Kapitel 15 - „Sei freundlich"

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Kapitel 15 – „Sei freundlich"

– Paul –

La Push, Oktober 2009

Schnellen Schrittes näherte sich Julie und lief um das Haus herum, als sie plötzlich wie angewurzelt stehen blieb, und sah, was hinter dem Haus der Blacks vor sich ging – und vor allem auch, wer sich dort aufhielt.

Sie wollte zu Jacob, doch was sie zu sehen bekam, waren all die Menschen, die sie als Letztes hier erwartet hätte und auch die, die sie hier als Letztes sehen wollte.
Jacob in unseren Kreisen zu sehen, musste sich für sie wie ein Schlag ins Gesicht anfühlen.
Nach meinem gestrigen Auftritt hatte sich ihr Bild von mir sicherlich nicht gebessert und nun saß ich hier, gemeinsam mit Jacob.

„Oh, verdammt", murmelte dieser grummelnd vor sich hin, ebenfalls den Blick auf Julie gerichtet, als er sich sofort auf die Beine rappelte.
„Warte mal", hielt Embry ihn auf, als er bereits zu Julie laufen wollte.
Auch ich hätte mich gerne zu Wort gemeldet, doch mir hatte es völlig die Sprache verschlagen.
„Was willst du ihr denn sagen? Du weißt, dass wir außerhalb des Rudels keinen Kontakt haben sollen. Du weißt, wie wir bis vor Kurzem noch zu dir waren."

Verwirrt runzelte Jake die Stirn und schüttelte leicht den Kopf.
„Weil ich nichts von dem Geheimnis wissen durfte. Aber Julie müssen wir doch nicht wegstoßen, nicht wahr?"
„Ganz genau", mischte sich Sam ins Gespräch ein.
Ich hatte keine Ahnung, wann sich unser Alpha genähert hatte, doch sobald ich Julie sah, nahm ich meine Umwelt ohnehin kaum mehr wahr.
„Du bist gerade der Einzige, der bei Julie noch ganz gut dasteht. Vielleicht bist du ja die Chance, die Paul braucht, also sei freundlich."

Sei freundlich.
Diesen Ratschlag hatte ich aus Sams Mund bis dato noch nie gehört. Ich erinnerte mich daran, wie er mich über meinen zukünftigen Umgang mit ehemaligen Freunden aufgeklärt hatte.
Er hatte mir deutlich gemacht, dass ich nun Teil des Rudels - und zwar nur des Rudels - war.

Doch Sam hatte recht. Durch meine Prägung hatte ich das Recht, Julie einzuweihen.
Wir mussten sie nicht wegstoßen, obwohl das ohnehin nicht nötig gewesen, denn abwenden wollte sie sich sowieso von uns.
Die Herausforderung bestand viel eher darin, Julie an uns heranzuführen.
Und nachdem ich darin kläglich versagt hatte, war Jacob tatsächlich meine letzte Chance.
Sie mochte Jacob, er war ihr Freund – hoffentlich auch jetzt noch.

„Sei so, wie du immer zu ihr warst!", bat nun auch ich ihn und sah ihn flehend an. „Vergraul sie bitte nicht nochmal. Und bitte lass sie nicht länger dort stehen."
Verstohlen sah ich noch einmal zu Julie und fürchtete, dass sie bereits bei diesem Anblick sofort wieder die Flucht ergreifen würde.
Verstehend und zuversichtlich nickte Jake und endlich lief er los, direkt auf Julie zu.

Eifersüchtig beobachtete ich ihn, wie er auf sie zugehen konnte, ohne dass sie zurückwich oder ihn verachtend ansah – obwohl doch Skepsis in ihrem Blick stand.
Und zum ersten Mal war ich unglaublich dankbar für mein scharfes Wolfsgehör, als ich gebannt ihrem Gespräch lauschte.

„Was ist das denn hier?", zischte sie ihm bereits entgegen, als er noch einige Schritte von ihr entfernt war. „Und wie siehst du überhaupt aus?"
Fassungslos sah sie zuerst über Jacobs Schulter noch einmal auf unsere Truppe und schließlich auf Jake, der in Shorts, Tanktop, breiter Brust und starken Armen vor ihr stand.

„Bevor du jetzt loslegst –", wollte Jake sie gerade beschwichtigen, doch Julie überging ihn sofort.
„Ist dir aufgefallen, wer da gerade aller quasi in deinem Garten sitzt?", platzte es aus ihr heraus. „Und du mitten drin?"
„Julie, bitte", versuchte Jacob noch einmal auf sie einzureden und legte beschwichtigend seine Hände an ihre Oberarme.

Lahote || Twilight / WerwolfWhere stories live. Discover now