7. Im Onsen

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(POV. Nagisa)

,,Kann ich dich mal was fragen?", durchbrach ich die Stille.
,,Mhm", brummte Karma und öffnete die Augen, als sei ihm plötzlich etwas eingefallen. ,,Warte. Eigentlich wollte ich dich was fragen."

,,Okay?", fragte ich verdutzt.
,,Was ist das für ein Handabdruck?"
Er zeigte auf seine Wange.
,,Den sieht man noch?", murmelte ich und er schüttelte den Kopf. ,,Nicht mehr. Heute morgen. Also?"

Sein erwartungsvoller Blick ließ mich seufzen. Ihm entging ja wirklich gar nichts...
,,Ich hatte Streit mit meiner Mutter..."
,,Ich dachte, zwischen euch würde es besser klappen?"

,,Ja, schon... Mein Vater war nur da und danach hat sie immer schlechte Laune. Ist aber auch egal. Ich bin dran", sagte ich. Mir gefiel es nicht besonders, über meine Eltern zu reden. Karma nickte langsam.

,,Warum warst du am Strand so komisch?"
,,Was meinst du?"
,,Als wir den Alkohol getrunken haben. Du hast die ganze Zeit so geguckt... Also... irgendwie verstört."

,,Ah." Er musterte das Wasser. ,,Naja, ich bin davon ausgegangen, dass ich zum ersten Mal Alkohol trinken würde. Aber dann habe ich den Geschmack aus meiner Kindheit wiedererkannt. Deswegen war ich verwirrt."

,,Hä?" Ich verstand gar nichts mehr.
Er knabberte nachdenklich an seiner Unterlippe herum. ,,Also... Keine Ahnung ob du das schon weißt, aber meine Eltern sind so gut wie nie Zuhause. Als ich kleiner war, auch schon nicht."

Ich nickte stumm. Das hatte ich mir schon gedacht.
,,Und wenn sie mal da waren, habe ich sie genervt, für Aufmerksamkeit. Wenn sie schlechte Laune hatten, haben sie mir dann immer gesagt, dass ich eine Belohnung bekomme, wenn ich die Klappe halte. Und die Belohnung war ein Spezialsaft."

Er machte Anführungszeichen in die Luft und lachte trocken. ,,An die Abende erinnere ich mich kaum, ich bin aber auch immer schnell eingeschlafen. Am nächsten Morgen waren sie wieder weg. Wenn überhaupt haben sie mir nur einen Zettel hinterlassen."

,,...Spezialsaft?", wiederholte ich. Dann kam mir die Erkenntnis wie ein Schlag. ,,Deine Eltern haben dir Alkohol gegeben?"
Er nickte und musterte mich aufmerksam. ,,Davon gehe ich aus."

,,Bist du dir sicher?", fragte ich noch einmal nach. Ich konnte das kaum glauben. Wie konnte man denn so verantwortungslos sein, und seinem kleinen Kind Drogen geben?

Karma fasste sich an den Hals. ,,Dieses Brennen beim Runterschlucken, ich liebe das. Es muss Alkohol gewesen sein. Außerdem würde das erklären, wieso so viele der Abende, an denen meine Eltern Zuhause waren, so verschwommen sind. Und es würde erklären, wieso ich so zurückgeblieben bin."

Ich seufzte. ,,Warum hast du gerade denn so viel getrunken?"
Seine Mundwinkel hoben sich. ,,Ich konnte es einfach nicht fassen. Und abgesehen davon... war es verdammt lecker."

Uff...

(POV. Karma)

Seine Mum war das mit dem Handabdruck also. Wirklich frustrierend. Wenn es die Trottel aus dem Hauptgebäude gewesen wären, hätte ich sie zusammenschlagen können.

Aber... wahrscheinlich hätte er sich selbst auch wehren können. Am Strand ist es ja genauso gewesen.

Verträumt erinnerte ich mich an das Gefühl zurück, ihn festzuhalten. Er war leichter gewesen als ich es erwartet hatte. Ich hatte ihn kaum runter lassen wollen. Schon alleine seine Hände, die auf meinen Schultern gelegen hatten, hätten mich in Brand setzen können.

Ich liebte die Art, wie er mit seinen Händen umging. Alles was er berührte, tat er mit einer Nachsicht, als bestünde seine Umwelt aus Porzellan. Als bestünde ich aus Prozellan. Wieso gefiel mir das? Ich war doch keine Puppe.

