Kapitel 44 - Quileute Days (1)

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Kapitel 44 – Quileute Days (1)

– Julie –

La Push, Juli 2010

„Du bist ja noch hier", stellte Dad das Offensichtliche fest, als er nach Hause gekommen war und mich in der Küche vor meinem Kaffee sitzen sah.
„Wo sollte ich denn sein?", fragte ich mit gerunzelter Stirn.
„Na, auf dem Fest."

Die Quileute Days hatten heute ihren großen Auftakt und ich wollte heute Abend mit Lou dort aufschlagen. Bis es jedoch soweit war, war ich tief versunken in meine Bedenken, wo mein Leben nur hinführen sollte.

Daran, dass mir Lahote ständig im Kopf herumspukte, hatte ich mich fast schon gewöhnt, doch der Gedanke, Lou zu verlieren, jagte mir eine Gänsehaut über den ganzen Körper.
Vielleicht hätte ich eine Zukunft mit Paul in Erwägung gezogen oder ihm noch eine zweite Chance gegeben. Zusätzlich jedoch auch noch meine beste Freundin zu verlieren und sie gegen ihn einzutauschen, konnte ich nicht mit meinem Gewissen vereinbaren.

Es war schon ein starkes Stück, dass ich ihm überhaupt noch eine Chance geben wollte, aber nach allem, was passiert war, konnte ich ihn doch nicht Lou vorziehen.

„Nee, erst heut Abend", antwortete ich meinem Vater und rührte gedankenverloren in meiner Tasse.
Dass ich mit niemandem über das, was in mir stattfand reden konnte, trug nicht unbedingt zu meinem Wohlbefinden bei.

Irritiert zog er die Augenbrauen nach oben.
„Achja? Ich komm' gerade von dort und hab' Lou getroffen. Sie meinte, du müsstest jeden Moment dort aufschlagen."
Sofort hielt ich in meiner Bewegung inne. „Was?"

„Ja, ich hab mir dieses Jahr ausnahmsweise mal die Parade angeschaut und einen Blick auf die Stände geworfen. Es ist einfach jedes Mal dasselbe, aber am Strand haben sie dieses Jahr –"
„Dad, ich meinte Lou", unterbrach ich ihn, ehe er das Fest der Quileute noch ausführlicher beschreiben konnte. „Wartet sie auf mich?"

„Ja, schien mir so", zuckte er unwissend mit den Schultern. „Sie hat sich eine der Performances bei der Schule angesehen und sitzt dort rum."
Verwirrt warf ich einen Blick auf mein Handy, bloß um festzustellen, dass ich nicht einmal im Ansatz Empfang hatte.
Seitdem einer der Stammesältesten auf die grandiose Idee gekommen war, Bühnen neben den Mobilfunkmasten aufzubauen und ein Missgeschick das Nächste gejagt hatte, war das Netz in La Push noch katastrophaler als zuvor.

„Verdammt, dieses elende Funkloch hier", raunte ich genervt und packte mein Handy wieder in die Hosentasche, während ich mich sofort vom Küchenstuhl erhoben hatte.
Mein Vater hingegen hatte sich inzwischen auf dem zweiten Stuhl niedergelassen und erzählte in aller Seelenruhe weiter.

„Wie gesagt, es ist ja immer etwas seltsam auf Powwows, wenn man selbst kein Stammesmitglied ist, aber irgendwie ist es ja auch ne nette Gelegenheit, sich wieder etwas mehr als eines zu fühlen. Mein Schamanenherz hat jedenfalls wieder wirklich hochgeschlagen. Dieses Jahr –"
„Sorry, Dad", unterbrach ich ihn schon wieder und sah ihn entschuldigend an. „Aber ich fürchte, ich kann mir davon auch gleich ein eigenes Bild machen. Ich geh' direkt los."

„Zum Fest?", fragte er nach.
Wenn man meinen Vater nicht kannte, konnte seine verstrahlte Art manchmal wirklich anstrengend sein.
„Ja, zum Fest", nickte ich und sah kurz an mir herab, ob ich so auf die Straße treten konnte.
Es waren kurze Alltagsklamotten, die nicht sonderlich beeindruckend waren, doch die Bewohner dieses Reservats hatten mich schon weitaus schlimmer herumlaufen sehen.

„Mit?"
„Mit Lou, Dad", rollte ich mit den Augen.
Dieses Mal war ich mir sicher, dass nicht nur sein verpeilter Charakter aus ihm sprach, sondern auch der Teil von ihm, der sobald ich aus dem Haus ging befürchtete, Lahote könnte im Spiel sein.

Lahote || Twilight / WerwolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt