Kapitel 44

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Ich fühlte mich wie benebelt. Das Atmen fiel mir so unglaublich schwer, dass ich drohte umzukippen, in der Hoffnung, dass all das nur ein böser Traum war. Meine Hände zitterten, als ich mich zu ihr schob. Mom. Ich konnte an nichts anderes mehr denken. Ich wollte erneut schreien, all diesen Schmerz der mich von innen heraus auffraß, hinausschreien.

Lisa hatte das blutverschmierte Messer in der Hand. Sie hatte meiner Mom weh getan und wagte es sich vor mich zu knien. Ihr Gesicht war schock verzerrt, ehe sie selbst wegkippte und in Ohnmacht fiel. Sie war in einem Rausch, sie hatte es in ihrem Rausch getan. Eine solche Wut überkam mich, aber die Trauer siegte.

Meine Hände zitterten erneut und ein Heulkrampf überkam mich, ich wollte erneut schreien. Meine Mutter, sie lag auf dem Boden, bewusstlos. Unterhalb ihrer Brust war die Stichwunde, die nicht aufhörte zu bluten. Sie verblutete. Nein. Nein. Lisa hatte sie mit unserem Küchenmesser gestochen. Sie hatte einfach auf meine Mom eingestochen, nur weil ich ihr nicht verraten hatte, wo Lucy war.
Meine Hände drückten sich wie von selbst auf die frische Wunde, um verzweifelt die Blutung aufzuhalten. Ich war so hektisch, so furchtbar ängstlich. Ich konnte nicht klar denken. Mit wurde plötzlich furchtbar heiß und mein Inneres drohte in Flammen aufzugehen.

Es brachte nichts. Wieso hörte es nicht auf zu bluten? Die Tränen die ich vergoss, waren so voller Schmerz. Ich durfte sie nicht verlieren. Mein Körper bebte. Sie durfte mich nicht verlassen. Ich hatte ihr nicht Lebewohl gesagt.
"Mom, verlass mich nicht, bitte verlass mich nicht." Ich schluchzte bitterlich auf.

Ich wurde an der Hüfte gepackt und jemand versuchte mich von ihr wegzuzerren. Ich wehrte mich, ich konnte sie nicht im Stich lassen.

"Hör auf. Lass mich los." Ich schlug um mich, traf ihn jedoch nur zweimal. Elijah griff verzweifelt nach meinen Händen, die schon blutgetränkt waren.
"Hör auf." Ich schrie, ich schrie so furchtbar laut. Ich kratzte ihn, doch er zuckte nicht, er sagte nichts, er versuchte mich einfach in seine Arme zu ziehen.
"Lass sie los Avery, das bringt nichts. Lass sie los." Wie konnte er so etwas nur sagen.

Er zerrte mich mit all seiner Kraft von ihr weg, doch ich ließ ihre Hand nicht los. "Nein."
Mein Blick fiel immer wieder auf das blutverschmierte Messer, welches Lisa neben sich fallen lassen hatte, als sie bewusstlos wurde.
Dann bekam ich nichts mehr mit.

Das Blut meiner Mom verteilte sich auf dem Boden, es war so viel, zu viel. Eine Rettung war unmöglich.
Ich schrie, ich schrie mir die Seele aus dem Leib, wie ich es noch nie zuvor getan hatte. Dieser Schmerz, war das Schlimmste was ich jemals gefühlt hatte. Meine Mutter war fort.

Sie war tot.

Dieses Wort hallte in meinem Kopf. Es ließ mich verzweifeln, es ließ mich an der Menschheit zweifeln. Es war so ungerecht. "Es tut mir so leid Avery, so leid." Ich saß zwischen Elijahs Beinen, er hatte seine Arme un mich geschlungen und küsste meine Stirn. Er wiederholte diese Worte immer und immer wieder. Auch wenn ich mich gegen seine Arme wehrte, er hielt meinen Fäusten stand.
Lisa. Es war alles Lisas Schuld. Sie hatte sie mir genommen. Sie hatte ihrer besten Freundin so etwas angetan.

Meine heftigen Schluchzer gingen in Elijahs Shirt unter. Er strich mir beruhigend über den Rücken, doch er konnte mir nicht helfen, niemand konnte es. Die Sirenen bekam ich nur im Unterbewusstsein mit. Sie waren laut und das blaue Licht das durch das offene Fenster schien, zeigte nur noch mehr, dass dieser Alptraum die Realität war und diese drohte mich aufzufressen.

In einem kurzen Moment, hatte ich einen klaren Verstand. "Elijah du musst dich verstecken." Er schüttelte seinen Kopf. "Ich lasse dich nicht alleine."
Ich drückte ihn von mir fort und blickte, mit meinen Tränen verschmierten Augen, in seine.
"Bitte, ich kann dich nicht auch noch verlieren." Er zögerte, ehe er aufstand und sich in der Küche versteckte, so wie er es damals getan hatte.

Der leblose Körper meiner Mutter lag vor mir und ich drohte umzukippen. Zu viel war es für mich. Heftige Schluchzer überkamen mich erneut, welche ich auch mit der größten Mühe nicht zurückhalten konnte.
Ich krabbelte schiefend zu ihr herüber. Meine Hände schwitzten und meine Knie rutschten mit schmerzhaften Bewegungen über den kalten Boden dieses Hauses, welches ab heute kein Zuhause mehr für mich sein würde.

Ich nahm ihre Hand in meine. Mein Vorbild. Meine beste Freundin. Meine Mom, war tot und ich konnte nie wieder mit ihr lachen. Ihr nie wieder Elijah vorstellen, obwohl ich wusste, wie sehr sie sich darauf gefreut hatte, den Menschen kennenzulernen, der mich nach dem Verschwinden von Phil, wieder glücklich gemacht hatte.

Die Tür wurde aufgebrochen. Ich hatte die Stimmen der Polizisten nicht gehört, als sie an die Tür klopften. Sie stürmten in das Haus hinein. Sanitäter folgten ihnen. Nein, sie durften sie nicht von mir wegbringen. Ich umklammerte ihre Hand fester.

"Miss, bitte gehen sie dort weg." Ich schüttelte den Kopf. Nein. Niemals. Ich hielt ihre kalte Hand fest in meiner. Ich weinte, die Tränen nahmen kein Ende und das würden sie auch in den nächsten Tagen nicht tun.
"Miss, was ist passiert?" Ein Polizist und ein Sanitäter knieten vor mir. So entsetzt von dem Geschehen, brachte ich nur ein paar Worte über die Lippen.

"Lisa Hayls hat meine Mutter umgebracht."

Tattooed Monster Where stories live. Discover now