Jahr 3: Kapitel 5 - Der Tag danach

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Gemeinsam verließen die Lehrkräfte und der Hausmeister das Büro des Verteidigungslehrers, um noch einmal in den Korridor zurückzukehren. Das Wasser lief nicht mehr, doch der Boden war noch nass. Die Schrift an der Wand stand ebenfalls noch unheilverkündend da, doch sie war dunkler als zu Beginn. Interessiert lief Amina zu der Schrift und roch an ihr. Definitiv Blut. Amina holte ein leeres Döschen und ein Messer aus einer ihrer Hosentaschen und kratzte etwas von der Schrift ab. Vielleicht konnte sie herausfinden, von was das Blut stammte.

„Was machen Sie da?", fragte Minerva, als sie neben sie trat. „Ich nehme mir eine Probe. Vielleicht finde ich heraus, von was das Blut ist. Es scheint auf jeden Fall mit einer Hand geschrieben worden zu sein." Amina zeigte ihr an den Spuren, wie sie zu diesem Schluss kam. Gilderoy redete derweil ununterbrochen von irgendwelchen haarsträubenden Vermutungen, welche wahrscheinlich allesamt falsch waren. Albus beriet sich flüsternd mit Severus. Dieser war schließlich ein Experte für dunkle Künste. Im Gegensatz zu dem Blonden. „Ich denke, wir können hier nichts weiter tun.", erklärte Albus nach seinem Gespräch mit Severus. „Es wird morgen eine Lehrkräftekonferenz geben. Bis dahin sollten alle möglichst über die Geschehnisse des heutigen Abends schweigen." Er besah den Verteidigungslehrer mit einem durchdringenden Blick.

Noch vor dem Unterricht des darauffolgenden Tages fing Amina an, die Blutproben zu untersuchen. Doch das Ergebnis war sehr ernüchternd. Es war Tierblut und auch nicht magisch. Doch von welchem Tier es genau stammte, konnte sie nicht sagen. Dazu bräuchte sie eine Blutprobe zum Vergleichen. Wäre es ein magisches Wesen, hätte sie es einfacher gehabt, denn von denen gab es bei Weitem nicht so viele wie von den Nichtmagischen.

Der Unterricht zog sich an diesem Tag. Keiner der Lernenden konnte sich wirklich konzentrieren und es schien nur ein Thema zu geben. Die Kammer des Schreckens. Amina konnte sich nicht daran erinnern, je von ihr gehört zu haben. Sie ging jedoch davon aus, dass ihr Urgroßonkel etwas über diese Kammer wissen würde. Diese Schule hatte wenige Dinge, von denen er nichts wusste. Sie selbst war nie eine große Abenteurerin gewesen, weshalb sie viele Dinge nicht über diese Schule wusste. Auch die Geheimgänge, die es in der Schule geben sollte, kannte sie nicht. Ihr war es auch nie wichtig vorgekommen, solches Wissen zu besitzen.

Die Lehrkräftekonferenz war für nach dem Abendessen angesetzt, so würde Amina noch Zeit haben, mit Myrte zu reden. Aus ihrer Toilette war das Wasser gekommen. Sie machte sich nach dem Unterricht auf in die Mädchentoiletten. Der Korridor war inzwischen wieder trocken, nur die Schrift war noch an der Wand zu sehen. Blut löste sich nicht gut von Stein. Vielleicht sollten sich die Hauselfen der Sache annehmen, anstatt der Hausmeister.

In der Toilette war keine lebende Person. Die meisten der Schülerinnen hielten sich von dieser Toilette fern. Zudem war sie im Moment ohnehin gesperrt. Amina würde sich also in aller Ruhe mit dem Geistermädchen unterhalten können.

„Myrte? Bist du da?", fragte sie in den Raum rein. „Amina? Meine Freundin! Du hast mich ja schon ewig nicht mehr besucht! Hast du mich vergessen?!", hörte sie die jammernde Stimme. „Wie könnte ich dich vergessen, Myrte. Ich komme dich doch mindestens einmal in der Woche besuchen." Amina lehnte sich an eines der Waschbecken und sah zu der Toilette, aus denen sie die Stimme gehört hatte. Myrte steckte ihren Kopf durch die Tür und sah sie mit tränenden Augen an. „Bist du nur hier wegen der Sache von gestern Abend? Wolltest du mich eigentlich gar nicht sehen? Ein Mittel zum Zweck? Bin ich das für dich?!" Ihre Stimme wurde immer lauter, während sie dramatisch um Amina herumschwebte.

Amina schüttelte den Kopf. „Ja, ich bin wegen der Sache von gestern hier. Allerdings auch, um dich zu fragen, ob es dir gut geht. Schließlich geschah das Ganze direkt vor deiner Tür und vielleicht auch ein Stück weit hier." „Das mit dem Wasser war ich! Peeves hat mich auf der Todesfeier von Nick furchtbar geärgert und da bin ich hier her geflohen! Ich wollte mich umbringen aber...das hat nicht funktioniert, da ich ja schon tot bin!", heulte sie. Amina betrachtete das Chaos in dem Raum. Der Boden war noch nass und die Türen der Toiletten in einem schlechten Zustand.

„Hast du mitbekommen, was vor der Tür los war?", fragte Amina in ruhigem Ton. „Nein! Ich war zu sehr mit meinem Selbstmord beschäftigt!", fuhr Myrte sie an. Sie nickte verstehend. „Du hast diese Toilette ziemlich umdekoriert. Sieht schrecklich aus.", wechselte sie das Thema. Das Geistermädchen konnte ihr in diesem Fall wohl nicht weiterhelfen. „Oh, danke schön!" Myrte spielte verlegen mit ihrem Haaren. Sie unterhielten sich noch eine Weile, bis Amina sich von dem Geistermädchen verabschiedete. Es war Zeit für das Abendessen und sie hatte nasse Füße. Ein unangenehmes Gefühl, wenn man in einer Toilette stand. Sie hinterließ nasse Abdrücke auf dem steinernen Boden auf ihrem Weg in die Große Halle. Bis sie angekommen war, waren ihre Füße auch wieder trocken.

