Kapitel 38

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Als ich am Samstag aufwachte, spürte ich die Erleichterung die sich in mir breitmachte. Es war endlich der Tag, an dem ich Elijah wiedersah. Nach Lisas Drohungen an mich, hatte ich viel zu sehr Angst gehabt, ihn zu kontaktieren und schon gar nicht ihn zu treffen. Ich hatte zu viel Angst davor gehabt, dass sie mir folgte und es schaffte, Elijah ins Gefängnis zu bringen. Wie auch immer sie es anstellen wollte.

Diese Kinder brauchten ihn und auch ich brauchte ihn. Durch ihn, war ich endlich wieder ich selbst und hatte endlich wieder Freude an Dingen gefunden, die ich seit dem Verschwinden meines Vaters, nicht haben konnte.

Ich fühlte mich lebendiger als je zuvor, was vielleicht auch damit zusammenhing, dass ich jeden Tag, an dem ich mich mit ihm traf, das Adrenalin in meinem Körper spürte. Es war aufregend und beängstigend zu gleich, in etwas verwickelt zu sein, was als eine Straftat angesehen wurde.

Das Adrenalin pumpte in Sekundenschnelle durch meinen Körper und ließ mich Dinge fühlen, die ich nicht beschreiben konnte.

Aber auch durch mich, geriet er und die Kinder in Gefahr und es wäre selbstsüchtig ihm nicht von dem Gespräch von Lisa und mir zu erzählen. Es war etwas, dass er erfahren musste.

Es tat schon weh, es einfach nur zu denken, aber es war besser, wenn ich mich von ihm fernhielt, jedenfalls für eine Weile, sodass die Chance, alles auffliegen zu lassen, nicht mehr so groß war. Ich war eine Gefahr für ihre Aufgabe, Kindern in Not zu helfen und ich hasste es, mehr als alles andere, dass Alles immer so kompliziert sein musste.

Der Holzboden unter mir knarrte, als ich mein Zimmer betrat und mich zu meinem Kleiderschrank stellte. Mittlerweile war es schon Abend. Ich wollte nicht zu auffällig angezogen sein. Normalerweise hätte ich Harper erneut um Hilfe gebeten, diese war aber über das Wochenende weggefahren, also musste ich mich, auf meinen eigenen Geschmack verlassen.

Meine Haare band ich zu einem hohen Pferdeschwanz, damit sie mir heute beim Kochen nicht im Gesicht hingen. Ich trug eine blaue Jeans und ein weinrotes Shirt. Es war nichts Besonderes, aber es war auch kein Treffen, an welchem ich nur mit ihm ausging. Wir würden zuerst Elijahs Tattoo stechen lassen und dann das Essen vorbereiten. Ein ganz normaler Abend, also auch ein ganz normales Outfit.

Unser Treffpunkt war das alte Haus. Ich entschied mich für etwas Schminke und zog meine Schuhe an. Er hatte mir keinen genauen Zeitpunkt genannt, weshalb ich wie immer dann losging, wenn die Sonne dabei war unterzugehen.

Meine Mutter arbeitete wie so oft am Samstag und mein Vorhaben mit James, hatte ich noch nicht vergessen.

Der Himmel war dunkel und trüb. Dunkle Wolken waren zu erkennen und ich hoffte nur, dass es nicht regnete, während wir unterwegs waren. Den restlichen Tag, verbrachten wir ohnehin bei Elijah Zuhause.

Es war ein leichter, aber angenehmer Wind, der kleine Härchen aus meinem Zopf zog, welche ich mir so gut wie es ging, hinter das Ohr klemmte. Ein neuer Haarschnitt war keine schlechte Idee. Ich nahm mir vor, gleich am Montag einen Termin zu machen. Immer wieder schaute ich mich um, um sicher zu gehen, dass mir niemand folgte. Ich wurde langsam paranoid und das war alles Lisas schuld.

Als ich ankam, wartete Elijah schon auf mich. Er hielt mir gentlemanlike seinen Arm hin und ich hakte mich ein. Ich drückte ihm einen kleinen Kuss auf die Wange und gemeinsam liefen wir den gleichen Weg, wie damals entlang. Ich hatte ihn mir beim ersten Mal nicht besonders gut merken können und hätte ihn auf keinen Fall ohne Elijah gefunden.

Doch auch mit Elijah, schaute ich mich jede Minute die wir liefen um. Er schenkte mir verwirrte Blicke, die ich nur mit einem unschuldigen Lächeln beantwortete. Als ich mich zum zehnten Mal umschaute, blieb er stehen und stellte sich mir gegenüber.

"Also, Avery, was ist los? Seit wir laufen, drehst du dich jede fünf Sekunden um. Ist alles okay?"

