Kapitel 01 - Was hat sich getan?

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Kapitel 01 – „Was hat sich getan?"

– Julie –

La Push, September 2009

„Julie!", drang sofort eine altbekannte, quietschende Stimme an mein Ohr, kaum hatte ich einen Fuß auf La Pushs Straße gesetzt.

Ich war noch gar nicht ganz aus dem Auto gestiegen, da sah ich bereits freudestrahlend meine beste Freundin Lou auf mich zulaufen, um nicht zu sagen sprinten.

Lou war einer der Menschen, die ich vor einem Jahr nur schweren Herzens zurückgelassen hatte. Hier im Reservat war ich mit vielen Stammesmitgliedern gemeinsam aufgewachsen, doch Lou war von Kindesbeinen an meine bessere Hälfte.

So klein sie war, ebenso laut und ehrlich war sie auch. Vor einem Jahr hatte sie mir so oft ins Gesicht gesagt, wie erbärmlich, schwach und dumm ich sei. Sie wollte stets das Beste für mich und trotzdem hatte ich nicht auf sie hören wollen, oder besser gesagt nicht hören können.
Sie, ich und Kim Connweller waren ein Dreiergespann, das nur schwer auseinanderzubringen war und auch wenn ich mich in London bewusst isolieren wollte, hatte ich doch mindestens alle drei Tage Lou an der Strippe gehabt.

Obwohl ich mich in all der Zeit mit Paul so schrecklich verändert hatte und auch ihre Worte nicht zu mir durchdringen konnten, hatte sie die Freundschaft niemals aufgegeben und hatte mich letztendlich bloß darin bestärkt, für eine Weile nach London zu gehen.

Unter undefinierbaren Quietschgeräuschen fiel mir das kleine, zierliche Mädchen nun an den Hals und sofort hatte mir der Wind ihre dunkelbraunen Haare ins Gesicht geweht.
„Du glaubst ja gar nicht, wie froh ich bin, dass du wieder hier bist!", freute sie sich und drückte mich noch einmal dicht an sich.
„Ich hab dich auch so vermisst", gestand ich ehrlich und strahlte sie mindestens genauso breit an, wie sie mich.

Ehe ich mich versah, hatte mich Lou bereits an der Hand gepackt und war drauf und dran mich zielsicher ins Innere meines Hauses zu ziehen, als ich hörte, wie sich mein Dad demonstrativ räusperte.
Prüfend warf ich einen Blick über die Schulter und erkannte meinen Vater, wie er auffordernd den Kofferraum seines Wagens öffnete und mich mit erhobenen Augenbrauen ansah.

„Ladies, das Gepäck lädt sich aber leider nicht von selbst aus", rief er uns entgegen.
„Es läuft mir aber auch nicht davon, Daddy", entgegnete ich und versuchte mich an meinem unschuldigsten, bezauberndsten Lächeln. „Lou und ich haben uns so viel zu erzählen, bitte!"
Augenrollend gab Dad einen tiefen Seufzer von sich, warf mir dann aber doch einen sanften Blick zu.
„Na schön, nimm wenigstens eine Tasche mit", willigte er schließlich lächelnd ein und nickte uns einverstanden zu.

Ich hatte kaum Zeit zu genießen, dass ich wieder hier war und konnte auch nicht wirklich wahrnehmen, wie sehr ich mein Zuhause vermisst hatte, denn Lou hatte mich vom ersten Moment an in Beschlag genommen.
Auch ich war unheimlich froh sie wiederzusehen und hatte eine Menge zu erzählen, aber für den Moment war ich doch etwas überfordert.

Erst als ich auf meinem alten Bett saß und sich mir gegenüber eine strahlende Lou ausgebreitet hatte, kam es mir kurz vor, als wäre ich niemals weggewesen.
Erwartungsvoll grinste sie mich an und stützte sich auf das rosa Kissen, das sie sich aus der Ecke meines Bettes geschnappt hatte.
„Wie krass ist das? Es ist tatsächlich ein ganzes Jahr vergangen!", plapperte sie sofort drauf los. „Sag an, was hat sich getan?"

„Naja", zuckte ich etwas planlos mit den Schultern.
Das war das Problem daran, wenn man so oft telefonierte. Nach einem ganzen Jahr im Ausland hatte ich bei meiner Rückkehr doch nichts Neues zu berichten.
„Ehrlich gesagt weißt du ja schon alles", gestand ich also lachend und musterte meine beste Freundin kurz schweigend.

Lahote || Twilight / WerwolfWhere stories live. Discover now