Kapitel 05 - Schlechte Nachrichten

472 26 0
                                    

Kapitel 05 – Schlechte Nachrichten
– Paul –
La Push, September 2009

Erleichtert warf ich einen Blick auf die Uhr, als ich nach einer langen Nacht wieder die Augen öffnete. Glücklicherweise war es schon nach Mittag und damit galt es an diesem Tag zumindest nicht mehr ganz so viel Zeit tot zu schlagen.

Ich hatte mich während der Schulzeit immer darauf gefreut, endlich frei zu sein, keine Verpflichtungen zu haben und einfach in den Tag hineinzuleben - nach den ersten Monaten des Nichts-tuns kam dann allerdings bereits schleichend die Ernüchterung.

Ich hatte mir dieses Leben bei Weitem spannender vorgestellt, doch scheinbar hatte ich vergessen, dass ich immer noch in La Push lebte. Sicher, ich hätte hinaus in die Welt ziehen können, doch unter dem Dach meines Vaters lebte es sich immer noch bei Weitem bequemer.

Auf diese Weise musste ich nicht arbeiten, hatte kaum Ausgaben und hatte immer noch meine alte, gewohnte Umgebung. Selbst wenn ich dafür ständig irgendwelche Predigten meines Vaters in Kauf nehmen musste, war das immer noch ein guter Deal.

Man konnte sagen, was man wollte, aber am Ende des Tages hatte man wenig Perspektiven mit indianischem Blut und noch dazu indianischem Aussehen. Wir waren eine Minderheit, die außerhalb des Reservats mit einer Menge Vorurteilen zu kämpfen hatte. Man brachte uns in erster Linie mit Casinos, Schulden und Alkohol in Verbindung und wenn ich an die Geschichte dieses Landes dachte, wollte ich diesen Menschen dort draußen auch gar nicht das Gegenteil beweisen.
Man scherte sich nicht um uns und hatte uns in Reservate gepackt, nachdem sie uns unser Land gestohlen hatten.

Die Woche schaffte ich es mir immer irgendwie um die Ohren zu schlagen. Ich verbrachte viel Zeit im Bett – ob nun alleine oder nicht, je nachdem was sich anbot -, machte Sport und ging hin und wieder Jake in seiner Werkstatt auf die Nerven.

Letzteres war auch an diesem Tag mein erstes Ziel – immerhin war es Freitag und es galt das Wochenende zu planen.

Nachdem Embry und Jared es neuerdings vorzogen, Sam hinterherzudackeln und mich seither auch keines Blickes mehr gewürdigt hatten, war Jacob der einzige vernünftige Kerl, der hier noch rumlief.

Ich war niemand, der darum bettelte, dass ich Zeit mit jemandem verbringen durfte. In der Regel wurde ich angebettelt und so sollte das auch bleiben.

Müde näherte ich mich also Jacobs Werkstatt und roch schon von hier das Motoröl.
Himmel, war dieser Geschmack ekelhaft, er verursachte ein regelrechtes Stechen in meinem Kopf.

Vielleicht war ich aber auch doch bloß einfach etwas angeschlagen. Schon seit einigen Tagen fühlte ich mich nicht zu hundert Prozent leistungsfähig, aber das konnte ich so kurz vor dem Wochenende auf gar keinen Fall gebrauchen.

„Jake!", brüllte ich ziellos in die Werkstatt hinein und wartete auf eine Reaktion.
Sofort erklang ein tiefes Seufzen seitens Jacob, gefolgt von dem ohrenbetäubenden Klirren seines Werkzeugs.
„Alter, was schmeißt du denn dein Zeug so rum", raunte ich genervt und drückte zwei Finger gegen meine Schläfe, um den stechenden Schmerz zu betäuben – vergebens.

Augenrollend trat Jacob hinter dem Auto hervor und wischte sich die Hände an einem ölbeschmierten Handtuch ab.
„Ich schmeiß hier überhaupt nichts rum, ich hab' meine Arbeit unter Kontrolle. Ich bin ja nicht du, Lahote."
Das ist wahr, meine Arbeit hier in der Werkstatt war bisher nicht besonders wertvoll gewesen, das wusste ich selbst. Aber was tut man nicht alles, um sich irgendwie die Zeit zu vertreiben?

„Was willst du denn hier?", wollte Jake wissen, als er nun vor mir stand.
Na wunderbar, jetzt wurde dieser Öl-Geruch bloß noch intensiver und machte gepaart mit dem Rost, der mir dank dieser Schrottkarren hier in die Nase stieg, das Dufterlebnis komplett.

Lahote || Twilight / WerwolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt