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Alex POV

Ich ließ die noch warme Hand des Jungen los, während Jayden ebenfalls von ihm abließ. Wir rollten ihn auf den Bauch und legten auch ihm Handschellen an.

"2. Verdächtige ausgeschaltet, Code 4", gab ich über Funk unseren Statusbericht durch. Beide hätten das hier überleben können, aber sie haben sich für den Tod entschieden. "Die anderen beiden flüchtigen Verdächtige haben sich in einem Lagerhaus einen Block weiter verschanzt, wir gehen rein", kam der Statusbericht des dritten Teams.

"Wer bleibt hier, wer geht rüber?", fragte Klaus, mein Teamleiter an uns gerichtet. "Ich geh'", erwiderte ich sofort, gefolgt von Jayden. Es mussten 2 Agents hier bei den Toten bleiben, während wir uns dem dritten Team anschlossen und somit unsere Chancen erhöhten, die anderen zwei Verdächtigen hoffentlich lebend zu fassen.

Es war nie einfach jemanden zu erschießen oder in den Tod zu begleiten, aber das gehörte zu unseren Berufen dazu. Es war nicht die erste Person, der ich das Leben nahm und es wird auch nicht die letzte sein.

Zusammen mit Jayden verließ ich den Vorgarten des Hauses und wir liefen die leergefegte Straße entlang. Von den Fenstern der umliegenden Häuser wurden wir von den Anwohnern beobachtet, welche fast alle ihr Handy in der Hand hatten und telefonierten. Es wird sich schnell unter den Gangs herumsprechen, was hier gerade passiert.

Wir liefen mit gezogenen Waffen zu dem dritten Team, während ich nach Grafits an den Häuserwänden Ausschau hielt. Es sah aus, als würden wir uns auf dem Territorium der 49ers befinden. Eine größere und sehr gut organisierte Gang.

Grundsätzlich war das schlecht, aber für uns in diesem Fall sehr gut. Die 49ers sind sehr schlau und sie werden sich hier nicht einmischen, zu hoch ist das Risiko, dass sie eventuell geschnappt würden. Andere, kleinere Gangs würden hier ihre Chance wittern, sich in der Rangordnung hochzuarbeiten, indem sie versuchen unseren Einsatz zu stören. Sie hatten oft mehr zu gewinnen als zu verlieren, was bei den 49ers genau das Gegenteil war.

Jayden und ich hatten nach nur 2 Minuten die besagte Lagerhalle erreicht. "LAPD, legt die Waffen nieder und kommt mit erhobenen Händen aus dem Haus", schrie einer der SWATs mit einem Megafon "das Haus ist umstellt, ihr werdet hier nicht raus kommen".

Es war eigentlich klar, dass die beiden nicht freiwillig aufgeben werden, trotzdem versuchten wir das alles natürlich immer ohne Gewalt zu lösen.

"Wir gehen rein" entschied der Teamleiter des 3. Teams, "das SWAT kommt von hinten, wir von vorne". Wir folgten den Anweisungen unseres Teamleaders und machten uns auf den Weg zu dem vorderen Eingang, während das SWAT von hinten kam.

Wir mussten extrem vorsichtig sein. Wenn sich solche Leute in die Enge getrieben fühlten, waren sie oft zu allem bereit.

So leise wie möglich durchsuchten wir schnellstmöglich einen Raum nach dem anderen. Solche Hallen waren sehr groß und damit auch sehr unübersichtlich. Glücklicherweise war sie wenigstens leer und augenscheinlich verlassen.

Zusammen durchkämmten wir alles auf der Suche nach den zwei Verdächtigen, während das SWAT uns von der anderen Seite aus entgegen kam. Ich lief gefolgt von den anderen 5 Agents in den nächsten Raum. Sofort zielte ich mit meiner Waffe auf den schwarzen, vielleicht 16 Jahre alten Jungen, der sich dort in einer Ecke verschanzt hatte.

"FBI, Hände hoch", schrie ich sofort. Seine angsterfüllen-Augen fixierten mich, während er sofort die leeren Hände in die Luft riss. Neben ihm lag ein Schlafsack und eine kleine Plastiktüte mit Klamotten. Er war keiner der Verdächtigen, sondern wahrscheinlich einfach nur ein obdachloser Junge, der hier die Nacht verbringen wollte. Trotzdem ging die Sicherheit natürlich vor und ich durchsuchte den Jungen nach Waffen, allerdings hatte er nichts dabei.

"Ich wollte nur hier schlafen, als ich die Schüsse gehört habe", erklärte er hektisch. Gerade, als ich etwas erwiderten wollte, sah ich im Augenwinkel wie jemand aus einem anderen, ungesicherten Raum mit gezogener Waffe heraustrat und auf uns zielte.

Ich packte den obdachlosen Jungen am Oberarm und riss ihn hinter mich auf den Boden, während bereits die ersten Schüsse fielen. Der Junge schrie schmerzerfüllt auf. Ich stellte mich vor ihn, als auch ich spürte, wie sich eine der Kugeln in meinen Körper bohrte.

