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  "Nein! Mik! Warte!", rief ich ihm hinterher und er blieb stehen. Er drehte sich zu mir um und ich sah, dass sich Tränen in seinen Augen bildeten. Ich wollte etwas sagen, bekam aber kein Wort raus und blieb einfach stehen und schaute ihn an. Mik drehte sich wieder um und rannte weg. Ich stand immer noch auf der Wiese, auf der er mich geküsst hatte. Er hatte sich also in mich verliebt. Aber ich war nicht schwul. Ich habe bei dem Kuss nichts gefühlt. Und auch wenn ich etwas gefühlt hätte, konnte ich nicht mit ihm zusammen sein. Meine Eltern würden mich rausschmeißen und ich wollte sie nicht enttäuschen. 

In der nächste Woche gingen wir uns aus dem Weg. Niemand von uns beiden sprach mehr über den Vorfall. Mik hing die ganze Zeit mit Timo und Leon rum und ich mit Jana. Anscheinend bemerkte Jana, dass es zwischen mir und Mik anders war, da sie fragte: "Was ist los mit dir und Mik? Ihr geht euch schon die ganze Woche aus dem Weg." "Nichts schlimmes. Nur eine kleine Auseinandersetzung." Ich weiß, dass ich ihr eigentlich alles erzählen konnte, aber ich wollte es ihr nicht erzählen. "Auseinandersetzung? Das ist mehr! Sonst würdet ihr jetzt schon wieder miteinander reden.", sagte Jana. Das Problem, dass sie mich so gut kannte. Sie wusste wann ich log. "Es war wirklich nur eine Auseinandersetzung.", log ich weiter. Sie nickte. "Ich krieg das schon noch raus.", sagte sie leise, aber so das ich es noch verstand. Als es zum Unterricht klingelte, gingen wir in den Raum. Aber ganz bei der Sache war ich nicht. Ich dachte die ganze Zeit über Mik und den Kuss nach. Ich hab es sonst immer zur Seite geschoben, aber jetzt da Jana mich daran erinnert hat, konnte ich an nichts anderes mehr denken. Würde sie es wirklich herausfinden? Aber wie sollte sie das tun? Mik würde es ihr doch auch nicht verraten, oder? Und falls doch, was würde sie tun? Sie findet es zwar süß, aber die Gefahr wäre zu groß, dass meine Eltern es herausfinden könnten. "Kostas? Hallo? Noch jemand da?", flüsterte Jana und schnipste vor meinem Gesicht mit ihren Fingern herum. "W-was? Ja..." "Alter. Wo bist du mit deinen Gedanken? Du benimmst dich die ganze Woche schon so komisch..... Liegt es vielleicht an Mik?", fragte sie mit einem leichten Grinsen auf den Lippen. "Nei-.... Ja.... Ich erklär es dir nach der Schule..." "Yes! Gewonnen!", freute sie sich leise. Sie lässt sowieso nicht locker. Ich werde es ihr nach der Schule erzählen. Vielleicht ist es auch besser, wenn ich es jemanden anvertraue. Nach der Schule rief ich meine Mutter an, dass ich etwas mit Jana mache. Erst gingen wir etwas essen und danach auf die Wiese. Na toll. Genau da, wo alles vor einer Woche angefangen hatte. "Also. Dann leg los.", sagte Jana, als sie sich gerade neben mich gesetzt hatte. "Okay.... Es war so.... Du weißt doch, dass Mik und ich vor einer Woche etwas zusammen gemacht haben. Es war auch ganz chillig. Ich habe ihn ein wenig die Stadt gezeigt und später haben wir uns dann hier auf die Wiese gesetzt. Mik hatte mir ein paar Tage vorher erzählt, dass er verliebt war. Ich wollte dann wissen in wenn und er meinte, er könnte es mir nicht sagen sondern nur zeigen.... und dann... hat er mich geküsst..." Zum Ende wurde ich leiser und schaute auf den Boden. "Was? Omg! Wie süß! Und wie hast du reagiert?", fragte sie neugierig, also erzählte ich weiter: "Ich hab den Kuss erst erwidert, aber dann hab ich abgebrochen und er ist weggerannt. Ich wollte ihn aufhalten und mit ihm reden. Doch ich wusste nicht, was ich ihm sagen sollte, weswegen ich dann irgendwann alleine auf der Wiese stand. Und seitdem gehen wir uns aus dem Weg." "Also.... Hast du keine Gefühle für ihn?", fragte Jana ein wenig traurig. "Nein. Hab ich nicht.... Aber ich will ihn nicht als Freund verlieren." "Dann geh zu ihm und sag ihm das. Redet über alles." "Aber.... wenn er mich gar nicht sehen will? Vielleicht will er, auch gar nichts mehr mit mir zu tun haben." "Kostas. Er hat dich geküsst. Denkst du jetzt ernsthaft, er würde dich so auf einmal hassen? Du kannst doch nichts dafür, dass du auf Mädchen stehst. Genauso wenig, wie er was dafür kann, dass er auf Jungs steht. Also, komm. Wir gehen jetzt zu ihm und du redest mit ihm." Während sie den letzten Satz sagte, stand sie auf und nahm meine Hand um mich hochzuziehen. Ich widersprach ihr nicht und stand auf. Vielleicht hat sie Recht. Vielleicht hat er nur Angst, mich anzusprechen, weil er nicht weiß wie ich reagieren werde. "Du klingelst jetzt und sprichst mit ihm. Ich warte hier im Treppenhaus.", sagte Jana, als wir vor seiner Tür standen. Ich nickte. Ich holte noch einmal tief Luft und dann klingelte ich. Mik machte die Tür auf und sah mich verwundert an. "Hey... Kann ich... reinkommen?", fragte ich vorsichtig. Er nickte und wir gingen auf sein Zimmer. Er schwieg die ganze Zeit und sah ein wenig traurig aus. "Also... ich...", fing ich an, konnte aber nicht weitersprechen. Ich konzentrierte mich nochmal und sprach dann weiter: "Ich hasse es, dass wir uns so aus dem Weg gehen und das nur wegen einem Kuss. Es tut mir leid, dass ich nicht das gleiche empfinde wie du für mich. Aber ich stehe nun mal nicht auf Jungs sondern auf Mädchen. Aber ich will nicht, dass die Freundschaft zwischen uns endet. Ich kann es verstehen, wenn du jetzt erstmal Zeit brauchst und-" "Kostas!", unterbrach er mich. "Ist schon okay. Ich will auch mit dir befreundet bleiben. Und ich brauche auch keine Zeit, ich will einfach nur, dass alles so ist wie früher." Ich fing an zu lächeln. "Das will ich auch." Wir gingen beide ins Treppenhaus, wo Jana an einer Wand gelehnt auf uns wartete. "So wie es aussieht habt ihr euch wieder vertragen?", fragte sie mit einem lächeln. Wir nickten beide fast gleichzeitig. "JEEEYYY! Dann muss gefeiert werden. Ich geb ein aus!", freute sie sich. "Es ist mitten am Tag und es ist Donnerstag!", lachte ich. "Na und? Wir gehen es jetzt trotzdem feiern. Kommt schon!", sagte sie und zog uns beide mit.

Der neue NachbarWhere stories live. Discover now