Kapitel 11 - Ein völlig eigenständiger Mensch

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Kapitel 11 – Ein völlig eigenständiger Mensch

– Julie –

La Push, Oktober 2009

In letzter Zeit waren die Tage ungewöhnlich schnell an mir vorbeigezogen.
Normalerweise hatte ich immer die Zeit in La Push totgeschlagen, hatte hier und da Lou getroffen, mit Dillon telefoniert und mich all den Gedanken, die in mir aufkamen, hingegeben.
Seitdem jedoch Jacob Bella ins Reservat gebracht hatte, war unsere Gruppe um ein Mitglied gewachsen und damit hatte auch mein Leben eine völlig neue Komponente erhalten.

Ähnlich wie auch um Sam, hatte sich ein neuer Freundeskreis gebildet – Jacob, Lou, ich und immer öfters auch Bella verbrachten viel Zeit miteinander.
Selbst wenn ich nicht einzuschätzen wusste, was genau sich zwischen Jake und Bella abspielte und ob zwischen ihnen wirklich etwas entstehen konnte, genoss ich die Zeit mit ihnen. Wir hatten Spaß, Bella hatte interessante Ansichten und vor allem brachten sie mir Ablenkung.

Ich fand kaum mehr Zeit dazu, mir Gedanken über Paul, unsere seltsame Begegnung oder sein neues Umfeld zu machen. Ich hatte mein Leben und er seines – und das war auch gut so.

„Du klingst glücklich, Babe", seufzte Dillon erleichtert ins Telefon, als ich ihn auf Lautsprecher neben mir auf dem Bett liegen hatte und gleichzeitig meine Haare zu einem Zopf band. „Beinahe ein bisschen zu glücklich, so ganz ohne mich", bemerkte er gespielt verärgert, bevor er leise ins Telefon lachte.
Wäre nun auch noch Dillon hier bei mir in La Push und würde Jake, Lou und sogar Bella kennenlernen, hätte mein Leben zu diesem Zeitpunkt auf keinem besseren Weg sein können.

„Spinner", kicherte ich kopfschüttelnd und sah verträumt auf das Telefon. Ich wünschte, er wäre leibhaftig hier gewesen und nicht bloß der Klang seiner Stimme.
Nach jedem Telefonat wollte ich am liebsten im nächsten Flugzeug nach LA sitzen, um ihn endlich wieder in die Arme schließen zu können, doch dann fiel mir wieder ein, welches Loch mein Jahr in London in meinen Finanzen hinterlassen hatte.

„Du fehlst mir."
„Du mir auch", erwiderte Dillon aufrichtig. „Sobald ich hier weg kann, komm' ich dich besuchen. Aber bis dahin scheinst du dich ganz gut zu schlagen. Ich muss ja gestehen, dass ich ziemlich in Sorge war, als du heimgeflogen bist – so ganz allein."
Selbst aus der Distanz klang Dillon noch so unglaublich einfühlsam und fürsorglich, dass ich seine Nähe sogar hier spüren konnte.
Ich wünschte, er hätte mir schon zu einem früheren Zeitpunkt meines Lebens zeigen können, wie schön sich Zuneigung für einen Menschen anfühlen konnte, wenn sie auf Respekt und Gegenseitigkeit beruhte.

„In Sorge?", wiederholte ich fragend seine Worte.
„Naja, du hast eben nie allzu gut von deiner Zeit Zuhause erzählt, wegen dieses Kerls. Ich hatte ehrlich gesagt etwas Angst, dass du..naja, in alte Muster verfallen könntest."
In Dillons Stimme schwang keine Eifersucht oder ähnliches, bloß ernstgemeinte, liebevolle Sorge, die sich glücklicherweise inzwischen zerschlagen hatte.

Ich hatte ihm im Laufe des letzten Jahres so sehr vertraut, dass ich ihm selbst von meiner Vergangenheit mit Paul erzählt hatte. Zwar nicht die erbärmlichen Details und armseligen Situationen, in denen ich mich wiedergefunden hatte, doch er wusste von meiner emotionalen Abhängigkeit von ihm und wie sie mich immer mehr nach unten gezogen hatte.

„Ach was, das ist Geschichte", versicherte ich ihm selbstbewusst und verdrängte dabei, dass ich vor nicht allzu langer Zeit beinahe durch einen einzigen Blick wieder ins Schleudern geraten wäre.
„Klar, er ist auch hier, aber wir haben nichts mehr miteinander zu tun. Das ist gut. Mir geht's gut – außer dass du mir fehlst."
Zufrieden hörte ich, wie er am anderen Ende der Leitung lachte.

Lahote || Twilight / WerwolfWhere stories live. Discover now