Nicht sein Ernst!?

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*Lia‘s Sicht*

Als ich ihm den Teil erzählte, wo ich in dieser verzwickten Situation war und plötzlich so schlaue Worte von mir gab, meinte er folgendes:

„Weißt du Lia, das klingt für mich sehr stark danach, als hätte Gott durch dich gesprochen.“

Da ich ihm mein Unverständnis in einem Blick signalisierte, versuchte er sich zu erklären.

„Nun ja, du meintest mal, dass dich etwas davon abgehalten hatte wieder nach Hause zu fahren, als du ihn suchtest. Und dass dich deine Beine mysteriöserweise genau zu ihm geführt hatten. Und jetzt erzählst du, dass es sich so anfühlte, als würde jemand durch dich sprechen. Und ich denke, dass das alles nur auf eine Sache zurückzuführen ist. Gott.“

Nachdenklich versuchte ich diese Begebenheiten Revue passieren zu lassen.

„Ich hatte in diesen Momenten tatsächlich oft ein Stoßgebet zum Himmel geschickt.“,
entgegnete ich gedankenversunken.

„Ja, ich denke Gott ist dir näher als du denkst.“

In meinem Kopf setzten sich immer mehr Puzzleteile zusammen. Wenn dieser Gott wirklich in der Lage war, mich in all diesen brenzligen Situationen so zu führen, war das echt krass.

„Woher weißt du das?“,
fragte ich auf einmal.

„Ich bin halt mit diesem Gott schon sehr lange unterwegs und ich lerne ihn mit jedem Tag besser kennen. Ich habe auch schon solche Sachen erlebt und noch viel mehr. Ich weiß, dass er da ist und sich für mich interessiert. Dass er möchte, dass ich mein Leben mit ihm lebe. Und das tue ich. Und so lasse ich mich jeden Tag von ihm führen. Zumindest versuche ich das. Und das gilt auch für dich.“,
erklärte er.

„Okok, das geht mir jetzt grad ein bisschen zu schnell. Darüber muss ich nachdenken.“

Wenn dieser Gott von dem er da sprach wirklich existierte und solche Sachen mit ihm möglich waren, dann will ich diesen Gott auch besser kennenlernen.

„Wenn du Fragen oder so hast, kannst du gerne immer auf mich zukommen.“,
bot er mir an.

„Ja danke.“

David versuchte mich dann mit Alltäglichem abzulenken bis wir uns entschlossen einen Film zu schauen. Das war genau das, was ich jetzt brauchte.
Ablenkung.

Irgendwann im Laufe des Films kuschelte ich mich an ihn. Erstaunlicher Weise dachte ich mal nicht darüber nach, ob das nun klug wäre oder nicht. Ich wusste ich brauchte jetzt Nähe und das Gefühl von Geborgenheit. Und die konnte ich gerade in seinen Armen finden.

Da ich so auf die Handlung im Film konzentriert war, nahm ich nur wage wahr, dass David irgendwann einen Kuss in meine Haare platzierte.

Zufrieden schloss ich meine Augen, als der Abspann des Filmes startete.

Nur einen kurzen Moment später spürte ich Davids Hand über mein Gesicht streichen, woraufhin sich meine Augen wieder öffneten.

Davids Blick lag auf mir. Aber nicht in meinen Augen.
Sondern etwas tiefer.
Er musterte behutsam meinen Mund.
Und je länger ich ihn dabei beobachtete desto mehr sah ich wie Hunderte Gedanken durch seinen Kopf stolperten.

„Was los?“,
fragte ich ihn leise.

Leicht erschrocken schoss sein Blick weg von meinem Mund hin zu meinen Augen, als ob er realisierte, dass ich ihn bei seiner Musterung beobachtet hatte.

„Hmm?“,
reagierte er immer noch in Gedanken.

„Jetzt würde ich gerne wissen, was in deinem Kopf gerade abgeht.“,
lachte ich.

„Zu viel, Lia.“,
nuschelte er gedrückt und brachte etwas Abstand zwischen uns.

Verwirrt sah ich ihn an und hoffte gleich schlauer aus dieser Aussage zu werden.
Aber wenn ich gewusst hätte, was jetzt kommt, hätte ich lieber nicht wissen wollen, was er gerade denkt.

„Ich weiß das ist jetzt vermutlich der wohl unpassendste Moment, aber ich weiß nicht wann und wie ich es dir sonst sagen sollte.“,
begann er getragen von Nervosität.

