Lauwarme heiße Schokolade

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Nachdem ich von diesen eisigen Klauen befreit war, wich mein Körper reflexartig ein paar Schritte zurück. Immer noch erstarrt und wie benommen. Meine Sicht war verschwommen von den Tränen in meinen Augen. Ich konnte nicht erkennen was hier vor mir passierte und selbst wenn, passierte es viel zu schnell.

*Rob’s Sicht*

Als ich dieses Brüllen durch die Türe hörte konnte mich nichts in der Welt mehr in diesem Zimmer festhalten. Lia schien in Gefahr zu sein, denn das war alles andere als ein nettes Gespräch unter Freunden.

Also trat ich entschlossen aus der Tür und was ich um die Ecke sah, bestätigte meinen Verdacht. Mein Helferinstinkt schlug Alarm und so befreite ich Lia von dem festen Griff ihres Gegenübers.

Lia wich zurück, sodass ich mich sofort zwischen sie und ihm stellte. Er sollte nicht auf die Idee kommen ihr nochmal nahe zu kommen.

Niemand fasst eine Frau so grob an.
Der Schrecken in ihrem Gesicht war nicht zu übersehen.

„Ich denke du solltest jetzt gehen.“, versuchte ich ihm streng klar zu machen, aber ohne ihn zu provozieren.

„Ich denke DU solltest gehen.“, entgegnetet er ärgerlich.

Ein leicht spöttisches Lachen entwich ungewollt meinem Mund.

„Ich denke, du hast bereits genug angerichtet.“

Ich machte einen kleinen Schritt auf die Seite und deutete auf Lia, die an den Küchenblock lehnend auf dem Boden saß und wie eine Statue geradeaus starrte.

„Oh man Lia.“

Besorgt rannte er auf Lia zu und kniete sich vor sie hin. Ich hatte zu lange überlegt, ob ich ihn aufhalten sollte, aber nun war es schon zu spät.

„Lia, es tut mir so leid.“,
gab er leise mit Mitgefühl von sich, aber sie schien nicht zu reagieren.

Ich war vorsichtshalber nähergekommen, um bereit zu sein, weitere unkluge Handlungen von unserem Freundchen abzuwehren.

„Bitte geh.“,
hörte ich ein leises Krächzen aus Lias Mund.

„Lia, ich wollte das nicht, bitte verzeih mir, oh man Lia, es tut mir so leid.“,
winselte er, um sich rauszureden, machte aber keinen Anstand aufzustehen und zu gehen.

Also fasste ich ihm unter den Arm und zog ihn hoch. 

„Sie sagte du sollst gehen!“,
machte ich ihm deutlich klar, indem ich meinen Griff an seinem Oberarm verstärkte.

Die Verfolger Rolle hatte ich schon lange nicht mehr gespielt, aber ich denke mein böser Blick, jagte ihm genügend Angst ein. Also ließ ich ihn grob los, indem ich ihm noch die Richtung zur Türe zeigte.

Mit den Worten „Was ist hier eigentlich?“ verließ er niedergeschmettert die Wohnung.

Als die Türe ins Schloss fiel, merke ich wie sich große Erleichterung in mir ausbreitete.

Sofort schaute ich nach Lia, die genau an der gleichen Stelle am Boden saß wie letztes Mal, als sie zusammengebrochen war. Nur dass sie dieses Mal nicht weinte, sondern immer noch wie eine Statue geradeausstarrte. Weil sie jetzt schon mehrere Minuten genau so dasaß, fand ich das schon leicht gruselig. Wie konnte man denn solange in dieselbe Richtung starren, ohne sich auch nur ein bisschen zu rühren?

Die erste Idee, die mir kam, war ihr eine heiße Schokolade zu machen. Also tat ich das.

In den letzten 5 Minuten hatte ich das starke Bedürfnis gehabt Lia beschützen zu müssen. Und deshalb hatte ich so reagiert wie ich reagiert hatte. Und ich hoffe inständig, dass das auch für sie okay war und nicht völlig unangebracht. Immerhin war ich nur jemand, der ein paar Tage in ihrer Wohnung Unterschlupf suchte. Vielleicht stand ich ihr nicht nahe genug, um das Recht zu haben ihren Freund aus der Wohnung zu schmeißen. Ich spürte wie immer mehr Unsicherheit in mir hochkam, was mich erstmal erschreckte. Ich war eigentlich selten unsicher. Ich wusste immer genau was ich tat, und ich bereute selten etwas. Deshalb überraschte mich diese plötzliche Unsicherheit so sehr. War ich an meinem persönlichen Tiefpunkt angelangt oder war diese unglaubliche Frau der Auslöser, um die ich mich gerade wirklich sorgte?

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