Kapitel 43 - Freundschaft

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Kapitel 43 -  Freundschaft

– Julie –

La Push, Juli 2010

Es ist verrückt, wie man über eine gewisse Zeitspanne einem Menschen so nah sein kann und so vieles teilt, und plötzlich ist er von heute auf morgen wieder verschwunden. Man streicht ihn aus seinem Leben und das auch noch aus freien Stücken - ein solcher Mensch war für mich Dillon.

Er war Gast in meinem Leben, hatte so vieles in mir bewirkt und mich weitergebracht. Er war ein Geschenk, doch leider war er nicht der Mann fürs Leben.
Trotzdem hatte ich viel durch ihn gelernt und ich hoffte, dass auch er irgendwann positiv auf unsere Beziehung zurückblicken konnte.

Seitdem ich ihn in LA mit meiner Entscheidung überrumpelt hatte, hatte ich nichts mehr von ihm gehört.
Er war am Tag nach unserer Trennung vermutlich absichtlich erst spät abends, als er sicher war, ich sei längst weg, zurück in seine Wohnung gekehrt.

Wir waren wohl beide nicht scharf darauf gewesen, uns erneut über den Weg zu laufen und uns noch einmal diesen Spannungen auszusetzen. Es war alles gesagt und nichts hätte dazu beigetragen, die Lage zu entspannen.

Die einzige Nachricht, die ich von Dillon erhalten hatte war, dass er mir meine wenigen, restlichen Sachen schicken würde und mir noch ein schönes Leben wünschte.
Wieviel Ironie in diesem Wunsch steckte, konnte ich nicht einschätzen, doch fest stand, dass es ein endgültiger Abschied war. Und ich für meinen Teil hoffte aus ganzem Herzen, dass Dillon noch ein wundervolles Leben führen würde – vollkommen ohne Ironie.

„Dafür, dass du früher jedes Outfit in sämtlichen Farben hattest, weil du dich nie entscheiden konntest, warst du in der Dillon-Sache echt entschlossen", bemerkte Lou nicht zum ersten Mal, als sie auf meinem Bett lag und sie wieder einmal den Kopf darüber schüttelte, dass ich nun tatsächlich wieder hier in La Push war.

Und auch ich selbst kam nur nach und nach wieder hier im Reservat an.
Zwar war ich nun wieder ungebunden und hatte zumindest die Sache mit Dillon geklärt, doch damit, wie ich zu Paul stand, war ich kein Stück weiter.

„Ich weiß, ich sag's so oft", hörte ich Lou seufzen. „Ich hätte dir das mit Dillon wirklich gegönnt, aber ich kann dir nicht sagen, wie froh ich bin, dass du wieder hier bist. La Push ist nicht dasselbe ohne dich und ich bin es irgendwie auch nicht."
„Aw."
Dankbar lächelte ich meine beste Freundin an.

Immer wenn ich sie wieder um mich hatte, wurde mir wieder bewusst, wieviel ohne sie fehlte.
Lou war meine Kindheit, meine Jugend, sie war im Grunde alles und hatte alles mit mir durchlebt.
Dass ich seit einigen Monaten nicht mehr alles mit ihr teilen konnte, war nach wie vor ein beklemmendes Gefühl.

Ich hätte ihr so gerne alles erzählt und ihre Meinung gehört. Immerhin hatte es schon einige Male ihre Worte gebraucht, damit ich mich selbst verstanden hatte.
Auch beim Thema Lahote war sie immer gnadenlos ehrlich gewesen und inzwischen wäre ich auch in der Lage gewesen, mir ihre Ratschläge zu Herzen zu nehmen. Doch vermutlich würde ich niemals wieder ihre Meinung dazu einholen können, denn sie hätte niemals alles in Gänze verstehen können.

Im Grunde musste ich mich also gar nicht nur für oder gegen Paul entscheiden, es war auch eine Entscheidung für oder gegen Lou.
Auch Emily oder Kim hatten ihre Freunde, die nichts mit dem Rudel zu tun hatten, streichen müssen.
Sollte ich eine Zukunft mit Paul also jemals in Erwägung ziehen, müsste ich dafür auf meine beste Freundin verzichten.

„Ich sollte wohl aufhören, ständig von Dillon zu sprechen, was?", riss mich Lou wieder aus meinen Gedanken und sah mich entschuldigend an.
Anscheinend stand mir mein Unbehagen ins Gesicht geschrieben, auch wenn sie nicht ahnte, was dessen tatsächlicher Ursprung war.

Lahote || Twilight / WerwolfWhere stories live. Discover now