Kapitel 10 - Prägung

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Kapitel 10 – Prägung

– Paul –

La Push, September 2009

„Wow, ist Jacob einfältig", staunte Jared und sah Sam, der vor uns allen stand, beeindruckt an, als wir quer über den Strand lauschten, wie Jacob Bella von den Legenden, die er noch für Ammenmärchen hielt, erzählte. „Dass du das echt so kommen sehen hast."

Ich lauschte ihren Unterhaltungen nur sehr halbherzig. Seitdem ich diesen Strand betreten hatte – oder genau genommen eigentlich seit gestern ununterbrochen – war ich in Gedanken bei den Ereignissen von gestern. Egal wo ich war, verfolgte mich der Gedanke an Julie.
Noch nie hatte ich mich so sehr nach ihrer Nähe gesehnt, wie seit unserem gestrigen Wiedersehen.

„Ach", raunte Sam zu Jared. „Was Jacob tut, ist so leicht vorherzusehen. Er ist hin und weg von dieser Bella."
Kurz herrschte Stille innerhalb des Rudels und bloß die verschiedenen Stimmen der Leute am Strand waren zu hören. Doch Embry wäre nicht Embry, hätte er diese nicht wenig später wieder gebrochen.
„Denkt ihr, Jake wird sich nach seiner Verwandlung auf Bella prägen? Vielleicht spürt er es ja jetzt schon."

Skeptisch guckte Sam drein und zuckte dann mit den Schultern. „Ich weiß nicht, möglicherweise. Ich würde es ihm jedenfalls wünschen. Vorausgesetzt, Bella schlägt sich endlich diesen Cullen aus dem Kopf."

Vielleicht war es der Wolf in mir, vielleicht aber auch der Mensch, der jedes Mal aufhorchte, wenn es um den Freund, von dem ich mich abwenden musste, ging – jedenfalls hatte mein Rudel in diesem Moment meine volle Aufmerksamkeit.
„Was soll sich Jake auf Bella?", hakte ich verständnislos nach und merkte interessiert auf.

Überrascht musterten mich allesamt, ehe sie dann Sam gespielt tadelnd ansahen.
„Ach, die Prägung wurde also noch nicht behandelt?", lachte Embry amüsiert. „Steht die so weit hinten im Wolfs-Handbuch?"
Genervt seufzte Sam, als er zuerst Embry einen verurteilenden Blick zuwarf und seine Augen dann zu mir weiterwandern ließ.
Ich war hier noch nicht lange mit von der Partie, doch dass Sam unter Anspannung stand und ihm die Situation in Forks zu schaffen machte, hatte selbst ich mitbekommen.

„Nimm's mir nicht übel, Paul, aber im Moment gibt es Wichtigeres. Über die Prägung können wir auch später noch sprechen, du hast erstmal mit genug klarzukommen. Du musst erstmal deine Selbstbeherrschung erlangen, da ist die Prägung zweitranging", versuchte er mir klarzumachen, bevor er schließlich seinen Kopf leicht schief legte und mich intensiver musterte.
So hart und forsch Sam äußerlich auch wirken mochte, hatte er doch ein ausgesprochen gutes Feingefühl, was seine Mitmenschen – oder zumindest seine Rudelmitglieder – anging.

Kurz hielt er inne und schien interessiert in meinem Blick zu lesen.
„Es sei denn...", murmelte er leise vor sich hin, ohne mich aus den Augen zu lassen.
Offenbar hatte er es sich binnen Sekunden anders überlegt und hielt es nun doch für eine gute Idee, diese „Prägung" nicht sofort wieder abzuhaken.

„Wir Wölfe, wir können geprägt werden. Wenn wir unserer Seelenverwandten in die Augen sehen, erkennt der Wolf in uns darin seine Gefährtin. Du wirst es spüren, wenn es so weit ist. Ohne sie wirst du niemals wieder vollständig sein. Es gibt nichts Anderes, nichts Wichtigeres mehr, als diesen einen Menschen glücklich zu machen und ihm nah zu sein", erklärte er mit ernster, bedeutungsvoller Stimme, während immer noch dieser aufmerksame Blick auf mir lag.

„Na, das war aber die Kurzfassung", merkte Jared an dieser Stelle an. „Sei froh, Lahote, ich hab' mir damals einen 30-minütigen Vortrag anhören dürfen."
„Bei dir war's ja scheinbar auch nötig, immerhin hat's dich ja sofort mit Kim erwischt", erwiderte Embry, als ich bereits wieder meinen eigenen Gedanken nachhing.

Lahote || Twilight / WerwolfWhere stories live. Discover now