Jedoch ließ mich davon nicht irritieren. Ich zielte auf den Schützen, aber da wurde er schon von den anderen Agents niedergeschossen. Während sie sich um ihn kümmerten, widmete ich mich dem obdachlosen Jungen.

Er hatte zwei Kugeln in seinem rechten Oberschenkel stecken, es wurden aber glücklicherweise keine Arterien verletzt. Schreiend lag er auf dem Boden. Es tat ihm weh, aber er wird nicht davon sterben.

"3. Verdächtiger ausgeschalten" gab Jayden derweil über Funk durch. "Bist du verletzt?", fragte mich einer meiner Kollegen. "Nur am Oberarm, ich kann weiter machen", erwiderte ich. Die Kugel steckte in meinem linken Oberarm. Es pochte und begann etwas zu schmerzen, war aber nicht weiter schlimm.

Ich blickte mich kurz im Raum um und sah, dass Taylor, einer meiner Kollegen ebenfalls getroffen wurde. Er saß auf dem Boden, mit dem Rücken an der Wand gelehnt, während ein weiterer Kolleg-Druck auf seine stark blutende Beinwunde ausübte.

"Zwei verletzte Agents und ein verletzter Zivilist", gab Stephen, der Teamleiter, über Funk durch, bevor er mich fragte: "sicher, dass du weiter machen kannst?". "Ja", erwiderte ich sofort. Eine Fleischwunde am Arm hielt mich nicht von meiner Arbeit ab. Wir hatten immer noch einen flüchtigen Verdächtigen, den wir schnellstmöglich schnappen sollten.

"Okay, Alex, Jayden und ich gehen weiter. Ihr bleibt hier und kümmert euch um die zwei Verletzten und den Toten", wies Stephen die anderen zwei unverletzten Agents an, bevor wir drei uns weiter durch das Gebäude arbeiteten.

"4. Verdächtiger im Osten des Gebäudes gesichtet", gab das SWAT per Funk durch. Gerade als wir uns auf den Weg zu besagtem Ort machen wollten, sahen wir eine Person vor uns aus einem der Räume rennen. Es war ebenfalls ein schwarzer Junge, der noch keine 18 Jahre alt war. Als er uns sah, blieb er wie angewurzelt stehen. Überforderung und Angst war in seinen Augen zu sehen. Aber nicht nur das, irgendwas befand sich in seinem Hosenbund, das von seinem Shirt verdeckt wurde.

"Hände nach oben", sagte ich energisch, während wir alle mit unseren Waffen auf ihn zielten. Wie versteinert stand er da. Er konnte nicht der 4. Verdächtige sein, wir waren genau in der anderen Richtung als dort, wo genau dieser vor ein paar Sekunden gesichtet wurde. Die Frage ist nur, ob er ebenfalls nur ein Zivilist war, oder ob er doch irgendwie zu der Gruppe gehörte.

"Hände nach oben", wiederholte ich meine Worte. Langsam kam leben in den Jungen. "Nix machen", sagte er in gebrochenen Englisch. Er wurde panisch und hektisch. "Keine Waffe haben", schnell zeigte er uns seine Hände, bevor er nach seinem Shirt griff.

"Hey, Hände nach oben", schrie ich ihn an, jedoch zog er schon sein Shirt nach oben und griff nach etwas Schwarzem, dass in seinem Hosenbund steckte. Ich konnte nicht erkennen, ob es eine Waffe war, allerdings sah es danach aus.

"Fallen lassen", schrie nun auch Jayden, aber der Junge erhob seine Hand. Gerade als ich schießen wollte, erkannte ich, dass er keine Pistole in der Hand hatte, sondern nur einen kleinen schwarzen, kleinen Beutel. "Es ist keine", begann ich, jedoch fielen bereits Schüsse und der Junge fiel zu Boden.

Schnell steckte ich meine Waffe weg und lief zu ihm. Mit seiner Hand umklammerte er den kleinen schwarzen Beutel, jedoch entspannten sich seine Finger und sein ganzer Körper, als ich mich zu ihm kniete. Ich griff nach seinem Handgelenk, um nach seinem Puls zu suchen, aber sein Herz hatte bereits aufgehört zu schlagen.

Die Kugeln in seinem Oberkörper hatten ihn sofort getötet. Mein Blick fiel wieder auf den Beutel in seiner Hand. Ich öffnete ihn, worin ein paar zerknüllte Geldscheine, ein altes Foto und eine Halskette vertraut waren.

Der Junge war wahrscheinlich ebenfalls obdachlos und hat hier alles, was er besaß versteckt, damit es ihm nicht geklaut wurde. Ich sah zu Stephen, der gerade ebenfalls realisierte, dass er einen unbewaffneten schwarzen Jugendlichen erschossen hatte...

Big Brothers 7Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt