Kapitel 3

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Meine Mom und Lisa waren jetzt schon seit zwei Stunden weg. Ich kauerte gelangweilt auf dem Sofa und schlürfte meinen Kaffee. Ich hasste Kaffee. Aber trotzdem trank ich ihn, um dem ganzen Alltag zu entfliehen und jedes Mal das Gesicht zu verziehen, wenn ich einen Schluck von diesem ekligen Getränk nahm. Es hielt mich wach und jagte jedes Mal die Bilder durch meinen Kopf. Lucy, ihr Vater, ihre Mutter. Einfach alles.

Ich erinnerte mich an einen Tag, an dem ich vorbeikam, um gemeinsam mit ihr einen Kuchen für den Geburtstag ihrer Mutter zu backen. Das Ganze endete in einem Desaster, denn backen war auch nicht gerade eine meiner Stärken. Nachdem die ganze Küche in Mehl getränkt war und wir ebenfalls, kam Lisa Nachhause und war geschockt über den Dreck den wir hinterlassen hatten.

Lucy und ich jedoch verschwanden danach in ihrem Zimmer und lachten eine halbe Stunde über das Gesicht, das ihre Mutter gezogen hatte, als sie das Mehl auf dem Boden sah. Den Kuchen aß sie am Ende trotzdem, auch wenn er kein Meisterwerk geworden war. Wie sonst auch, arbeitete der Vater bis spät in die Nacht. Nur ganz selten war er zu Hause und das meist nur nachts, wenn Lucy schon im Bett sein musste.

Zum zweiten Mal heute ging die Tür auf und meine Mutter trat hinein.

"Wie war es?" Sie erschreckte sich, als sie mich auf dem Sofa entdeckte und brachte mich mit ihrem erschrockenen Gesicht zum Schmunzeln.

"Sie wollten noch ein paar Angaben von Lucy und etwas über die Familienverhältnisse hören, außerdem haben sie ihr noch ein paar Informationen gegeben, wie sie weiter vorgehen und ermitteln."

Meine Mutter schnaufte kurz durch und schaute mich traurig an. "Ich habe sie noch zum Kaffee trinken eingeladen, aber sie hat abgelehnt." Ich wusste, dass sie daran verzweifelte und nicht wusste, wie sie ihrer Freundin helfen konnte.

"Lass ihr etwas Zeit." Sie nickte und lief zum Esstisch. Ich hatte schon alle Einkäufe eingeräumt während sie unterwegs war. Dankbar schaute sie zu mir herüber, was ich mit einem leichten Lächeln erwiderte.

"Komm; ich mache uns etwas zu essen." Sie holte Gemüse aus dem Kühlschrank und ich beschloss ihr zu helfen um mich etwas abzulenken. Ich wusste, dass sie auch Angst um mich hatte. Ich gab zu, auch ich hatte manchmal Angst, wenn ich die Straßen entlanglief, um zum Bus zu gelangen. Trotzdem ließ ich die Angst keine Kontrolle über mich ergreifen, sondern versicherte mir immer wieder selbst, dass ich übertrieb und nicht immer daran denken sollte, dass vielleicht jemand hinter der nächsten Ecke lauerte.

Ich griff nach dem Messer in der Schublade und begann Paprika in kleine Würfel zu schneiden. Meine Mom fing währenddessen an etwas Fleisch anzubraten und die Soße vorzubereiten.

"Wie läuft es eigentlich in der Schule?" Natürlich musste sie mich daran erinnern, dass morgen wieder Schule war. "Ganz gut. Eigentlich so wie immer." Sie nickte und rührte währenddessen die Soße um. "Reden die Leute in der Schule über die Vorfälle?"

Und wie sie das taten. Im Moment wurde über nichts Anderes als über das 'Tätowierte Monster' so wie ihn alle nannten, gesprochen. Es schien fast so, als hätten die Menschen keine anderen Probleme mehr.

"Ja, du kennst doch die Kinder. Das Thema ist Nummer eins in der Schule."

Ich konnte es niemandem verübeln, dass sie über die Vorfälle sprachen. Aber dennoch hielt ich nichts von Behauptungen und Vorurteilen die gar nicht bewiesen waren. Die Menschen aus meiner Stadt nahmen das auf was sie hörten und bildeten sich daraus ihre Meinung, ohne die andere Seite der Geschichte anzuhören. Jeder Mensch hatte Vorurteile, dennoch versuchte ich sie in einem angemessenen Rahmen zu halten.

Bestimmt waren es nicht alle, aber alle mit denen ich Kontakt hatte, waren der Meinung und davon überzeugt, dass es dieser tätowierte Typ war. Aber um es genau zu nehmen, war sich keiner sicher.

"Könntest du bitte den Tisch decken? Ich denke die Soße ist gleich fertig." Nickend nahm ich die Teller aus dem Schrank. Das Besteck nahm ich aus der Schublade und die Gläser ebenfalls aus dem Schrank.

Ich lobte mich normalerweise nie selbst, aber ich hatte noch nie jemanden so schnell den Tisch decken sehen, wie ich es immer tat.

"Schon fertig?" Ich nickte und meine Mom lachte nur kopfschüttelnd während sie die Soße auf die Nudeln gab. Sie stellte mir einen gut befüllten Teller vor die Nase und sich selbst einen genauso vollen. Sie schob den Stuhl zurück, um sich direkt gegenüber von mir zu setzen.

"Dein Vater hat sich gestern gemeldet." Beinahe hätte ich mich an meinen Nudeln verschluckt. Das konnte nicht ihr Ernst sein. Nein, das konnte nicht sein Ernst sein.

Tattooed Monster Where stories live. Discover now