14. Der letzte Abend

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(POV. Karma)

Ich weiß nicht, ob Koro-Sensei seine Tentakel mit im Spiel hatte, oder sich einfach aus Zufall keine Gelegenheit dazu bot, aber seit dem zweiten Tag hatten Nagisa und ich so gut wie nie alleine sein können. Die Klassenfahrt hielt uns ziemlich auf Trab. Ausflüge, unsere Freunde, Essen, Nachtruhe und noch sehr viel mehr.

Ich wurde immer ungeduldiger. Ich wollte ihn endlich wieder küssen. Nein... viel mehr als das. Es gab noch so viel, was ich mit ihm machen und ausprobieren wollte. Und langsam hielt ich das echt nicht mehr aus.

Ein Glück, dass heute der vorletzte Tag war. Deshalb stand ein großes Lagerfeuer am Strand auf dem Plan und wir durften dafür bis in die Nacht wach bleiben. Wenn wir mindestens drei Leute waren, durften wir sogar in die Stadt, in der ein großes Fest stattfand. Vielleicht würde sich ja da eine Gelegenheit bieten, mit ihm alleine zu sein.

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,,Nagisaaa, beeil dich mal", maulte ich ins Handy, während ich im Gemeinschaftsraum auf ihn wartete. Er brauchte echt lange, um sich den Kimono anzuziehen.

,,Ja... Ich bin jetzt fertig", kam es aus dem Hörer. ,,Ah, da ist Kayano. Bis gleich."
Er legte auf und ich starrte seufzend das Display von meinem Handy an.

Nicht zu fassen. Er lässt mich warten und legt dann auch noch auf.

Ich schaute mich um und entdeckte ihn hinter Kayano den Raum betreten. Wie die anderen, trugen beide lange Kimonos. Koro-Sensei hatte darauf bestanden. Natürlich.

Kayanos war in einem sanften Rot-Ton und ihre grünen Haare waren offen. Eigentlich war sie echt hübsch.

Nagisa sprang mir aber noch mehr ins Auge – er trug einen dunkelblauen Kimono mit hellblauen Streifen an der Schulter, durch die seine Augen ganz besonders hervorstachen. Es war offensichtlich, dass seine Mutter den gekauft hatte. Und sie hatte Geschmack.

Abgesehen davon, dass es nicht wirklich ein Jungenkimono ist. Sie blendet es wirklich gekonnt aus.

Als er mich sah, steuerte er sofort auf mich zu und musterte interessiert meinen Kimono. Er war schwarz, hatte hellgrau-schnörkelige Streifen die sich durch den ganzen Stoff zogen und wurde mit einem roten Band zusammengehalten.

,,Was fällt dir ein, einfach aufzulegen?", fragte ich schon bevor er bei mir war und zog vorwurfsvoll an seinen Zöpfen.
,,Du hast doch gesagt, dass ich mich beeilen soll", lachte er.

,,Das ist nicht das gleiche."
,,Was machst du da?", fragte Kayano plötzlich, während sie aus großen Augen meine Hand anstarrte. Ich hielt inne, setzte ein Grinsen auf und durchwuschelte freundschaftlich Nagisas Haare.

,,Ihn dazu bringen, dass er sie auf macht. Dann reisen wir nach Thailand und er wandelt sich-"
,,Ughhh, Kayano, komm", fuhr er dazwischen und zog sie aus dem Zimmer. Ich lachte und folgte ihnen. ,,Aber Nagisa, als Mädchen-"
,,Klappe!"

(POV. Nagisa)

Zuerst gingen wir zum Lagerfeuer. Es war wirklich groß und die meisten waren schon da. Koro-Sensei grillte mit Machgeschwindigkeit fünfzehn Marshmallowspieße auf einmal.

Karasuma wurde von Bitch-Sensei betört und viele unserer Mitschüler saßen im Sand und redeten miteinander. Ein paar gingen sogar schwimmen oder machten Fotos vom Meer. Es war eine ausgelassene Stimmung.

,,Wow! Das Lagerfeuer ist wirklich wunderschön", schwärmte Kayano.
,,Allerdings! Ich habe extra Holz von einem umgefallenen Baum aus dem Wald geholt!", sagte einer von Koro-Senseis Doppelgängern und wirbelte Sand auf, als er sich vom Lagerfeuer und wieder zu uns zurück bewegte.

