"Vertraust du mir nicht?"

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Nachdem ich ihm noch eine Weile nachgeschaut hatte, obwohl er schon lange nicht mehr zu sehen war, spürte ich sanft eine Hand auf meiner Schulter.

Rob hatte sich ganz nah hinter mich gestellt. So nah, dass ich seine Wärme spüren konnte. Sanft legte er seinen Kopf an meinen und strich mir zärtlich über den Arm. Diese unglaublichen Gesten veranlassten mich dazu einmal tief durchzuatmen und der Schrecken konnte langsam weichen. Irgendwie schaffte es Rob, wie kein anderer, mich zutiefst zu beruhigen. Auch wenn ich vor ein paar Wochen noch das Gegenteil behauptet hätte.

Ich entschied mich, mir von diesem Vorfall jetzt nicht diesen perfekten Tag versauen zu lassen. Also drehte ich mich entschlossen um und meinte:

„Das Outfit nehmen wir auf jeden Fall. Was sagst du zu den anderen?"

Nachdem wir Robs neue Garderobe gekauft hatten, beschlossen wir, dass es klug wäre diese Stadt jetzt zu verlassen, bevor wir Adrian nochmal ungewollt begegnen würden.

„Warum biegst du ab?",
fragte Rob, als ich mich dem Navi widersetze.

„Glaubst du ich fahr mit dir zwei Stunden in eine Richtung nur um shoppen zu gehen?"

„Ich dachte das war der Plan, ja?"

Lächelnd schüttelte ich den Kopf.

„Warte ab."

„Okay Madame. Solange wir uns nicht komplett verfahren ist alles gut."

Wollte er mich etwa wieder provozieren?

„Vertraust du mir etwa nicht?"

„Doch, doch, natürlich!",
verteidigte er sich schnell.

„Das hört sich aber nicht so überzeugt an."

„Ich vertraue dir, Lia!",
sagte er plötzlich um einiges ernster, als erwartet.

„Mit jedem Tag mehr, seit ich dir das erste Mal vertrauen musste, als ich dein Angebot angenommen habe.",
fügte er hinzu, woraufhin erstmal eine Weile nur mehr die Musik im Auto zu hören war.

Irgendwie störte es mich gar nicht, dass es sich schon lange nicht mehr normal zwischen uns anfühlte. Jede seiner Aussagen, die in diese gewisse Richtung deuteten, verpassten mir ein Kribbeln im Bauch. Ich versuchte mich nicht mehr dagegen zu wehren mich in ihn zu verlieben. Es war nämlich schon passiert.

Ich hatte mich in einen obdachlosen kriminellen Verfolger verliebt.

Was das für Auswirkungen für die Zukunft hatte, wusste ich noch nicht. Aber darüber wollte ich im Moment auch nicht nachdenken.
Gerade freute ich mich einfach nur mit ihm an diesen wunderschönen Ort zu fahren.

„Wow"

Da standen wir nun.
Am Fuße einer Ruine auf einem kleinen Berg mit Blick über die ganze Gegend.
Innerlich dankte ich Gott für den perfekten Zeitpunkt, denn der Himmel würde sich bald in einen wunderschönen Sonnenuntergang verwandeln.

„Hast du absichtlich so einen romantischen Ort ausgesucht?",
fragte er mich plötzlich.

„Du findest ihn also romantisch?",
gab ich ihm die Rückfrage.

„Naja, die Burg, der Ausblick, die tief stehende Sonne. Fehlt nur noch romantische Musik zum Tanzen."

Genau in diesem Moment ertönte auf einmal aus dem Nichts Musik. Und zwar romantische Musik.

Wir sahen uns kurz mit großen Augen an und fingen dann zum gleichen Zeitpunkt an zu lachen.

Das konnte doch nicht nur Zufall sein. Als ob einfach mal jemand um die Ecke genauso den Ausblick genoss und auf die Idee kam slow music reinzumachen.
Eigentlich dachte ich, dass wir hier die einzigen Menschenseelen sein würden, aber anscheinend kannten auch noch andere diesen geheimen perfekten Ort.

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