Kapitel 30

8K 350 11
                                    

Schon seit zwei Tagen hatte ich das Haus nicht mehr verlassen. Ich wollte niemanden sehen. Ich hatte meine Mutter angelogen, indem ich sagte ich sei krank und könnte deshalb nicht zur Schule, doch in Wirklichkeit war es etwas ganz Anderes.

Ich konnte weder mit Harper noch mit Noah darüber reden, aber sie würden mich nicht in Ruhe lassen, bis ich es ihnen erzählt hatte und außerdem wollte ich Elijah auf keinen Fall begegnen.

Ich war mir immer noch unschlüssig was ich tun sollte. Lucy gegenüber wäre es nur fair ihn zu verraten. Und ich konnte Lisa nicht einmal ins Gesicht sehen. Sie hatte versucht mit mir zu sprechen, aber ich hatte ihr Beweisstück nicht mehr.

Und dies war mein nächstes Problem. Ich hatte Elijah das Beweisstück in die Hand gedrückt und nicht mehr zurückverlangt. Das war auch der Punkt an dem ich wusste, dass ich es mir zurückholen musste.

Und ich war mir sicher, dass er es mir nicht freiwillig aushändigen würde.

Ich stand auf, die zwei Tage hatte ich nur im Bett verbracht, indem ich vor mich hin trauerte, doch damit war jetzt Schluss. Ich konnte mich nicht ewig verstecken und der Beweis kam nun mal nicht von alleine zurück.

Ich zog mich an und verließ das Haus. In der letzten Zeit arbeitete meine Mutter meist in der Frühschicht, was mir nur gelegen kam. Allerdings gab es noch ein Problem. Ich wusste nicht wo ich Elijah tagsüber finden sollte. Abends war es kein Problem, um diese Zeit war er so gut wie immer auf dem Dach des alten Hauses. Doch jetzt war es eine Herausforderung.

Ich beschloss trotzdem am alten Haus nachzusehen. Ich lief hinein, doch dort oder auf dem Dach war er nicht aufzufinden. Etwas enttäuscht machte ich mich auf dem Weg zur Graffitiwand.

Ob ich Angst davor hatte, mit ihm zu reden? Definitiv. Aber was sollte ich schon anderes tun, ich war es Lisa und auch Lucy schuldig.

Tatsächlich konnte ich schon mehrere Meter entfernt, zwei Stimmen hören, die sich stritten und das Bild, das sich mir bot, als ich dort war, war alles andere als schön.

Elijah hatte Cole gerade einen Faustschlag verpasst und schrie ihn an, dass man es bestimmt bis zu meiner Schule hören konnte.

"Was hast du vor Cole? Hast du es ihr gesagt? Wolltest du, dass sie mich hasst?"

Ein weiterer Schlag traf Cole in den Magen. Dieser krümmte sich kurz, lachte dann aber auf.

Seine Lippe blutete, doch Elijah schien unversehrt. Warum wehrte Cole sich nicht?

Mit kleinen Schritten lief ich auf die beiden zu, ohne bemerkt zu werden, doch plötzlich schellte Coles Kopf zu mir und ein zufriedenes Lächeln bildete sich auf seinen Lippen. Wie ich diesen Kerl hasste.

"Na wenn man gerade von ihr spricht. Deine kleine Avery ist da."

Elijahs Blick lag nun auch auf mir.

"Sie könnte zwar ein bisschen besser aussehen."

Urplötzlich wurde ich rot. Cole hatte recht, ich sah bestimmt furchtbar aus. Ich hatte die letzten zwei Tage kein Auge zugemacht und auch auf Makeup hatte ich verzichtet.

Ich hielt einen gewissen Abstand zu den beiden.

"Ich bin nur wegen des Briefes hier. Er gehört nicht mir, sondern Lisa, ich brauche ihn zurück."

Cole lachte mich aus, fasste sich aber wieder, nachdem ihm Elijah auf den Hinterkopf schlug.

"Du glaubst doch nicht wirklich, dass er dir den Brief einfach so zurückgibt? Immerhin könnte er deswegen ins Gefängnis kommen."

Es war mir schon bewusst, dass es nicht leicht werden würde, desto überraschter war ich als Elijah auf mich zu kam. Cole bekam als Antwort von ihm nur noch einen Schlag auf den Hinterkopf.

Als er vor mir stand, musste ich zugegeben, dass ich etwas Angst vor ihm und seiner Reaktion hatte. Kaum vorstellbar, dass ich ihm vor ein paar Tagen noch blind vertraut hatte.

Er kramte in seiner Hosentasche und zog einen gefalteten Zettel aus der Tasche.

"Ist das dein Ernst, Elijah? Sie könnte dich verraten!"

"Halt den Mund." Knurrte Elijah.

Cole schien ziemlich aufgebracht darüber zu sein und ich war nicht weniger überrascht. Er drückte mir den Zettel in die Hand und zog mich etwas weiter weg von dem Graffiti sprühendem Typen.

"Es tut mir leid Avery. Es tut mir leid dass ich dich angelogen habe, aber bitte gib mir noch eine Chance dir den Grund für meine Taten zu zeigen und verurteile mich nicht gleich so wie alle anderen. Wenn du mir noch eine Chance gibst dann komm heute Abend zum alten Haus."

Daraufhin lief er davon und ließ mich zurück. Was sollte ich jetzt tun?

-

Von einem Bein zum anderen wechselnd stand ich vor dem Haus der Hayls und wartete darauf, dass Lisa mir dir Tür öffnete. Als sie mich sah, schien sie überrascht und ließ mich hinein.

"Es tut mir leid, dass es so lange gedauert hat. Aber hier ist der Brief."

Schuldbewusst legte ich ihn auf die Kommode neben mir. Sie lächelte. "Schon okay."

Nein, es war nicht okay gewesen, aber ich konnte es nicht mehr ändern.

"Tut mir leid, dass ich dir nicht aufgemacht habe, als du mit mir reden wolltest."

"Nicht schlimm. Aber was war den los? Du sahst ziemlich geschockt, nach dem du den Brief gesehen hast, aus."

"Alles gut. Ich habe wohl etwas falsch gedeutet."

An ihrem Blick konnte ich erkennen, dass sie mir nicht wirklich glaubte.

"Du würdest mir doch sagen, wenn du etwas wüsstest oder?"

"Sicher doch." Lüge. Ich log sie an und das wusste sie ganz genau. Mit einem Mal war sie mir noch ein Stückchen nähergekommen und plötzlich fühlte ich mich bedrängt. Ich wollte nichts lieber, als aus diesem Haus zu verschwinden.

"Ich muss dann gehen. Meine Mutter kommt bald zurück." Ich wollte dieses Gespräch nicht länger herauszögern.

Ich wollte gehen, doch ihre knochige Hand umschloss mein Handgelenk.

"Sicher, dass du nichts weist?"

Sie tat mir weh und machte mir Angst.

"Du tust mir weh Lisa. Ich weiß wirklich nichts."

Sie ließ mein Handgelenk los und fuhr sich einmal unschuldig durch die Haare. Noch nicht einmal eine Entschuldigung brachte sie über die Lippen.

So hatte ich sie noch nie erlebt. Ihr Blick war kalt, aber unter Drogen stand sie dieses Mal nicht.

"Dann richte deiner Mutter einen schönen Gruß aus."

Tattooed Monster Where stories live. Discover now