Kapitel 35 - Angst

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Kapitel 35 - Angst

– Julie –

La Push, Juni 2010

Bella und ich hatten uns auf der kleinen Steinmauer, die das Grundstück der Cullens umrahmte, niedergelassen und hatten uns wohl so viel zu sagen, dass wir einander letztendlich bloß anschwiegen.
Ich wusste nicht, wo ich anfangen sollte und zudem formulierten sich alle Fragen, die ich ihr gerne stellen wollte schwer, ohne vorwurfsvoll, verachtend oder verrückt zu klingen.

„Hast du Angst?", war schließlich die Frage, für die ich mich entschied, um das Schweigen zwischen uns zu brechen.
Ich wusste nicht, worauf genau ich abzielte – ob ich ihr Angst vor der Zukunft, Angst vor einer möglichen Verwandlung oder Angst vor diesem Kampf unterstellte.

Bella jedoch schien das gar nicht zu hinterfragen.
„Nein", schüttelte sie überzeugt den Kopf und schenkte mir ein leichtes Lächeln. „Weshalb auch immer du das fragst, aber Angst hab' ich keine."
„Obwohl du so verflucht viele Gründe dazu hättest?"

Wieder zuckten ihre Mundwinkel nach oben, während sie sicher nickte.
„Verrückt, nicht? Ich denk selbst oft darüber nach, aber so sehr ich auch in mich hineinfühle, ich hab' weder Angst, noch Zweifel. Mit Edward bei mir ist das alles in so weite Ferne gerückt, er beschützt mich. Ich glaube niemand hat eine Vorstellung davon, wie sehr ich ihn liebe und wie sicher ich mir in allem bin. Ich will für immer bei ihm sein und so sein wie er."

Davon hatte ich anscheinend wirklich keine Vorstellung, denn den Schritt, den Bella gehen wollte, konnte und wollte ich nicht akzeptieren können. Letztendlich war es jedoch ihr Leben und ihre Entscheidung – egal für wie naiv ich sie hielt.

„Na gut, aber hast du dann keine Angst um Edward? Zumindest jetzt bei diesem bevorstehenden Kampf?"

Dieses Mal wich die Zuversicht aus Bellas Gesicht und sie wich meinem Blick schnell aus.
„Naja", seufzte sie schließlich. „Nicht um Edward und auch nicht um Jasper, Alice, Rosalie, Emmett, Esme oder Carlisle. Edward macht sich anscheinend keine ernsthaften Sorgen um seine Familie, also muss ich das auch nicht. Er und sie werden unversehrt bleiben, da bin ich mir sicher."

Skeptisch runzelte ich die Stirn. Bellas Worte klangen hoffnungsvoll und optimistisch, doch ihre Augen sagten etwas anderes.
„Aber?"

„Aber ich muss mich eben auf Edwards Einschätzung verlassen. Und ich weiß nicht, inwieweit ihn das Risiko für die Wölfe interessiert. Ich will nicht, dass sich Jake und die Anderen unnötig in Gefahr bringen, aber er gibt sich recht zuversichtlich. Was ich davon halten soll, weiß ich selbst nicht recht."

Zweifelnd richtete Bella ihren Blick auf den Kiesweg vor dem Haus der Cullens und auch ich hatte mit einem Mal einen Kloß im Hals.
Die Cullens schienen also überzeugt zu sein, ohne größere Verletzungen aus diesem Kampf hervorzugehen – für die Gestaltwandler galt das allerdings nicht.
Während sich Bella also Gedanken um Jake machte, schnellten die meinen unwillkürlich zu Paul.
Er war selbst Teil dieses Kampfes und stellte sich einer Armee von Neugeborenen. Den Gedanken daran, dass ihm etwas zustoßen konnte, wollte ich in meinem Kopf erst gar nicht zulassen.

„Ich sollte also lieber dir diese Frage stellen, Julie", sagte Bella dann, nachdem sie mich eine Weile schweigend gemustert hatte. „Hast du Angst?"
Obwohl ich sicherlich weitaus weniger Grund dazu hatte, konnte ich keineswegs eine solche Überzeugung wie Bella an den Tag legen.

„Angst? Um dich, meinst du?", fragte ich nach.
Bella lachte heiser und winkte ab.
„Ach was, um mich muss man sich hier als Letztes sorgen. Ich hab' ein Rudel Wölfe und einige Vampire um mich", erinnerte sie mich, wieder mit diesem leichten Lächeln im Gesicht.
„Nein, ich spreche von Paul. Jake hat mir erzählt, was passiert ist. Und wenn diese Prägung nur halb so machtvoll ist wie das, was Edward und mich verbindet, dann kannst du mir nicht erzählen, dass dich das kalt lässt."

Lahote || Twilight / WerwolfWhere stories live. Discover now