Nach dem Abendessen trafen sich alle Lehrkräfte im Lehrkräftezimmer. Sogar Sybill und Cuthbert waren gekommen. Beide konnte man nur selten außerhalb ihrer Klassenzimmer antreffen. Amina saß wie immer neben Severus. Dieser hatte eine ernste Miene aufgesetzt und starrte auf einen Punkt an der Wand. Sie konnte seine Sorge spüren, welche er nicht zu verstecken schien.

„Gestern wurde Argus Katze Mrs. Norris versteinert an einem Fackelhalter in einem Korridor im zweiten Stock gefunden.", fing Albus die Konferenz an und sorgte damit für allgemeines Schweigen. „Wir haben bis jetzt keine Anhaltspunkte, wer dafür verantwortlich sein könnte. Wir können lediglich froh sein, dass es keinen unserer Lernenden getroffen hat. Amina, konntest du herausfinden, mit was die Schrift an die Wand geschrieben wurde?" Albus sah sie fragend an.

„Es war eindeutig Menschenblut. Nicht wahr, Amina? Ich habe ja bereits gesagt...", bevor Gilderoy weiterreden konnte, unterbrach Amina ihn, indem sie mit ruhiger, aber bestimmter Stimme an Albus gewandt sagte: „Es war Tierblut von einem nicht magischen Tier. Leider kann ich nicht sagen von welchem. Ich habe heute Nachmittag Myrte gefragt, ob sie etwas bemerkt hat. Sie meinte, sie sei für die Zerstörung der Mädchentoiletten verantwortlich und dementsprechend auch für die Überflutung in dem Korridor. Sie war allerdings so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass sie nichts von der Versteinerung mitbekommen hat." „Wir können also davon ausgehen, das, was auch immer passiert ist, nicht sehr laut war?", fragte Aurora.

Amina schüttelte den Kopf. „Nein, Myrte hätte wahrscheinlich nicht mal etwas davon mitbekommen, wenn es sich direkt in der Toilette abgespielt hätte. Im Prinzip wissen wir nichts." „Wir wissen, dass derjenige von der Kammer des Schreckens weiß.", widersprach ihr Filius. „Das stimmt aber jeder, der Die Geschichte Hogwarts gelesen hat, weiß von der Legende um die Kammer.", mischte sich Minerva ein. Amina zog die Augenbrauen zusammen. Stand in dem Buch etwas von dieser Kammer? Vielleicht sollte sie es mal wieder lesen. Das letzte Mal war vor über zehn Jahren. Was wahrscheinlich auch der Grund war, warum sie sich nicht an die Kammer erinnern konnte.

„Was hat es mit der Kammer auf sich?", fragte Pomona. „Ein Hirngespinst ist sie. Nichts weiter.", antwortete ihr Cuthbert. „Die Kammer des Schreckens ist angeblich von Salazar Slytherin erschaffen worden, bevor er nach dem Streit mit den anderen Schulgründenden die Schule verließ. Er hat sie versiegelt. Nur sein Erbe sollte die Kammer öffnen können. Es heißt, in ihr verberge sich ein Monster.", erklärte Albus. „Viele Schulleiter, auch ich, haben nach der Kammer gesucht. Doch keiner konnte sie finden. Vor fünfzig Jahren wurde die Kammer anscheinend zum ersten Mal geöffnet. Zu dieser Zeit starb eine Schülerin dabei. Wir müssen alles in unserer Macht Stehende, tun, dass es nicht wieder so weit kommt."

Albus sah die Lehrkräfte ernst an. „Pomona hat junge Alraunen-Pflanzen. Severus wird aus den Pflanzen, sobald sie alt genug sind, ein Gegenmittel gegen die Versteinerung herstellen können. So lange wird die arme Mrs. Norris in diesem Zustand bleiben müssen." Es trat ein betretenes Schweigen ein. Amina wusste, um welche Schülerin es sich handelte. Myrte war damals gestorben. Sie hatte es Amina gegenüber mal erwähnt, doch sie vermied es lieber darüber zu sprechen und Amina respektierte das. Wobei Myrte weniger gegen ihren Tod etwas hatte als vielmehr, wie es überhaupt dazu gekommen war.

„Ich bitte jeden von Ihnen, der Schülerschaft lediglich die Informationen weiterzugeben, die sie auch in dem Buch finden würden. Zudem sollte in jedem Fall betont werden, dass es sich bei der Kammer um eine Legende handelt. Bis heute wurde sie noch nicht gefunden. Auch über das Monster darin ist nichts bekannt." Einvernehmliches nicken war die Antwort. Nur Gilderoy schien wieder auf sich aufmerksam machen zu wollen und stellte wirre Theorien auf, was das für ein Monster in der Kammer sein könnte.

Nach der Konferenz wollte Amina nur noch ins Bett. Es war ein anstrengender Tag und sie fürchtete, dass auch die Folgenden nicht einfach werden würden. Die Lernenden waren aufgewühlt und das zurecht. Auch bei den Lehrkräften konnte sie viel Sorge spüren. Sie würde aufpassen müssen, sich nicht von der allgemeinen Stimmung zu sehr mitreisen zu lassen. 

Die Alchemistin - Bis in den TodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt