74- Lebst du noch?

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Aleyna

"Lebst du noch? Ich bin im 10ten Stock, exe den Jägi-Shot, na na na na, und ich bet zu Gott, guck es regnet noch, erst gehst du on, dann gehst du off."

Laut ertönt Samras Stimme in meinen Airpods. Seine Stimme zu hören tut weh, dennoch hab ich es vermisst.
Genau vor zwei Wochen, ist es her, seitdem ich mein Koffer gepackt habe und zu meinen Eltern nach Hamburg gezogen bin.

Vielleicht ist mein Grund übertrieben, vielleicht müsste ich an seiner Seite bleiben und ihn von den Drogen weghelfen. Doch diesmal war es anders. Ich habe nur geweint und bin gegangen. An jeden Augenblick dieses Momentes kann ich mich erinnern, man kann es auch nicht vergessen. Es ist wie eine tiefe Wunde, in der man immer wieder Salz streut. Eine Wunde, die nie heilt.

"Wieso musst du wieder ziehen, Hüssein? Wieso?",rief ich und kämpfte die Tränen zurückzuhalten.
"Man wieso regt dich das auf? Mir gehts doch gut damit."

"Du zerstörst uns beide damit. Ich will dir doch helfen, davon zu kommen. Stattdessen ziehst du immer mehr.",weinte ich und drehte mich mit den Rücken zu ihm.

"Weißt du was, geh doch! Keiner braucht dich hier! Geh, geh dein Weg. Wieso gehst du nicht ha?",schrie er mich aufgebracht an und kam mir bedrohlich nahe. Es war wieder wie am Anfang, ich hatte diese Angst vor ihn, vor seine Handlungen, vor seine Reaktionen. "Ich, ich will an deiner Seite bleiben. Dir helfen, aber du-",stotterte ich und schaute ihm in seinen dunkelbrauen Augen, die voller Wut waren.

"Ich brauch dich nicht. Verstehs doch. Ich will dich nicht an meiner Seite. Ich will deine Hilfe nicht. Ich will nichts außer Ruhe von dir.",schnaufte er. Der Alkoholduft stieg mir in der Nase und ich bemerkte, dass er noch dazu komplett besoffen war.
"Dann werd ich halt gehen. Ich halte mich nicht in Orten auf, wo ich nicht gemocht werde",flüsterte ich und lehnte mich an der kalten Wand, während Hüssein sich runter zu mir beugte. Er lehnte seinen Körper gegen mich und schaute mir direkt in den Augen.
Eine Gänsehaut überfuhr mich als er seine Lippen auf meine drückte und mich sanft küsste. Seine volle, rosane Lippen schmeckten nach Zigaretten gemischt mit Alkohol, etwas wie Wodka. "Geh.",hauchte er gegen meine Lippen und wisch mir meine rollende Träne mit dem Daumen weg.

Ich fuhr mir mit dem Finger über den Lippen und merkte wie mir unbewusst wieder die Tränen hochkamen. Nicht mal als ich meinen Koffer packte, hielt er mich auf. Er schrieb mir dann noch die nächsten Tage, bis ich ihn überall blockierte. Genau wie all seine Freunde und Capi. Ich wollte nichts mehr von Berlin wissen.

Das Lied hat er aufgenommen, als wir uns ganz am Anfang gestritten hatten, als er mit mir wegen Nader Schluss machte, und ich drei Tage mein Zimmer nicht verließ.
Und es schien mir, als ob er mich wirklich fragen würde ob ich noch lebe.
Er meinte in der letzten Nachricht, ich soll mich melden, wenn ich wieder bereit bin unsere Beziehung weiterzuführen, denn wir machten in keiner Sekunde Schluss.

"Aleyna, komm mal her.",rief meine rumänische Mutter mir zu. Mit dem Ärmel vom Pulli wischte ich mir meine Träne weg und band meine Haare zu einem leichten Dutt.

"Ja, Mama?"
"Kannst du bitte zu Mediamarkt mit deiner Schwester gehen und ihr ein neuen Ladekabel kaufen? Ich hab keine Zeit dafür."
"Sicher geh ich. Ich hol noch schnell meine Tasche."

So gut wie es geht, versuchte ich die Traurigkeit vor meiner Mutter zu überspielen. Ich lenkte mich mit Sachen wie diese ab und merkte nicht mal wie die Zeit um mich verging.

"Du kannst auch hier parken." Meine Schwester zeigte auf einen freien Platz.

Natürlich stoppten mich beim Reingehen zwei Fangirls, die sehr nett waren und ein paar Bilder mit mir machten. Manchmal hab ich echt kein Bock mehr auf den Fotos, doch ich muss meinen Fans zumindest das zurück geben. Denn ohne denen wäre ich nicht, da wo ich heute bin. Ich hätte kein Geld, wäre nicht Fame und hätte dadurch nicht Samra kennengelernt.

Als ich das Geschäft endlich betritt, war ich erleichtert. Da ich eine Mund-Nasenschutzmaske tragen musste, konnten mich nicht wirklich viele erkennen.
Während sich meine Schwester den Ladekabel holte, schaute ich mich um und mein Blick blieb bei einen Pulli hängen. Ein Pulli mit einem sehr bekannten Gesicht.

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Sag mir nicht|SAMRAWo Geschichten leben. Entdecke jetzt