78

1.4K 163 9
                                    

Alex POV

Auch wenn wir versucht hatten das Ganze unauffällig abzuwickeln, haben natürlich trotzdem ein paar Schüler mitbekommen, dass etwas nicht stimmte.

Von außen sieht sowas oft schlimmer aus als es letzen Endes ist und solche Vorfälle geschehen öfters als man denkt. Das ist nicht zu unterschätzen, aber auch nicht überbewerten.

Von außen betrachtet ist es generell immer schwer so eine Situation einzuschätzen, da das nötige Fachwissen fehlt.

Ich ließ meinen Blick durch die Schüler, die sich außerhalb des Zaunes befanden, gleiten, konnte aber nichts Ungewöhnliches entdecken. Mila saß noch immer mit Sara und den anderen drei Mädchen abseits der anderen Schüler, jedoch hatte Milas Körpersprache sich verändert.

Ihre Beine hatte sie angewinkelt an ihren Oberkörper gezogen und die Arme darum gelegt. Sie schützte mit dieser Haltung ihren Oberkörper und machte sich kleiner, um nicht aufzufallen.

Ihr Blick fiel immer wieder sprunghaft über die anderen Schüler, als ob sie etwas suchen würde. Das tat sie allerdings nicht mit Absicht, sondern unterbewusst.

Das alles verriet mir, dass sie sich unwohl und unsicher fühlte.

Mila hat bestimmt mitbekommen, dass etwas passiert ist, konnte es aber nicht zuordnen.

„Ich bin gleich wieder da", informierte ich meine Kollegen, bevor ich mich auf den Weg zu meiner kleinen Schwester machte. Sie spielte nervös mit ihren Fingern herum, während sie leicht mit ihrem Fuß wippte.

Als Mila mich sah, konnte ich an ihrer Körpersprache erkennen, wie sie sich sofort wieder etwas entspannte.

Sie hörte auf mit dem Fuß zu wippen und ließ ihre Hände ruhig auf ihren Beinen liegen. Die Körperspannung ließ etwas nach und sie setzte sich aufrechter hin.

Auch das geschah alles unterbewusst, zeigte mir jedoch, dass sie sich sofort sicherer fühlte, da sie wusste, dass ich in der Nähe war.

Das alles sind automatische Abläufe, die jeder Mensch zeigt und macht, die jedoch oft von anderen Menschen oft nicht erkannt werden.

Für uns, mit unseren Kenntnissen in diesem Bereich, fiel uns sowas natürlich auf und gab uns immer viel Aufschluss darüber, wie sich jemand fühlt.

Es ist gut, dass sich Mila in unserer Anwesenheit entspannen kann und ihr unterbewusst bewusst ist, dass sie keine Angst haben braucht, wenn sie mit uns unterwegs ist. Sie vertraut uns und zeigt uns das unterbewusst auch immer wieder.

Das ist ein natürliches Verhalten, dass auch bei Kindern und deren Eltern oft festzustellen ist. Die Körpersprache eines kleineren Kindes verändert sich meist, wenn die Eltern in der Nähe sind.

Das Kind weiß, dass es sich in der Anwesenheit der Eltern nicht um die eigene Sicherheit kümmern muss und diesen Part die Eltern übernehmen.

Das liegt in der Natur der Menschen und selbst bei Babys, die noch nicht einmal denken können und die Welt noch nicht verstehen, ist dieses Phänomen feststellbar.

Das betrifft aber nicht nur die Eltern, sondern auch oft ältere Geschwister, oder Großeltern. Alles Menschen, die dem Baby nahe stehen und ihm Sicherheit geben.

Das kann im Laufe des Lebens verlieren gehen, wie bei Mila und dad, oder sich ausbauen, wie bei ihr und uns.

Langsam stand Mila auf und lief mir entgegen. „Muss ich heim?", fragte sie als sie vor mir stehen blieb.

„Nein. Ich wollte nur fragen, ob alles okay ist?", erwiderte ich. Natürlich wusste ich bereits, wie und warum Mila sich so fühlt, aber indem wir laut darüber redeten, prägt es besser in ihr Bewusstsein ein, dass es keinen Grund gab sich unwohl zu fühlen.

„Ja, warum?", versuchte meine Schwester ihre Unsicherheiten zu verstecken, was auch wieder an ihrer Körpersprache zu erkennen war.

Sie nahm ihren rechten Arm und kratze sich an ihrem linken, den sie einfach nur hängen ließ. Damit versteckte sie unterbewusst die Wahrheit, was physisch daran zu sehen war, dass sie einen Teil ihres Oberkörpers versteckte.

„Das gerade die Polizei hier war, hatte nichts mit den verschwundenen Mädchen zu tun. Wir haben nur 3 Jungs festgenommen, die ohne nachzudenken eine dumme Entscheidung getroffen haben, mehr nicht. Hier ist es noch genauso sicher wie zuvor", versuchte ich Mila etwas zu beruhigen, ohne ihr zu viele Details zu nennen.

Sofort sah ich, wie erneut ihre Körperspannung nachließ. „Es ist alles gut, Prinzessin", sagte ich zur Bestätigung: „du kannst noch bis 1 uhr bleiben, wir können aber auch gleich gehen, wenn dir das lieber ist".

„Ich will noch bleiben", antwortete Mila sofort. „Okay. Denk dran, es ist wirklich alles gut und ich bin nicht weit weg, sollte doch etwas sein", sprach ich ihr ein letztes Mal gut zu, was Mila mit einem Nicken bestätigte, bevor sie wieder zu den anderen zurücklief.

Sie wirkte schon deutlich entspannter als vorhin. Oft braucht es nur eine Bestätigung, egal ob verbal oder nonverbal, um einen verunsicherten Menschen wieder zu beruhigen.

Ich lief zurück zu meinen Kollegen, wo wir weiterhin ein Auge auf die meist schon sehr betrunkenen Schüler hatten. Auch Dylan, der sich zusammen mit seinem Zwilling und Mason zu Mila setzte, war nicht mehr ganz standsicher.

Wir hatten kein Problem, wenn sie ab und zu Alkohol tranken, das haben wir in ihrem Alter auch gemacht, aber es ging nicht, dass vor allem Dylan zu schnell die Kontrolle verlor und es übertrieb. Ihn musste man bei vielem noch wie in kleines Kind kontrollieren und zügeln.

Auch Liam und seine Freunde setzten sich zu Mila, sodass aus den 4 Mädchen schnell eine größere Gruppe wurde. Sie unterhielten sich und lachten zusammen, weshalb ich beschloss Mila noch ein paar Minuten zu geben, auch wenn es bereits nach 1 Uhr war. Aber genau das waren diese Momente, die in ihrem Gedächtnis bleiben werden und die sie mal wieder brauchte.

Wie erwartet war es, auch mit dem kleinen Zwischenfall, ein sehr ruhiger Abend. Als sich die Gruppe um Mila herum gegen halb 2 schließlich auflöste, beschloss ich, dass es nun ebenfalls Zeit war für sie nach Hause zu gehen.

Ich redete noch kurz mit meinen Kollegen, bevor ich mich von ihnen verabschiedete und zu meinen jüngeren Geschwistern lief. Inzwischen waren es nur noch sie und Liams Freunde, die auf die Wiese saßen und sich unterhielten.

Als Mila mich kommen sah, stand sie bereits auf und klopfte das trockene Gras von ihren Beinen. Ein Blick zu Dylan verriet mir, dass er inzwischen ziemlich betrunken war. Lachend saß er neben Mason und starrte Löcher in die Luft.

„Wie viel hast du denn getrunken?", fragte ich an ihn gerichtet. Dylan sah mich mit seinen glasigen Augen an und zuckte mit den Schultern. „Eindeutig zu viel", antwortete sein Zwilling für ihn.

„Das sehe ich", erwiderte ich: „komm, aufstehen. Du gehst auch mit nach Hause". „Ich will aber noch bleiben", antwortete Dylan trotzig.

„Nein, du kommst mit, genauso wie du", richtete ich mich nun auch an Mason. Auch ihm war anzusehen, dass er ziemlich betrunken war „Warum ich? Ich bin nicht so betrunken", sagte er sofort. „Doch bist du. Davon abgesehen bist du 16 und es geht auf 2 am zu, du kommst auch mit nach Hause. Alle beide bitte aufstehen, damit wir gehen können", sagte ich auffordernd zu den beiden.

Widerwillig standen meine beiden jüngeren Brüder auf, wobei sowohl Dylan als auch Mason Probleme hatten, nicht sofort wieder umzufallen.

„Viel Spaß zu Hause", sagte Luke grinsend an seinen Zwilling gerichtet, wofür er einen warnenden Blick von mir bekam: „du kannst auch gleich mitkommen, wenn du möchtest".

„Bin schon still", erwiderte Luke sofort. „Das mag ich dir geraten haben. Ruft an, wenn etwas ist", sagte ich zu ihm und Liam, bevor ich mich meinen anderen drei jüngeren Geschwistern widmete und wir uns auf den Weg nach Hause machten...

Big Brothers 7Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt