappt blicke ich zu Boden. Ich beiße mir auf die Lippe und nicke leicht. "Du hattest die Chance mir zu sagen, was hier los ist. Aber jetzt werde ich es selbst herausfinden. Sollte ich dabei merken, dass du mir Stress in mein Viertel gebracht hast, wirst du sehen, was du davon hast..." Dann lässt er mich los und alle sechs gehen dicht an mir vorbei. 

Den ganzen Weg nach Hause zittere ich am ganzen Körper. Ich schaffe es fast nicht, die Zigarette zu meinem Mund zu führen. Sie werden es herausfinden. Sie werden wissen, dass Etienne Schulden gemacht hat und dann werden sie wollen, dass ich sie bezahle, was ich nicht kann und dann werden sie mich bestrafen... oder töten. 


Matthew - My Guardian and Guilt / Abgeschlossen.Donde viven las historias. Descúbrelo ahora