,,Hey Nagisa", sagte ich gedankenverloren.
,,Hm?", blubberte er. Sein Kopf war bis zur Nase ins Becken getaucht, sodass ich nur noch seine Augen sehen konnte. Sie schienen im schwachen Licht zu leuchten.

Dann hob er den Kopf, so, dass das Wasser nur noch bis zu seinem Kinn reichte.
,,Was ist los?"
Ich zögerte und sah in den Himmel. ,,Wegen dem, was am Strand passiert ist... Sorry. Ich wusste nicht was ich tue. Das lag wahrscheinlich am Vodka."

Ja, ja, das war gelogen. Natürlich war es das. Ich hatte ganz genau gewusst, was ich tat und dabei Nagisas Grenzen getestet. Vielleicht lag es irgendwie ja tatsächlich am Alkohol, aber Nagisa war auf jede meiner Berührungen eingegangen, was ein gutes Zeichen sein musste.

Zwei Dinge standen jedenfalls fest.
Erstens: Ich mochte ihn. Das hatte sich am Strand bestätigt.
Und zweitens: Wenn Koro-Sensei nicht gekommen wäre, hätten wir uns geküsst. So richtig geküsst, wie in einem Romance Anime.

Ich sah noch sein Gesicht vor mir, wie er nur auf meine Lippen gewartet hatte... Deshalb blickte ich wieder zu ihm auf. Er starrte zurück und für einen Moment erkannte ich Bedauern in seinem Blick. Jedenfalls glaube ich, dass es Bedauern war.

,,Ja klar... versteh ich", murmelte er und sah weg. ,,Bei mir war das auch so, denk ich."

Nervös spielte er mit seinen Fingern. Ich starrte ihn verblüfft an und begann zu Grinsen. ,,Achja? Das sieht aber ganz anders aus..."
Er sah mich fragend an und ich deutete auf seinen Schoß. ,,Seit wann hast du denn dieses Problemchen da?"

Seine Augen weiteten sich erschrocken. Schnell, und mit knallroten Gesicht, versuchte er seinen Schritt mit den Händen zu bedecken, doch ich schnappte eines seiner Handgelenke und glitt durchs Wasser auf ihn zu.

,,Kann es sein, dass du mich gerade angelogen hast? Nagisa?"
Meine Stimme glich einem Flüstern und meine Wangen taten von dem ganzen Grinsen weh. Nagisa starrte mich verdattert an.

,,Warum, Karma? Du warst doch derjenige, der mich fast geküsst hat... Warum bist du jetzt so gemein?", murmelte er und entzog sich meinem Griff.

Ich lachte entzückt. Mit so einer Antwort hatte ich nicht gerechnet. Es war schwerer als gedacht, nicht sofort über ihn herzufallen.

,,Tjaa, Nagisa... Das weiß ich selber nicht so genau", sagte ich. ,,Ich denke, ich will endlich ein Geständnis hören. Hast du mir denn gar nichts zu sagen?"
,,Ein – ein Geständnis?" Nun war er derjenige, der flüsterte.

Auf einmal hob er die Hände und hielt sie an meine Wangen. Ich sah auf und wollte ihn fragen was das werden solle, als er mir plötzlich beträchtlich nahe kam. So schnell, dass ich gar nicht mehr hinterher kam. Im nächsten Moment lagen seine Lippen auf meinen.

Wa-?

Ich saß nur da und starrte ihn verblüfft an. Das seltsame Kribbeln schien sich in meinem Körper auszubreiten, als seine Zunge um Einlass bittend über meine Unterlippe strich.

Vor Überraschung hatte ich ganz vergessen zu atmen und merkte erst, wie mir die Luft ausging, sobald er sich in meinen Mund schob. Es fühlte sich so an, als würde mich eine Schlange erwürgen.

Seine Zunge bewegte sich zaghaft gegen meine und es hätte mich nicht gewundert, wenn sie gespalten gewesen wäre. Meine Gedanken waren so wirr. Mein Kopf war wirr. Alles war wirr. Also...?

Warum gefallen mir diese Berührungen so sehr?

Ich schnappte nach Luft und begann, den Kuss zu erwidern. Dabei legte ich meine Arme um ihn und schloss die Augen.

Dieser zierliche Junge... hatte mich mit einem Kuss so überwältigt, dass seine Berührungen langsam aber sicher meinen ganzen Körper entflammen ließen. Und das, machte mich verdammt nochmal an...

How to love an Assassin ♡ KarmagisaWhere stories live. Discover now