„Aber…
Weißt du…“,
stotterte er.

„Wir sind jetzt schon so lange befreundet und ich schätze dich als Freundin wirklich sehr. Aber irgendwann, ich weiß nicht mehr wann, begann ich mir mehr als nur Freundschaft zu wünschen.“

Dies Worte hatte er gesagt ohne mich dabei anzusehen.
Doch dann blickte er mir wieder in die Augen.
Und das sehr tief und eindringend.

„Lia, ich will der einzige Mann in deinem Leben sein. Und ich will, dass du Mir gehörst. Ich will nicht nur für dich da sein, wenn du mal an mich denkst. Ich will IMMER für dich da sein. Ich will mit dir zusammen durch alle Höhen und Tiefen des Lebens gehen. Lia, ich mag dich und das wirklich wirklich sehr.“

Meine Reaktion?
Ich starrte ihn mit offenem Mund an.

Ich brauchte einen kurzen bzw. sehr langen Moment, um zu verstehen, was er mir da gerade gesagt hatte.

Und als ich verstand, brodelte ich über.

„Das ist durchaus einer der dümmsten Momente, die es überhaupt geben kann!“,
platze es aufgebracht aus mir heraus.

„Hast du schon vergessen warum ich so am Boden zerstört zu dir gekommen war? Wegen Rob, David! Wegen IHM!“,
fügte ich laut hinzu und sprang vom Sofa auf.

„Wie wenig Mitgefühl hast du eigentlich, dass du mir sowas genau jetzt sagen musst???“

Tränen voller Wut und Trauer rollten über meine, von den vorherigen Tränen schon ausgetrocknete Haut meines Gesichtes.

Komplett fertig mit den Nerven sammelte ich entschlossen meine Sachen zusammen und suchte den Weg zur Haustüre.

„Lia, warte doch.“,
schrie er mir noch nach, aber da war ich schon draußen.

Ich konnte es einfach nicht glauben! Ich war so stink sauer!
Was erwartete er bitte von mir? Dass ich ihm mit einem lauten „Ja, ich will“ um den Hals sprang?
Hatte er ernsthaft gedacht, dass er nun mit Rob konkurrieren konnte, nur weil er jetzt im Gefängnis war? Wie dreist war das bitte?
Er hätte so viele Möglichkeiten gehabt mir das zu sagen, aber er wählte lieber den absolut dümmsten Moment überhaupt. Ich konnte es nicht fassen!
Als ob ich jetzt nicht eh schon genug sorgenvollen Kummer hatte. Jetzt soll ich auch noch überlegen wie ich mit dem geöffneten und viel zu verletzlichen Herzen meines besten Freundes umgehen soll? Als würde mein Drama nicht schon reichen. Er setzte nochmal eins drauf. Ich war so furchtbar enttäuscht und voller Unverständnis.

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Am nächsten Tag im Café hoffte ich ihm nicht zu begegnen. Ich betete, dass er sich nicht traute aufzutauchen, um sich irgendwie zu entschuldigen oder sich wieder aus der Scheisse rauszureden. Ich war immer noch stinkt sauer. Ich konnte einfach nicht verstehen, wie unsensibel man eigenltich sein konnte.

Mit jeder Faser meines Körpers wollte ich Rob sehen. Und das am liebsten sofort!
Ich wollte mit ihm reden, ihn in den Arm nehmen, einfach nur sicher gehen, dass er immer noch gleich fühlte. Diese Unsicherheit machte mich wahnsinnig.

Deshalb wollte ich mich so schnell wie möglich informieren, wann und unter welchen Bedingungen ich ihn im Gefängnis besuchen durfte.

Aber da holten mich auf einmal unerfreuliche Fakten auf den Boden der Tatsachen zurück.

Ich konnte ihn nicht besuchen…

Ganz egal wie sehr ich das wollte.

Ich konnte nicht.

Es würde uns beide in Gefahr bringen.
Immerhin wurde ich bei der Gerichtsverhandlung als Opfer dargestellt. Und ein Opfer geht seinen Feind nicht besuchen.

Weitere Tränenreiche Stunden ließen mich über diese Tatsache trauern.
6 Monate ohne ihn weder sehen noch sprechen zu können…

Wie soll ich das überleben???

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Nach einer Nacht voll Tränen und Kummer wachte ich mit einem bestimmten Satz auf:

„Schreib ihm doch einen Brief.“

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