Kapitel 29 - Entscheidung

348 35 2
                                    

Kapitel 29 -  Entscheidung

– Julie –

La Push, November 2009

Ich konnte zwar so tun als wäre nichts passiert und als hätte Jakes Schweigen nicht schon wieder meine Welt auf den Kopf gestellt, doch ich wusste, dass dem nicht so war.
Man sollte meinen, meine Welt hätte sich inzwischen so oft gedreht, dass sie schon wieder an Ort und Stelle war, doch stattdessen wusste ich kaum mehr, wo oben oder unten war.

Egal wie oft ich mir einredete, dass ich nichts mit Gewissheit sagen konnte und dass sich ohnehin auch nichts ändern würde, kreisten meine Gedanken ausnahmslos um die Prägung und all das, was Jake gesagt hatte – oder auch nicht gesagt hatte.
Was die Gestaltwandler Prägung nannten, klang zweifelsohne wunderschön in meinen Ohren. Noch heute dachte ich oft an den Umgang, den ich zwar nur kurz, dafür intensiv zwischen Sam und Emily wahrgenommen hatte. Sie waren so zärtlich zueinander, so hingebungsvoll.

Und jedes Mal, wenn ich daran dachte, ertappte ich mich selbst dabei, wie ich mich beinahe dem Gedanken hingab, dass all das auch zwischen Paul und mir möglich wäre.
Ich lag auf meinem Bett, starrte leer an die Decke meines Zimmers und erschreckte mich vor mir selbst, als ich mir plötzlich die Frage stellte, wo überhaupt mein Problem lag.
Die geschenkte Kette, seine vernünftigen Worte, als ich so durcheinander war, seine Blicke – vielleicht hatte ich ihm ja doch Unrecht getan.

Würden sich nicht auf einen Schlag alle meine Sorgen auflösen, wenn ich Jakes Verhalten tatsächlich richtig gedeutet habe? Ich könnte doch endlich alles haben, was ich mir je gewünscht hatte – mit Paul, flüsterte eine Stimme in meinem Kopf, die erschreckenderweise meine eigene war.
Ich war tatsächlich wieder an diesem Punkt. Ich stellte mir wieder diese eine Frage, die mich bisher jedes Mal ins Unglück gestürzt hatte.
Wieder einmal fragte ich mich, was ich überhaupt an Paul auszusetzen hatte und weshalb ich es nicht einfach nochmal mit ihm versuchen, oder ihn zumindest in mein Leben lassen sollte.

La Push, März 2007

Verzweifelt fuhr ich mir mit beiden Händen über das Gesicht und versuchte unbemerkt eine Träne aus meinem Augenwinkel zu wischen, obwohl ich ohnehin wusste, dass es nur die erste von vielen sein sollte. Jedes Mal wieder nahm ich mir vor, erhobenen Hauptes mit Paul zu sprechen und meinen Stolz nicht zu verlieren – aus diesem Grund wollte ich auch nicht, dass er schon wieder meine Tränen sah.

Ich war hierhergekommen mit einem festen Plan, mit einer klaren Absicht. Doch kaum dass ich mich auf Pauls Matratze niedergelassen hatte, war meine klare Linie schon wieder etwas verblasst.

„Was gibt es denn so dringendes, dass es nicht bis morgen in der Schule warten kann?", seufzte Paul genervt, als er seine Zimmertüre schloss und sich mir ungeduldig zuwandte.
Er hasste es, wenn ich unangemeldet hier aufkreuzte und noch mehr hasste er es, wenn ich ein ernsthaftes Gespräch mit ihm führen wollte – noch dazu, wenn ich so aufgewühlt aussah, wie ich es in diesem Moment tat.
Offensichtlich sah er Vorwürfe, oder wie er es oftmals nannte, „unnötigen Stress" auf sich zuschippern und hatte schon jetzt die Nase voll davon.

„Kim", platzte es sofort aus mir heraus, während ich mit voller Kraft versuchte, meine Tränen zurückzuhalten. „Sie hat dich gesehen. Mit Sarah."
Unbeeindruckt stand Paul vor mir und sah verständnislos auf mich herab. „Und?"
„Du bist mit ihr nach Hause gegangen!", zischte ich ihm hysterisch weiter entgegen und konnte die Tränen nun nicht mehr verbergen. „Nachdem du vor allen anderen mit ihr rumgemacht hast! Ist es das, was du machst, wenn ich einen Abend mal nicht mitfeiern kann? Du suchst dir direkt die nächste?"

Lahote || Twilight / WerwolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt