Ein Wille ohne Grund

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Ach komm schon Lia. Hör auf so geknickt zu sein. In Selbstmittleid zu baden bringt dir genau gar nichts! David wird dich immer mögen, egal ob du Schauspieler oder Müllsammler bist!“

Meine Innere Stimme versuchte mir die Wahrheit vor Augen zu führen. Zur Abwechslung hatte sie auch mal Recht. Zumindest gab ich mir große Mühe dies zu glauben.

„So jetzt!“

David kam grinsend zurück hinter die Theke, legte sofort das Tablett weg und zog mich an seine Brust. Fest umschloss er mit seinen Armen meinen Körper, was ich gerne erwiderte.

„Ich wollte mir Zeit nehmen für eine Umarmung“, sagte er sanft in mein Ohr.

Ohne es kontrollieren zu können formten sich meine Mundwinkel sofort zu einem Grinsen. Diese Worte veranlassten mich dazu ihn noch fester zu drücken.

Hab ich dir doch gesagt!“, stellte sich mein Inneres Ich triumphierend auf den Gipfel ihres Sieges, von dem ich es am liebsten gleich wieder runtergeschubst hätte.

Nach einer durchaus langen Umarmung lösten wir uns wieder und er sah mir in die Augen und sagte lächelnd: „Schön, dass du vorbeischaust.“

Zufrieden entgegnete ich ebenso ein Lächeln und bemerkte mit verwundertem Beigeschmack wie sehr ich diese Umarmung gerade genossen hatte.

„Ich musste irgendwie…“

Kurz versank ich in Gedanken, weil mir der Grund für mein Kommen schon irgendwie bewusst war, aber noch etwas zu fehlen schien.

„Hast du uns schon so sehr vermisst?“

Schmunzelnd sah er mich an. Auf einmal verhakten sich unsere Blicke so sehr, dass es mir unmöglich war davon loszukommen. Sein Blick war so tief… nein, so innig… so… so… Ich fand keine Beschreibung, die dem gerecht werden konnte. Es lag so viel in diesem Blick, dass es mich wie tausend Worte überrollte. Als wolle er mir etwas sagen, das von großer Bedeutung war. Etwas, das ich noch nicht wusste und somit eine geheimnisvolle Note beinhaltete.
Ich merkte wie sehr er sich zwang seinen Blick von mir loszubekommen. Er schaffte es schließlich erst, als er sich dafür entschied sich komplett von mir wegzudrehen.

Er schüttelte seinen Kopf, um dann verwirrt geradeaus zu starren.
WAS war DAS bitte???

Überfordert versuchte ich meine zerstreuten Gedanken zu dieser komischen Situation zu sammeln.
Schon die Umarmung war inniger als gewöhnlich. Allein, dass er sich extra Zeit nimmt, um mich auch lange genug umarmen zu können. Und dann dieser tiefe Blick, der mir versuchte etwas zu sagen, dass ich entweder nicht verstehen oder einfach nicht hören wollte…

David erwachte aus seiner Starre, fuhr sich über den Nacken und ließ seinen Blick über die Gäste wandern, in der Hoffnung, dass jemand etwas von ihm brauchte. Doch mein eigener gekonnt schneller Scan sah nur glückliche Gäste.

Unangenehm…

„Ahhhh, Lia!“

Aus Schreck machte ich einen kleinen Hops zur Seite und drehte mich langsam um. Warum um alles in der Welt muss Harry so laut und vor allem so plötzlich durch diese Schwingtür kommen?

„Oh Sorry. Warum denn so schreckhaft? Schön dich zu sehen.“

Mit einem großen Grinsen nahm mich Harry in eine Umarmung gefolgt von Jenna, seiner Frau.

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Ich überreichte mein Mitbringsel und verweilte dort knappe freudige zwei Stunden. Die unangenehme Situation zwischen David und mir hatte sich dank dem plötzlichem, ich füge hinzu fast Herzinfarkt verursachtem, Auftauchen seiner Eltern auch ziemlich schnell wieder aufgelöst. Aber in den kurzen Blicken die er mir zuwarf lag immer noch etwas so Unergründliches, das ich gerne genauer erforscht hätte. Aber ein tiefes Gefühl in mir warnte mich davor es wirklich wissen zu wollen.

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