Kapitel 41

7.2K 313 8
                                    

Als Elijah in meiner Vorfahrt parkte, setzte ich der gewohnte Stille während unserer Autofahrten ein Ende.
"Glaubst du wirklich ihr müsst umziehen?"
Seit Brian dieses Thema angesprochen hatte, wirkte er etwas bedrückt und hätte er mehr als ein Bier getrunken, hätte ich mich auch nicht von ihm nach Hause fahren lassen.
"Ich weiß es nicht. Wir leben noch nicht allzu lange hier, es wäre schade, wenn wir es jetzt so schnell verlassen müssten. Ich werde alles dafür tun, dass wir nicht weg müssen." Ich wollte nicht egoistisch sein, aber besonders der Gedanke daran, dass Elijah fortgehen und ich ihn nicht mehr sehen könnte, machte mich traurig. Er drückte mir einen Zettel in die Hand. "Das ist meine Nummer. Es war schon lange Zeit, dass du sie bekommst."

Das Licht war noch an, als ich das Haus betrat. Meine Mutter hatte es sich auf dem Sofa bequem gemacht und schaute sich im Fernseher eines ihrer lieblings Krimis an.
"Und wie war es bei Noah?", hörte ich sie rufen, während ich meine Schuhe auszog.
Ich hatte ihr erzählt, ich würde etwas mit Noah unternehmen. In letzter Zeit, hatte ich kaum Zeit mit ihr verbracht und das machte mich traurig. Dass ich sie so oft angelogen hatte, machte es auch nicht besser.

"Mom, ich muss dir etwas erzählen." Sie legte die Fernbedienung beiseite und klopfte auf den Platz neben sich. Ich nahm neben ihr Platz.
"Ich habe dich angelogen. Ich habe einem Jungen kennengelernt und ich mag ihn, sehr sogar. Es tut mir leid, dass ich es dir nicht erzählt habe."
Ich wartete darauf, dass sie mir Vorwürfe machte, aber nichts dergleichen passierte. Sie lächelte sanft und kniff mir in die Wange, so wie sie es damals immer getan hatte.

"Meine Tochter wird erwachsen." Überrascht, dass sie nicht sauer war, wurde es mir plötzlich bewusst.
"Du wusstest das ich dich anlüge oder?" Sie machte den Ton des Fernsehers komplett aus und drehte sich nun mit dem gesamten Körper zu mir um.  "Ich meine, ich war mir nicht sicher, aber ich habe es mir gedacht. Avery, ich bin deine Mutter, ich merke so etwas. "
Erleichtert atmete ich aus. "Du bist also nicht sauer?" Sie schüttelte den Kopf.
"Nein, aber bitte rede das nächste Mal mit mir."

Ich nickte ihr zu. "Willst du ihn nicht einmal hierher einladen?"
Sie schien sehr erfreut darüber, dass ich einen Jungen mochte, vielleicht auch, weil es davor kein großes Thema bei mir gewesen war.
"Ja, vielleicht irgendwann." Und in diesem Moment glaubte ich wirklich daran, dass ich Elijah eines Tages meiner Mutter vorstellen könnte und sie ihn akzeptieren würde.

"So und jetzt kommt meine schlechte Nachricht. Dein Vater hat angerufen, er möchte, dass du ihn morgen besuchen kommst."
Ich schnaubte genervt. Es war klar, dass er mich so früh wie möglich damit nerven wollte.
"Aber keine Sorge, ich fahre dich."
"Nein, Mom. Du musst ihn nicht mehr sehen." Sie legte mir den Zeigefinger auf den Mund.
"Ich bestehe aber darauf." Damit gab ich mich geschlagen, denn ich wusste, sie würde ihre Meinung nicht mehr ändern.
"Hör zu, wenn du es dir nochmal anders überlegt hast, du musst dort nicht hin. Wir können absagen."
Hastig schüttelte ich den Kopf. Damit er uns einen Anwalt auf den Hals hetzte. Nein, danke.
"Wirklich Mom, alles gut." Versicherte ich ihr.

Den restlichen Abend verbrachte ich damit, mit meiner Mutter Popcorn zu essen und den langweiligen Krimi zu schauen. Doch ich hatte schon lange nicht mehr eine so schöne Zeit mit ihr gehabt. Ich hatte wirklich Glück sie zu haben.

Die ganze Zeit über im Auto war ich angespannt. Wir fuhren jetzt schon eine ganze Stunde und waren immer noch nicht am Ziel. Anfangs hatte ich mich gefreut, dass die Fahrt zu ihm so lange dauerte, aber jetzt wurde ich einfach nur noch nervöser und mein Geduldsfaden schien jeden Moment zu reißen.

Meine Mutter fuhr langsamer, um die Adresse nicht zu verpassen, die uns mein Vater gegeben hatte. Natürlich waren wir in einem Viertel, indem nur die Menschen mit viel Geld wohnten. Meinem Vater war unser altes Haus wohl nicht genug gewesen.

Sie hielt vor einem weiß gestrichenen, großen Haus, in welchem bestimmt zwei Familien unterkommen könnten.
"Wir sind da." Meine Mutter sah nicht wirklich erfreut darüber aus, dass ich in dieses Haus gehen würde und ich fühlte nichts anderes.

"Keine Sorge Mom, ich schaffe das." Ich öffnete die Tür, lehnte mich vor und gab ihr einen Kuss auf die Wange.
"Wenn etwas ist, ruf mich an." Ich nickte und schlug die Tür zu. Sie fuhr davon und ich machte mich mit kleinen Schritten auf den Weg zu dem großen Haus vor mir.

Mit schwitzenden Händen, drückte ich auf die Klingel. Ich wischte sie mir noch einmal an meiner Hose ab. Auf meinem Rücken trug ich einen kleinen Rucksack. Ich wollte immerhin nicht länger als einen Tag und eine Nacht dort bleiben.

Mit einem Ruck wurde die Tür geöffnet und eine hübsche, blonde Frau stand darin. Für sie hatte uns mein Vater also verlassen. Ich kaute auf dem Kaugummi, den ich schon die ganze Fahrt in meinem Mund hatte und welcher schon längst nicht mehr schmeckte.

"Du musst Avery sein, komm doch rein." Ihr Lächeln schien echt zu sein und ich fragte mich, wie lange es dauern würde, bis mein Vater auch sie für eine Neue stehen ließ.
Ich folgte ihr, ohne etwas zu erwidern, denn ich wusste nicht, was ich von dieser Situation halten sollte. 

Von innen sah das Haus nicht weniger teurer aus. Alle Möbel waren schwarz-weiß gehalten. Der Flur war nicht lange, aber das Wohnzimmer dafür umso gröser. Eine Treppe gab es am Ende des Raumes, die in das Obergeschoss führte.
"Avery ist da, Schatz." Rief sie die Treppe hinauf und damit konnte nur mein Vater gemeint sein. Es war mir unangenehm, dass sie ihn vor mir Schatz nannte.

Er lief die Treppe hinunter und kam auf mich zu. Er trug seine Arbeitskleidung. Ein Hemd und eine feine Hose. Er hatte seine Brille auf der Nase, die er nur trug, wenn er am Computer saß und das passiere nicht oft, denn er hasste es, mit diesem zu arbeiten.

"Avery, schön das du hier bist." Er wollte mich in seine Arme schließen, doch ich wich aus. So eine warme Geste von ihm war ich schon lange nicht mehr gewohnt. Er sah plötzlich enttäuscht aus, doch ich hatte kein Mitleid mit ihm.
Ich war gespannt, wie ich die Zeit hier überstehen sollte.

Tattooed Monster Where stories live. Discover now