Kapitel 24

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Ich blickte in den Spiegel. Meine braunen Haare fielen lockig meinen Rücken hinab, auch wenn sie nur kurz über meine Schulter reichten. Ich hatte etwas Makeup aufgetragen, aber nicht all zu viel. Denn es war immerhin kein richtiges Date, sondern nur ein Treffen unter Freunden, wenn wir überhaupt dies waren.

Mir war immer noch leicht mulmig zu Mute, aber ich hoffte darauf, ihn heute besser kennenlernen zu dürfen. Ich trug eine schwarze Jeans und ein weißes Shirt, das knapp an meinem Hosenbund endete und wenn ich mich streckte, sicherlich ein bisschen Haut freigeben würde.

"Jetzt zeig doch mal her." Es war Harpers Idee gewesen, mich so einzukleiden. Ich hatte Schuldgefühle gehabt, nachdem ich sie so lange nicht mehr angerufen hatte und sie deshalb gebeten heute vorbei zu kommen und mir bei der Outfitwahl zu helfen, denn das war eines dieser Dinge, die Harper nun mal viel besser konnte als ich.

"Und du willst mir wirklich nicht verraten wer der Glückliche ist?"

Ich schüttelte den Knopf. Selbstverständlich hatte ich ihr nicht erzählt, dass ich mich mit Elijah traf, denn ich durfte nichts riskieren. Eine halbe Stunde hatte sie mich damit genervt, bis sie es endlich aufgegeben hatte.

"Es ist ja noch nicht mal ein Date."

Sie zwinkerte mir zu.

"Aber so wie du aussiehst, kann es sicher eins werden."

Ich schüttelte darauf nur lachend mit dem Kopf.

"Du bist unglaublich."

Als ich an die frische Luft trat, war es ein warmer, angenehmer Wind, der mich umhüllte. Ich ließ die Jacke weg und machte mich auf den Weg zum alten Haus. Die Sonne war dabei unterzugehen und da er mir keine Uhrzeit genannt hatte, hatte ich beschlossen, loszugehen, bevor es dunkel wurde.

Als ich ankam, sah ich schon eine Gestalt am Rande des Daches sitzen und es schlich sich ein kleines Lächeln auf meine Lippen. Er hatte mich nicht bemerkt. Er starrte nachdenklich in die untergehende Sonne. Ich lief die Treppe hinauf und trat auf den Boden des Daches.

Er musste meine Schritte gehört haben, denn er drehte sich zu mir um und lächelte mich an.

Es war eines dieses Lächeln, die man nur erwidern konnte.

Sein Blick schweifte meinen Körper entlang und ich konnte spüren, wie mir die Röte in das Gesicht schoss.

Bevor ich bei ihm ankommen konnte, stand er auf, kam auf mich zu und schloss mich in eine feste Umarmung, die nach meinem Geschmack viel zu kurz war.

"Du siehst toll aus."

Seine Augen leuchteten förmlich und ich freute mich, dass Harpers Ratschläge doch nicht umsonst gewesen waren.

"Du auch."

Und das war nicht gelogen. Er trug nicht wie sonst immer einen Kapuzenpulli, sondern ein blaues Shirt und eine schwarze Hose. Immer wieder konnte ich über die Tattoos an seinen Armen staunen. So viele Muster, so viele Buchstaben. Unglaublich.

Erst jetzt fiel mir die Decke auf, die auf dem Boden ausgebreitet lag. Er setzte sich hin und klopfte auf den Platz gegenüber von ihm.

Ich war überrascht, dass er zu so etwas romantischen fähig war, aber das sollte ich nicht sein, denn ich kannte ihn eigentlich gar nicht.

Ich nahm Platz und blickte ihn an.

"Ich wusste nicht welche Pizza du magst, also habe ich einfach die mit Salami genommen. "

Da hatte er einen Volltreffer gelandet. Er schob mir meine Pizzaschachtel zu und nahm sich selbst seine.

Es war eigenartig, auf einem Dach, auf einer Decke und mit Pizza, aber gleichzeitig auch das Beste, was es in diesem Moment geben konnte. Es war einfach und nicht in einem überfüllten, noblen Restaurant, wo ich mir vorkam, als müsste ich mich jederzeit darauf gefasst machen, etwas zu verschütten und mich damit zu blamieren.

Ich beschloss das Gespräch zu beginnen.

"Ist es nicht gefährlich für dich, etwas zu bestellten, du weißt schon, falls dich jemand erkennt?"

Es war vielleicht nicht die beste Frage mit der man anfangen konnte, aber wenigstens war es ein Anfang.

"Schon, ja. Aber bei der Pizza Bestellung nicht wirklich. Ich habe dort einen alten Freund auf den ich mich verlassen kann."

Er biss von einem Stück ab und ich tat es ihm gleich. Ich nickte auf seine Antwort.

"Tut mir übrigens leid, dass du das heute mit meiner Nachbarin und dann noch mit meinem Vater mitanhören musstest. Ich hatte damit wirklich nicht gerechnet."

Er lächelte mir sanft zu, aber mir war es dennoch unangenehm ihn in solch eine Situation gebracht zu haben.

"Das ist nicht schlimm. Aber wie geht es dir damit, du sahst ziemlich überfordert aus?"

Es war nett von ihm, sich über mein Wohlbefinden zu informieren. Also hielt ich es für richtig ihm eine ehrliche Antwort zu geben.

"Lisa ist die beste Freundin meiner Mutter und die Mutter von Lucy. Vielleicht hast du es schon in den Nachrichten gehört, aber bei ihr wurden Drogen gefunden. Als erstes habe ich gedacht es wären die ihres Mannes gewesen, aber als sie heute vor mir saß wusste ich, dass sie welche davon genommen hatte. Ich finde es furchtbar, dass sie zu solchen Mittel greift, aber ich kann sie verstehen. Sie hat so viel verloren. Ich würde ihr so gerne helfen, aber ich wüsste nicht wie ich ihr Lucy zurückbringen sollte."

Es kam alles so aus mir herausgeflossen, wie als hätte ich nur darauf gewartet es endlich jemandem erzählen zu dürfen. Und es fühlte sich gut an, sehr gut sogar.

"Das tut mir leid. Für sie und für dich."

Ich nickte ihm nur dankbar zu.

"Und was ist mit deinem Vater?"

Erneut übernahm die Wut kurz die Kontrolle über mich, aber ich fasste mich schnell wieder.

"Da gibt es nicht viel zu erzählen."

Mein Ton klang abwertend. "Er hat mich und meine Mom für eine andere Familie verlassen als ich elf war. Seitdem hat er sich nicht mehr gemeldet. Und jetzt nach sechs Jahren meint er das Recht zu haben, wiederaufzutauchen und mir zu erzählen ich solle mich nicht so anstellen und dass es auch nicht leicht für ihn war. Das ich nicht lache!"

Elijahs Blick war mitfühlend, doch ich wollte kein Mitleid. Ich wollte diesen Abend genießen und nicht mit Geschichten aus meiner Vergangenheit ruinieren.

"Aber vergessen wir das. Heute soll ein schöner Abend werden."

Ich lächelte ihn schüchtern an und bekam darauf ein nicht ansatzweise so schüchternes Lächeln zurück. Er war immer so selbstbewusst, jedenfalls vor mir und das bewunderte ich an ihm.

Tattooed Monster Where stories live. Discover now