Kapitel 32

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Je länger wir liefen, desto nervöser wurde ich. Ich rieb meine Handflächen aneinander, als wir an einen eher abgelegenen Teil, nahe des Waldes kamen. Ich konnte nur hoffen, dass all das was er mir erzählt hatte, auch stimmte und er mich nicht irgendwo tief in den Wald verschleppte, um mich dann umzubringen.

Aber wie er es erzählt hatte, es hatte so echt geklungen. Es konnte nur die Wahrheit sein. Ich war auch neugierig, neugierig darauf wie er lebte, wo er schlief und wie seine Arbeit wirklich aussah. Ich denke er war für diese Kinder, und vor allem für Jack, ein Held. Jemand der an sie geglaubt hatte, in dem Moment wo ihre Familien das nicht getan hatten.

Es berührte mich tief im Innern, dass er wirklich ein guter Mensch war und nicht wie die anderen behaupteten, ein tätowiertes Monster.

Mir schwirrten so viele Fragen im Kopf. Ob Lucy auch da sein würde? Ich traute mich nicht zu fragen. Sie nach all den Tagen wieder zu sehen, wäre einfach nur unglaublich. Nichts würde mich im Moment glücklicher machen.

Wir bogen ab, immer tiefer in den Wald. Groß aber unscheinbar, stand dort ein altes Gebäude, welches ziemlich mitgenommen aussah. Er nahm einen Schlüssel aus seiner Hosentasche und öffnete die Tür. Wir traten ein und er schaltete das Licht an.

Die Dunkelheit wurde durch runde Lampen an der Decke ersetzt, welche den ganzen Raum belichteten.

Das Innenleben des Gebäudes, sah hier nicht viel besser aus als von außen.

"Hier unten ist nichts, reine Sicherheitsmaßnahme, falls jemand mal hineinkommen sollte."

Ich folgte ihm durch eine schmale Treppe, die ganz am Rande des Raumes lag, auf in den nächsten Stock. Es ähnelte stark einem Treppenhaus anderer, erfolgreicher Fabriken, nur, dass es hier eher schäbig als erfolgreich aussah.

Wir stoppten vor einer großen Tür und auch dort kam Elijahs Schlüssel zum Einsatz.

Er drehte sich zu mir um und blickte mich an.

"Bereit?" Ich nickte nur und er öffnete die Tür.

Was dort zu Vorschein kam, ähnelte einem Warteraum beim Arzt. Es standen Sessel an den Wänden und ein großer Tisch mit einem Computer stand ganz am Ende des Raumes. Dahinter stand ein Junger Mann, der wahrscheinlich genauso alt wie Elijah war.

Ein kleines Mädchen, das vor einer Sekunde noch auf dem Tresen gesessen hatte, kam auf Elijah zu gerannt. Er nahm sie hoch und warf sie einmal in die Luft, ehe er sie wieder auffing und sie ihre kleinen Arme um seinen Hals schling.

Das Mädchen kam mir bekannt vor.

"Hey Liz, du bist aber heute wieder gut drauf. Hast du schon deine Hausaufgaben gemacht?"

"Ja habe ich, zusammen mit Brian."

Jetzt erkannte ich sie. Es war das Mädchen, welches vor einem Jahr verschwunden war. Ich hatte es in den Nachrichten gesehen. Sie musste nicht älter als zehn sein.

"Wer ist sie?"

Die großen Augen der Kleinen lagen nun auf mir.

"Das ist Avery."

Der junge Mann hinter dem Tresen stand auf einmal vor uns und schlug mit Elijah freundschaftlich ein. Ich hatte ihn gar nicht kommen sehen.

"Du bist also die berühmte Avery, von der Elijah immer redet."

Er sprach von mir? Das war mir neu.

"Ich schätze schon. Meinen Namen kennst du ja schon."

"Wie unhöflich von mir. Ich bin Brian, Elijahs bester Freund."

"Ja und mein nervigster."

Ich lachte gemeinsam mit Liz, dem Anschein nach hieß das kleine Mädchen so.

"Also du kennst jetzt unser Geheimnis, ich hoffe du behältst es für dich."

Elijah schaute mich erwartungsvoll an und als ich in die großen Augen, des kleinen Mädchens sah, wusste ich, dass dies was sie hier taten, kein Fehler sein konnte.

"Sicher." Elijahs Lächeln raubte mir wie jedes Mal den Verstand und machte auch mich wieder viel glücklicher. Ich bin froh, dass all das einen Grund hatte und er nicht nur mit mir gespielt hatte. Doch was jetzt zwischen uns war, wusste ich nicht.

"Also, was ist das hier?" Liz kletterte von Elijahs Armen.

"Das hier ist so etwas wie der Vorraum. Hier besprechen wir alle gemeinsam Angelegenheiten und bei Veranstaltungen für die Kinder, bietet dieser Raum den perfekten Platz", erklärte Elijah.

Veranstaltungen für Kinder. Sie gaben sich wirklich Mühe.

"Aber wir haben natürlich noch zwei andere Etagen, mit verschlossen Räumen und Zimmern. Komm ich führe dich herum und stelle dich vor."

Elijahs Vorschlag gefiel mir. Er legte seine Hand um meine Taille und zog mich mit.

"Viel Spaß euch beiden." Brian zwinkerte uns zu und Elijah warf ihm einen bösen Blick zu.

Wir gingen erneut Treppenstufen hoch und kamen zu einer neuen Etage. Diese bestand aus drei verschiedenen Räumen, die jeweils durch eine Wand und eine Tür abgetrennt waren.

"Das hier ist die Küche und der Essbereich. Am Wochenende kochen die Kids mit Lola."

Es sah aus wie eine hausübliche Küche. Ein Herd, ein Kühlschrank, ein Backofen, alles was man zum Kochen brauchte. Davor stand ein großer rechteckiger Tisch, mit vielen Stühlen. Dort aßen sie wahrscheinlich zu Abend.

"Wer ist Lola?"

Diese Frage brannte mir auf der Zunge. "Ist da etwa jemand eifersüchtig?"

Ich warf ihm einen bösen Blick zu, woraufhin er aber nur lachte.

"Sie ist eine alte Freundin, die uns hier hilft. Denn niemand von uns Jungs kann gut kochen. Und mit vier Mädchen ist es nicht immer leicht."

"Vier Mädchen?" Er nickte. "Wir haben hier noch vier Mädchen und drei Jungs, die anderen haben sich schon selbständig gemacht. Ich stelle sie dir vor, sobald wir ihnen begegnen.

Die anderen Räume waren einmal ein ähnlicher Raum wie in meiner Schule. Mit Tafel und zehn Stühlen. Der andere Raum hatte alles was ein Kinderherz begehrte. Spielsachen, Spielsachen und einen Fernseher.

"Dort haben die Kinder Unterricht und dort ihre Freizeitaktivitäten. Sie dürfen nicht oft raus, also ist das eine gute Beschäftigung." Mit seinem Finger zeigte er mir alle Dinge.

Auf der dritten Etage waren zwei Bäder. Eins für die Kinder und eins für die Erwachsenen. Es gab mehrere Toiletten, zwei Waschbecken und fünf getrennte Duschen. In dem der Erwachsenen aber nur eine Dusche und ein Waschbecken, aber auch dort mehrere Toiletten.

Alles ähnelte einer Schule, nur, dass es für viele ein Zuhause war.

"Lola und Mike sind gerade einkaufen. Unsere Lehrer sind hier nur morgens bis mittags. Die Kinder sind schon in ihren Schlafzimmern, zusammen mit Mason. Den stelle ich dir auch gleich vor."

Der vorletzte Raum stand an. Es waren fünf Betten zu sehen.

"Das ist unser Schlafzimmer." An den vielen Kapuzenshirts konnte ich sofort erkennen welches Bett Elijahs war. Ich fuhr über die Bettdecke und blickte mich dann um. Es war alles schlicht gehalten. Nicht mehr als man brauchte, befand sich in diesem Raum. Hier lebte man minimalistisch.

Eine Mädchenstimme riss mich aus meinen Gedanken.

"Avery?"

Ihre Stimme, ich konnte es nicht fassen. In Rekordgeschwindigkeit hatte ich mich umgedreht.

"Lucy?"

Tattooed Monster Where stories live. Discover now