Kapitel 9 | Der erste Tanz

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Leonardo stellt sich wieder vor mich hin und nimmt mein Kinn zwischen seine Finger. Sie sind vom Arbeiten rau und kräftig. Doch seine Berührung ist zart.

Er hebt meinen Kopf an, sodass ich in sein Gesicht schauen muss. Seine grauen Augen fixieren mich. Sie bereiten mir eine Gänsehaut.

„Wie hoch waren die Schulden deines Bruders? 168.000 Dollar hat mein Vater gesagt. Ich weiß nicht, ob du auch wirklich das Geld Wert bist." Er macht eine kurze Pause. „Also enttäusch mich nicht." Damit wendet er sich von mir ab und verschwindet aus meinem Sichtfeld. Mit klopfendem Herzen lässt er mich am Brunnen stehen.

Ich bücke mich und hebe das Glas auf. Das restliche Wasser schütte ich zu den Blumen, dann gehe ich zurück zur Feier, um mir nochmal Wasser zu holen. Möglichst unauffällig gehe ich zur Bar und lasse mir nochmal Wasser einschenken.

Mein Blick gleitet über die Gäste, die nur wegen meiner Verlobungsfeier gekommen sind und bleibt bei Leonardo hängen, der mich mit seinen Augen fixiert.

Neben ihm steht Valentina. Sie schmiegt sich an ihn, als würde sie ihn verführen wollen.

Aber ist sie nicht mit Salvador verheiratet? Ist sie auch gezwungen worden und wollte eigentlich Leonardo haben, anstatt Salvador?

Valentina flüstert Leonardo etwas ins Ohr und umarmt seinen Arm dabei. Er schaut mich währenddessen unentwegt an. Bis er seinen Blick von mir löst und mit Valentina verschwindet. Ich schaue den beiden hinterher, bis sie im Haus verschwunden sind.

Vielleicht sind die beiden ein Paar und halten ihre Beziehung vor Salvador geheim. Sie ist bestimmt nicht erfreut, dass ich ihre Liebe heirate.

Ich beschließe meinen Bruder zu suchen und laufe deshalb durch den ganzen Garten. Doch ich finde ihn nirgend wo.

Genauso wie Salvador, der wissen könnte, wo mein Bruder ist. Niemand ist da, mit dem ich schon ein Wort gewechselt habe. Alle sind mir fremd.

Kurzerhand setze ich mich auf eine Bank vor einem Pavillon in dem Live Musik gespielt wird. Paare tanzen eng umschlungen. Lächeln und haben Spaß.

Ob sie immer noch fröhlich wären, wenn sie wüssten, dass ich zu dieser Ehe gezwungen werde? Als es schon Dämmert sitze ich immer noch auf der Bank vor dem Pavillon und schaue den Gästen weiterhin beim Tanzen zu.

Ich bewundere die Männer und Frauen. Die Bewegungen sehen so leicht aus. Aber ich glaube, dass es nicht einfach ist, geradeaus zu schauen und seine Füße in einer bestimmten Reihenfolge zu bewegen.

„Lust zu tanzen?", fragt mich ein Mann. Ich schaue zu ihm auf. Er muss in Leonardos Alter sein.

„Ich kann nicht tanzen.", antworte ich und lehne dabei ab. Salvador wird bestimmt alles andere erfreut sein, wenn ich mit einem anderen Mann tanze, als seinen Sohn.

„Nicht schlimm, Liebes. Es ist einfach." Der Mann hält mir seine Hand hin. Ich schaue sie an und bin hin und hergerissen.

„Lieber nicht. Es würde total lächerlich aussehen und ich würde dir nur auf die Füße treten. Ich möchte deine Schuhe ungern kaputt machen.", versuche ich den Mann mit verschiedenen Argumenten davon zu überzeugen mich in Ruhe zu lassen. Der Mann beginnt zu lachen und lächelt mich an. Es ist nicht überheblich, sondern freundlich und herzlich.

„Meine Schuhe sind mir egal, pequeña (Kleine). Beim Tanzen muss man sich nicht groß bewegen. Komm ich zeig es dir." Erwartungsvoll schaut mich der Mann an. Sein Blick lässt mich weich werden und weil ich nicht unfreundlich sein will, lege ich meine Hand in seine und lasse mich von ihm auf die Tanzfläche führen. Unsicher schaue ich ihn an und weiß nicht, was ich machen muss.

Er komm auf mich zu und legt seine Hand auf meine Taille. Es ist mir etwas unangenehm, dass er mich so anfasst und mich an sich zieht.

Mit seiner anderen Hand nimmt er meine rechte Hand und dann beginnt er sich hin und her zu verwegen. Er passt sich der Musik an und ich versuche mich an ihn anzupassen.

Tatsächlich habe ich den Bogen raus und bewege meine Füße von der einen zur anderen Stelle.

„Ich wusste das du es schafft, pequeña (Kleine). Hab etwas mehr Selbstvertrauen in dich.", sagt der Mann lächelnd. Schüchtern erwidere ich sein Lächeln und fühle mich nicht mehr so hilflos. „Ich habe mich vergessen vorzustellen. Ich bin Camillo Perez. Ein Geschäftspartner der Familie Ramírez.", stellt er sich mir vor.

„Freut mich dich kennenzulernen, Camillo. Ich bin Apríl Fuentez.", stelle ich mich ihm vor.

„Ich weiß wer du bist, Apríl. Du bist Leonardos Verlobte. Rodrigos kleine Schwester." Verwundert schaue ich ihn an.

„Du kennst meinen Bruder?"

„Ja ich kenne deinen Bruder. Und ich weiß auch unter welchen Umständen du zu Leonardo gekommen bist.", sagt Camillo.

„Du solltest aufpassen, Apríl. Leonardo hatte schon eine Frau gehabt. Das ist schon Jahre her. Er hat sie sehr geliebt. Aber sie wurde von einem anderen Schwanger. Als Leonardo davon erfahren hat, hat er sie ins Bordell gebracht. Huren gehören schließlich ins Bordell. Was mit ihr passiert ist, weiß keiner. Alle vermuten allerdings, dass sie und das Kind tot sind."

„Warum erzählst du mir das?", frage ich verständnislos.

„Weil ich nicht will, dass noch mehr zu Schaden kommen."

.·.'.·.

l.g. Sunny Kyle 💛 💛

Forced - Gefährliche LeidenschaftWhere stories live. Discover now