Sein Blick wies auf Sorge hin und ich wollte nicht, dass er sich wegen mir Sorgen machte.

"Ich wollte es dir eigentlich erst später sagen, aber ich hatte später, als ich mit meiner Mutter Nachhause gekommen war, noch ein Gespräch mit Lisa."

Sein Blick verdunkelte sich. "Hat sie irgendetwas gemacht? Ich wusste ich hätte nicht fahren sollen." Er machte sich Vorwürfe und trat einen Schritt zurück, aber es war nicht seine Schuld und es war auch nicht meine.

"Nein, sie hat mich nicht geschlagen, wenn du das meinst. Aber sie hat mir gedroht, sie würde alle Mittel nutzen, um dich ins Gefängnis zu bringen."

Er atmete tief aus und fuhr sich durch die Haare. "Tut mir leid, dass ich es dir erst jetzt sage. Aber ich denke, es ist besser, wenn ich dich nicht mehr treffe, dann kann sie dich durch mich auch nicht aufspüren."

Kurz sah ich, wie Schmerz in seinen Augen aufblitzte und ich fühlte mich schlecht, dass es so weit kommen musste. Plötzlich griff er nach meiner Hand und kam mir wieder etwas näher. Er legte beide Hände an mein Gesicht und blickte mir in die Augen.

"Es ist mir egal was sie vorhat, sie bekommt Lucy nicht. Und sie wird auch nicht verhindern, dass wir uns weiterhin sehen können."

Ich konnte es nicht riskieren. "Aber-"

"Nein, Avery. Ich finde eine Lösung, aber das ist definitiv keine. Und jetzt komm, du brauchst keine Angst zu haben."

Ich hatte keine Angst um mich, sondern um ihn. Ich wollte nicht, dass er für eine eigentliche gute Tat, ins Gefängnis kam und das nur, weil ich mich nicht von ihm fernhalten konnte.

Er zog mich am Arm weiter und legte eine Hand auf meinen Rücken. "Komm schon, die anderen warten schon."

Sein Lächeln überzeugte mich, es zeigte mir, dass er bereit war dieses Risiko einzugehen und auch, wenn ich nicht wollte, dass ihm etwas passierte, war ich froh, mich nicht von ihm fernhalten zu müssen.

Als wir im Gebäude ankamen, kam Lucy schon auf mich zu gelaufen. Es war immer noch seltsam, zu wissen, wo sie war und dass es ihr gut ging. Vor einigen Wochen war ich noch verzweifelt gewesen und hatte mich gefragt, ob ich sie jemals wiedersehen würde. Und jetzt stand sie vor mir, lebendig.

Ein großer, breiter und tätowierter Mann, kam auf Elijah und mich zu. Wir waren in der ersten Etage, indem alle Veranstaltungen stattfanden. Brian hatte mich mit einer kurzen Umarmung begrüßt und stand nun wieder an dem Tresen, wo er Papiere sortierte, von denen ich nichts verstand.

Der große tätowierte Mann, schlug freundschaftlich mit Elijah ein, bis sein Blick zu mir wechselte.

"Du musst Avery sein." Er hielt mir freundlicherweise seine Hand hin und er war mir sofort symphytischer als dieser Mason, welchem ich zum Glück noch nicht begegnet war.

Es war seltsam, dass er meinen Namen kannte, ohne dass ich ihn jemals gesehen hatte, aber wahrscheinlich hatte Elijah auch ihm von mir erzählt. Wenigstens wurde ich bei diesem Gedanken nicht mehr rot.

"Ja und sie sind?" Entschuldigend blickte ich ihn an. "Sag ruhig du zu mir, ich bin noch nicht dreißig. Ich bin Steven."

Auch wenn er anfangs genauso bedrohlich wie Elijah wirkte, war er mindestens genauso freundlich. Die Vorurteile der Menschen waren etwas, auf das man nicht stolz sein konnte.

Als Elijah auf einem der Stühle Platz nahm, setzte sich der vermutliche Tätowierer Steven, auf einen Stuhl daneben und zückte seine Maschine. In der Hand hielt er das vorgezeichnete Stück Papier, mit den Buchstaben LH darauf, dass er bereithielt, um es auf Elijahs Haut zu platzieren.

Elijahs Blick wechselte zu Lucy. "Also Luz, wo willst du es haben?"

Es war nicht mehr besonders viel frei auf seiner Haut, aber sie wählte schnell. Auf die Außenseite seines Oberarmes, gerade entlang, sollte es sein. Elijah lächelte mir zu und ich erwiderte es.

"Gut dann dort hin. Dann fang mal an Steven."

Tattooed Monster Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt