Jake und die anderen 3 Ärzte standen vor den Monitoren und unterhielten sich über die Bilder. Allerdings benutzten sie Wörter und Fachbegriffe, die ich nicht kannte und deshalb nicht verstand, wie schlimm das alles ist. Ich wurde von Sekunde zu Sekunde ängstlicher. Was ist, wenn ich wirklich nie wieder laufen kann? „Jake", sagte ich mit zittriger Stimme. „Ich bin gleich bei dir, mein Schatz", erwiderte mein Bruder ohne seinen Blick von den Monitoren abzuwenden. Ich spürte, wie sich meine Augen wieder mit Tränen füllten und meine Sicht verschwamm. „Ja, also wie Sie wissen, es kann konservativ und operativ behandelt werden, es liegt genau auf der Grenze. Allerdings muss sie wirklich still halten und darf sich nicht bewegen", sagte die Rachel zu meinem Bruder, während die zwei sich wieder mir widmeten und die anderen zwei Ärzte aus dem Raum verschwanden. Ich spürte, wie mein Herz mit rasen begann. Ich möchte nicht operiert werden. „Also Prinzessin", begann Jake, während er die Bänder, die meinen Körper auf dem Brett fixierten, löste, „du kannst dich wieder bewegen. Es ist glücklicherweise keine schlimmere Rückenmarksverletzung und auch keine dauerhafte. Deine Wirbel und Knochen sind alle intakt und du hast auch nur eine leichte Gehirnerschütterung. Der Grund, warum du deine Beine nicht bewegen kannst, ist ein Bluterguss, der wahrscheinlich durch dein Surfbrett entstanden ist und auf die Nerven drückt. Dadurch können diese ihre Signale nicht weiter senden und es kommt zu einer Lähmung. Aber auch das ist nichts Dauerhaftes, trotzdem muss der Bluterguss entfernt werden. Dabei gibt es zwei Optionen. Es kann operativ entfernt werden oder konservativ, also ohne OP. Der Bluterguss ist glücklicherweise an einer sehr guten Stelle, an die man auch von außen sicher herankommt. Zuerst würde Dr. Greyson das Blut drainieren, also mit einer Nadel absaugen, bevor sie dir ein Mittel injiziert, das hilft das restliche Blut schnell aufzulösen und zu verteilen. Ich würde wirklich gerne die Risiken, die bei einer Operation an der Wirbelsäule entstehen, vermeiden und das konservativ behandeln, aber dazu musst du mitmachen. Es ist wichtig, dass du ruhig liegen bleibst und deinen Rücken nicht bewegst. Dr Greyson wird mit einer Nadel in die Nähe deines Rückenmarks und Nerven gehen, damit ist absolut nicht zu spaßen. Du musst ruhig liegen bleiben, auch wenn es weh tut. Denkst du, dass du das kannst? Wenn nicht, ist das auch in Ordnung, aber du musst es mir ehrlich sagen". Ich spürte, wie Anspannung von mir abfiel und sich Erleichterung breit machte. Lieber bekomme ich 10 Spritzen, als operiert zu werden. „Ich halte still, versprochen", erwiderte ich schnell. „Es wird aber weh tun", ernst sah Jake mich an. Das tun doch eh alle Spritzen. „Ist okay", antwortete ich. Von Sekunde zu Sekunde wurde ich entspannter. Ich hätte nie gedacht, dass ich mich mal über eine Spritze freue. Aber das ist definitiv besser als eine OP. „Kann ich danach meine Beine wieder bewegen?", stellte ich vorsichtig die Frage, die mir im Moment am wichtigsten war. „Nicht sofort, aber ja, du wirst in den nächsten Stunden das Gefühl in deinen Beinen zurückbekommen und sie wieder vollständig bewegen können", antwortete Jake zu meinem Erleichtern. Ich spürte, wie sich die restliche Anspannung von mir abfiel und sich auch mein Herzschlag wieder normalisierte. Ich werde wieder laufen können. Ich war so dankbar. „Aber du musst die Nacht hier bleiben, da führt kein Weg daran vorbei", sagte Jake, während er mir auch vorsichtig die Halskrause wieder löste, aber auch das machte mir komischerweise nichts aus. Keine OP und ich werde wieder laufen können, das reicht mir aus. Da nehme ich eine Nacht im Krankenhaus und ein paar Spritzen gerne in Kauf. „Also eine konservative Behandlung?", hakte die Ärztin bei Jake nach, was dieser mit einem Nicken beantwortete. „Dann werde ich alles herholen", erwiderte Rachel, bevor sie aus dem Raum verschwand. „Ich würde Jackson dazu holen. Du kannst zwar deine Beine nicht bewegen, aber deinen Oberkörper. Jackson wird Dr. Greyson unterstützen und seine Hände auf deinem Rücken halten, damit du dich nicht selber verletzt, falls du dich doch bewegen solltest. Ist das okay für dich, wenn Jackson das macht?", fragend sah mein Bruder mich an, was ich mit einem nicken beantwortete. Ich kenne Jackson schon seit ich klein bin und hatte damit kein Problem. „Tut es arg weh? Warum tut es überhaupt weh, wenn ich meine Beine nicht spüre?", fragte ich nun doch etwas nervös. „Der Bereich liegt außerhalb des gelähmten Bereiches, deshalb wird das nicht ganz schmerzlos verlaufen. Im Rücken verlaufen viele Nerven und du hast einen sowieso schon schmerzhaften Bluterguss. Es wird definitiv wehtun. Du wirst die Nadel spüren und Druck, wenn Dr. Greyson das Blut drainiert. Das wird etwas schmerzhaft. Wenn sie dir anschließend das Mittel, das das Blut besser auflösen soll, injiziert, wird es mehr wehtun. Es wird brennen und es wird ein ekliges Druckgefühl entstehen. Ich möchte dir damit keine Angst machen, aber es ist wichtig, dass du weißt, was dich erwartet und dich nicht erschrickst, wenn es plötzlich mehr wehtut, als du denkst. Ich setze mich zu dir und du kannst meine Hand halten. Es ist okay, wenn du weinst, weil du Angst hast oder es wehtut und du sollst das bitte nicht unterdrücken. Weinen hilft, die Gefühle herauszulassen und die Anspannung abzubauen. Es wird dir also auch dabei helfen, ruhig zu bleiben und das ist essenziell wichtig", erklärte mir Jake. Ich nickte. Es tat gut, zumindest wieder meinen Oberkörper bewegen zu können. Ich war noch immer mit der Decke zugedeckt und hatte darunter nur meinen Bikini an, der inzwischen allerdings wieder trocken war. „Kannst du bitte deinen Kopf zur Seite drehen, ich möchte mir noch deine kleine Platzwunde anschauen", sagte Jake, während er sich Handschuhe anzog und ich nun doch etwas nervös war. Langsam tat ich, was er von mir wollte und legte meinen Kopf auf die Seite. Jake zog etwas von meinem Hinterkopf weg, was kurz etwas weh tat, bevor er meine Haare beiseitelegte. „Muss das genäht werden?", fragte ich zähneknirschend. „Nein, es gibt andere Möglichkeiten der Wundverschließung am Kopf, aber das machen wir später. Ich desinfiziere das kurz und lege dir ein neues steriles Tuch darüber und den Rest erledigen wir später", antwortete mein Bruder zu meinem Erleichtern. Es brannte ein wenig als Jake die Platzwunde desinfizierte, aber es war zum Glück nicht sehr schlimm. Ich wurde jedoch immer nervöser wegen dem, was mir gleich bevor stand...