,,Hallo Sensei", begrüßte ich ihn schmunzelnd.
,,Guten Abend, Nagisa-Kun. Und? Habt ihr schon Pläne für heute?"

Kayano nickte. ,,Ja, wir wollen uns gleich die Stadt ansehen."
,,Das klingt gut! Wir müssen unsere letzte Zeit noch auskosten!", rief er fröhlich.

Unsere letzte Zeit... Stimmt. Bald kommen wir in die Oberschule.

Betrübt linste ich zu Karma. Wir würden auf verschiedene Schulen gehen. Davor hatte ich am meisten Angst.
Karma holte er sein Handy hervor und schaltete auf die Innenkamera.

,,Lasst uns den Moment doch festhalten", schlug er vor und hielt grinsend das Handy hoch. Kayano und ich lächelten in die Kamera.
,,Tolle Idee!", sagte der Doppelgänger von Koro-Sensei und beugte sich runter, um ebenfalls in die Kamera zu schauen.

Karma machte ein Selfie und plötzlich ging alles ganz schnell. Er hob eine Pistole mit BB Kugeln, schoss auf den Oktopus und lachte, als dieser erschrocken aufschrie. Unsere Mitschüler drehten sich zu uns um und einige hoben ebenfalls Pistolen, mit denen sie auf ihn schossen.

Das klingt jetzt vielleicht verrückt, aber ich würde die täglichen Anschläge vermissen. Diese Überraschungsangriffe auf unseren Lehrer, der jedes mal lachend auswich, uns Tipps gab. Und jedes mal, wenn uns die Kugeln ausgegangen waren, war jeder von uns in gewisser Weise erleichtert.

,,Wollen wir ins Meer?", fragte mich Kayano nach dem Beschuss.
,,Äh, ich hab leider keine Badehose dabei, sorry", sagte ich verlegen. Eigentlich hatte ich keine Lust, dass wieder so etwas wie letztens passierte.

,,Ach so, ist nicht schlimm", antwortete sie. ,,Ich geh mal zu Kanzaki, okay?"
,,Na klar."

Ich sah mich um. Chiba und Hayami saßen etwas abgeschottet von uns Anderen im Sand und starrten aufs Meer, während sie irgendeine tiefgründige Unterhaltung führten. Wie immer mit einem gewissen Abstand zueinander.

Ich ließ meinen Blick weiterschweifen, bis er am Lagerfeuer hängen blieb. Dort stand Karma und wurde gerade von Okuda angesprochen, die ihm einen Grillspieß anbot. Er lehnte ab und starrte in die Flammen.

Das Mädchen stellte sich neben ihn und betrachtete ebenfalls das Feuer. Augenblicklich durchfuhr mich ein Gefühl der Eifersucht, als sie ein Gespräch begannen und ich sah, wie Okuda über etwas lachte, was er gesagt hatte. Ob sie interessiert an ihm war?

Auf einmal schaute er in meine Richtung und seine Mundwinkel hoben sich amüsiert. Ich zuckte zusammen. Hatte er gemerkt, wie sehr ich ihn anstarrte?

,,Hey Nagisa! Lust ein paar Bälle zuzuspielen?", rettete mich Sugino und ich drehte mich zu ihm um.
,,Ja gerne", sagte ich erleichtert. Wir warfen uns zu und ich staunte über seine Wurfkraft.

,,Du bist ja wirklich viel beweglicher geworden, Sugino", stellte ich bewundernd fest.
,,Jaa." Er nickte stolz und sprang in die Luft, um meinen Ball zu fangen. ,,Ich hab gehört, dass Kanzaki auch Baseball mag. Ich überlege, mir mal ein Spiel mit ihr anzusehen."

,,Tolle Idee!" Ich sah zu ihr und Kayano hinüber, die etwas weiter weg saßen. Erst jetzt bemerkte ich, dass sie uns zusahen. Ich lachte verlegen, als Kayano den Daumen hob und wandte mich wieder ab.

How to love an Assassin ♡ KarmagisaWhere stories live. Discover now