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Jetzt hatte ich Angst vor der Reaktion von meinen Eltern. Sie waren noch nie solange ruhig. Aber sie wollten doch, dass ich mit Lucy zusammen komme. Warum waren sie dann solange ruhig? Meine Mutter schaute mein Vater an und fing dann an zu lächeln. "Das ist super mein Schatz! Lucy ist ein tolles Mädchen. Da deine Großmutter aus dem Krankenhaus entlassen wurde, wollten wir zusammen essen. Lad Lucy und ihre Eltern doch ein für Morgen." Mir fiel ein Stein vom Herzen. "Okay. Ich werde sie anrufen.", sagte ich und ging dann in mein Zimmer. Ich wählte ihre Nummer und sofort ging sie ran. "Hey!", meldete sich ihre Stimme. "Hi. Meine Eltern wollten, dass ihr Morgen Nachmittag zum Essen kommt. Falls ihr dann könnt." "Hmm... Ich geh mal kurz fragen. Warte." Es entstand kurze Stille. Ich musste nicht lange warten, als sich ihre Stimme wieder meldete. "Das klappt. Wir kommen morgen Nachmittag vorbei." "Okay. Dann bis Morgen." Ich ging wieder zu meinen Eltern und sagte ihnen Bescheid, dass Lucy und ihre Eltern morgen kommen werden. Ich versuche morgen mir nichts anmerken zu lassen. Sie dürfen nicht wissen, dass ich Lucy nicht liebe. Aber dafür ist die Mauer da. Um mich zu schützen und es wird alles gut laufen.

Am nächsten Morgen war ich schon relativ früh wach. Also beschloss ich duschen zu gehen. Wenn ich ehrlich bin, war ich ein wenig nervös, was die Sache heute anging. Aber ich wusste nicht warum. Die Mauer würde mich schützen und ich werde einfach sagen, dass ich Lucy liebe. Keiner von meinen Verwandten kann mich durchschauen. Ich sollte mir darüber keine Gedanken mehr machen. Am Mittag half ich meiner Mutter beim Tisch decken, während sie das Essen kochte. "Dennis. Geh dir schon mal was anderes anziehen." Ich nickte und lief in mein Zimmer. Als ich dann etwas anderes angezogen hatte, klingelte es an der Tür. Es waren Daniela und Jeremy. Die einzigen bei denen ich mich freue sie zu sehen. Ich umarmte sie kurz zur Begrüßung und ging dann mit ihnen ins Esszimmer. "Warum hast du mir nicht erzählt, dass du mit Lucy zusammen bist?", fragte Daniela mich leise. "Es ist ja noch nicht lange.", antwortete ich ihr. "Ja schon. Aber erst das mit Mik und so auf einmal Lucy?" Warum denkt denn jeder, dass ich Marik immer noch liebe? Es ist vorbei mit uns. Und ich bin anscheinend der einzige der es versteht. Bevor ich antworten konnte, klingelte es wieder, zu meinem Glück, an der Tür. So musste ich wenigstens nicht mit Daniela über Marik reden. Es waren Lucy und ihre Eltern. Ich begrüßte die drei und gab Lucy einen schnellen Kuss auf die Lippen. Dann kamen meine vier Großeltern die Tür herein. Als wir dann alle im Esszimmer saßen, fingen die Fragen an. Aber ich hörte nicht wirklich zu. "Auf jeden Fall sind wir sehr glücklich. Oder Kostas?", fragte mich Lucy und riss mich so aus meinen Gedanken. Bei dieser Frage fing mein Herz schneller an zu schlagen und Bilder von Marik trafen wie ein Blitz in meine Gedanken. Ich nickte schnell mit einem aufgesetzten Lächeln. Was ist das denn jetzt? Warum denke ich an ihn? Ich darf das nicht. Ich steh nicht auf Jungs. Ich bin nicht schwul oder bi. Nein. Ich bin hetero. Ich liebe Lucy. "Ich liebe dich."  Es war Mariks Stimme. Nein. Was ist das? Meine Mauer sollte mich doch vor sowas schützen. Plötzlich spürte ich eine Hand auf meinem Oberschenkel. Ich zuckte kurz zusammen. "Ist alles okay?", fragte Daniela mich leise und fürsorglich. Ich nickte nur und lächelte sie ein wenig an. Wieder kam ein Bild von Marik vor meine Augen und wieder klopfte mein Herz schneller. Meine Mauer. Sie fängt an zu brechen. Das durfte nicht passieren. "Also ich liebe ihn sehr.", sagte Lucy. "Und du Dennis? Du liebst sie doch auch sehr, oder?", fragte meine Oma neugierig. Mein Herz klopfte noch schneller, wenn das überhaupt möglich ist. Auf einmal ließ ich die Gabel auf den Teller fallen. "Mik...", flüsterte ich leise und geistesabwesend. "Dennis?", fragte meine Oma wieder. Ich schaute sie an. "Du liebst Lucy doch auch, oder?", wiederholte sie sich. Und dann passierte genau das, wovor ich die ganze Zeit schon Angst hatte. Meine Mauer stürzte ein und ich konnte es nicht mehr verheimlichen. "Nein.", sagte ich ein wenig leise. Aber so das es alle hörten. "Was?", fragte meine Mutter nochmal nach. "Nein. Nein ich liebe dich nicht! Und das hab ich auch nie!", fing ich jetzt an lauter zu sagen. Alle waren total geschockt. "Dennis! Was soll das denn jetzt?!", fragte meine Mutter sauer. "Ich liebe Mik!" Meine Mutter fing an zu lachen. "Ach Dennis. Marik ist doch ein Junge. Das war ein guter Scherz." Ernsthaft? Sie nimmt mich nicht ernst. Ich wurde total wütend. "Das war kein Scherz! Ja Mik ist ein Junge und ich auch. Aber denkst du deswegen könnte ich ihn nicht lieben?! Ich liebe Mik! Ich bin schwul!" Mein Vater stand auf und schaute mich jetzt wütend an. "Nein Dennis! Das bist du nicht! So etwas ist eine Krankheit. Und diese Krankheit hast du nicht! Du wurdest ordentlich erzogen!" Ich stand auch auf und schaute mein Vater in die Augen. Um ihm zu verdeutlichen, dass ich keine Angst hatte. "Ich habe keine Krankheit! Ich bin schwul! Ich stehe auf Jungs!" Nach diesen Sätzen rannte ich aus dem Haus. Ich liebte Mik und konnte nichts ändern. Ich wollte auch nichts mehr ändern. Ich setzte mich nach unten ins Treppenhaus auf eine Treppenstufe. Ich spürte wie sich Tränen in meinen Augen bildeten und wollte sie nicht zurück halten. Es war mir egal ob mich jemand weinen sieht. Ich fing einfach an zu weinen. Und dann legte jemand eine Hand auf meine Schulter. Ich drehte mich zu dieser Hand um und sah, dass es Jeremy war. Er setzte sich neben mich und legte einen Arm um mich. "Du hast das richtige getan. Wenn deine Eltern dich wirklich lieben werden sie es früher oder später akzeptieren. Geb ihnen ein bisschen Zeit." Ich nickte und lehnte mich gegen seine Brust. "Danke.", murmelte ich. "Kein Problem. Komm mit. Du gehst erstmal mit zu uns. Deine Sachen holen wir einen anderen mal. Daniela kommt nach." Ich nickte und stand genau wie Jeremy auf. 

Der neue NachbarWhere stories live. Discover now