Kapitel 4/ ein Monat später

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Die letzten vier Wochen waren die unproduktivsten meines Lebens. Ich hatte noch nie so viel Langeweile. Es war ungewohnt für mich nicht mehr meine Freunde um mich zu haben oder die ganze Zeit für den perfekten Abschluss zu lernen. Ich hatte noch nie so viel Ruhe erlebt. Wenigstens muss ich mir jetzt aber nicht mehr die Augenringe über schminken.
Mein Bruder und meine Eltern haben sich übrigens auch fast nie blicken lassen.
Lando war ständig bei irgendwelchen Konferenzen, meine Eltern waren zum Essen da und dann gingen wir wieder getrennte Wege.
Heute werden Lando und ich aber nach Barcelona fliegen. Dort sind nämlich die ersten Testfahrten.

Lando, sein schweigsamer Manager und ich standen an den Passkontrollen und warteten darauf, dass wir in den Sicherheitsbereich dürfen. Die Zeit nutzte Landos Manager, um meinem Bruder seinen Tagesablauf zu erklären. In seiner Hand hatte er eine dicke Mappe mit gefühlt 10.000 Daten und Namen drauf.
Nach weiteren fünf Minuten zeigten wir unsere Pässe den Beamten vor und durften passieren. Lando lief sofort in einen Shop und kaufte sich Wasser.
Ich hätte wirklich Bargeld besorgen sollen...
,,Na, Schwesterchen, willst du auch was?", fragte er provozierend, als er rauskam.
,,Ha-ha.",meinte ich sarkastisch.
Lando nahm seine Rechte Hand hinter dem Rücken hervor und warf mir eine Wasserflasche zu, die ich knapp aufging. Aber ich hab sie...
,,Danke, Brüderchen.", sagte ich, ging zum Herren von Bruder und drückte ihm einen Kuss auf die Wange.
,,Ja ja, kein Problem, was macht man nicht für seine Schwester und so."
Ich streckte ihm die Zunge raus und wir liefen weiter.
,,Also gut, Leighton, richtig?", fragte der Manager. Ich nickte und er zog eine Mappe aus... naja, seiner Mappe. Sie war zum Glück dünner als seine. Er drückte sie mir in die Hand. Überfordert blieb ich stehen während Lando und sein Manager weiter gingen.

,,Keine Sorge, du gewöhnst dich an diesem Business.", sagte eine Stimme hinter mir.
Ich fuhr herum und war bereit der Person mit der Mappe einen überzuziehen, hielt aber inne, als ich in ein bekanntes Gesicht sah. Aber woher kenne ich es...
,,Kennt man sich?" fragte ich misstrauisch und verstaute die Mappe in meiner Handtasche.
,,Na, das hoffe ich doch. Als du in der siebten Klasse warst und dein Bruder und ich dich besuchen durften, meintest du, dass ich ein ernstes Gesicht hätte."
,,Ach du heilige scheisse, George?! Du lebst ja noch!", gab ich überrascht von mir und umarmte ihn stürmisch.
,,Warum sollte ich nicht mehr leben?", lachte er.
,,Ich hatte fest damit gerechnet, dass deine Freundin dich umbringt, wenn du nicht aufhörst mit deiner Cousine zu reden."
Ich löste mich von dem besten Freund meines Bruders und sah ihn an.
,,Wow, aus dir ist ja wirklich was geworden..."
,,Na vielen Dank auch."
Er legte einen Arm um meine Schultern und führte mich zu meinem Bruder, der uns belustigt ansah. Als sein Blick aber auf die Mappe fiel, die etwas aus der Tasche rausragte, verdrehte er die Augen.
George nahm seinen Arm von meiner Schulter und begrüßte meinen Bruder. Sie redeten miteinander während ich abwesend durch die Abflughalle blickte.
Was Tyler jetzt gerade wohl machte... ich vermisse ihn wirklich und einfach nur miteinander zu schreiben und zu telefonieren ist einfach... eben nicht das selbe wie der Person gegenüber zu stehen.
,,Komm mit, Leighton. Oder möchtest du das ganze Jahr hier stehen?", fragte George belustigt. Warum sprach er denn so laut... oh...
George, Lando, Landos Manager und George's Manager waren schon vorgegangen, während ich immer noch wie bekloppt dastand.
Mit schnellen Schritten holte ich den Abstand zwischen uns auf und gemeinsam gingen wir zum Gate.
Sanft zog Lando mich an seine rechte Seite und sah mich prüfend an. Was auch immer er jetzt hat.
Beim Gate angekommen setzten wir uns auf die Bänke, die dort angebracht wurden.

,,Warum bist du eigentlich so nett zu mir? Ich meine, was ich damals gesagt habe war nicht sonderlich überlegt gewesen.", sagte ich zu George und strich eine Strähne meines braunen Haares zurück.
Wenn ich so zurückdenke, habe war ich nie wirklich nett zu George. Ich glaube, ich war neidisch auf meinen Bruder, weil er seine Freunde einladen durfte und alles machen konnte während ich in diesem alten Internat saß.
,,Bei allem Respekt, Leigh, du warst jung, wurdest von deinen Eltern weggeschickt. Du wusstest nicht wie dir geschieht. Ich kenne keinen Grund um irgendwie wütend auf dich zu sein."
Oh Gott... jetzt fühle ich mich ja noch schlechter. Wie kann er einfach so tun, als ob nicht passiert wäre?
Ich umarmte ihn. George schloss seine Arme um meinen Bauch und zog mich etwas näher zu sich.
,,Ach du scheisse, bist du dünn!", stellte Lando fest.
Ich löste mich von George.
,,Wie kommst du jetzt darauf?"
,,George's Arme waren mindestens doppelt so breit wie dein Bauch."
Als ob er es beweisen wollte, kam er zu mir und legte seine Hände um meine Taille. Empört schlug ich sie weg.
,,Mädchen, du musst zunehmen."
,,Lando, es ist alles so, wie es sein sollte. Der Arzt meinte, dass es normal ist. Außerdem gab mir mein Gymnastiktrainer einen Ernährungsplan an den ich mich halten muss."

Aus dem Augenwinkel sah ich, dass George's Manager eine kleine Popcorntüte aus seinem Rucksack zog.
,,Ich wusste, dass es irgendwann mal nützlich werden wird.", murmelte dieser.
Ich streckte meine Hand aus und bekam etwas von dem Popcorn in die Hand gedrückt.
Vor Landos Augen aß ich sie, während er mich nur grimmig ansah.
Landos Manager, nennen wir ihn einfach mal Carl, sagte: ,,Wir müssen zum Boarding, die Business class wird vorher reingelassen."
Ich stand auf, richtete meine Leggins und streckte mich kurz, bevor ich meine Tasche nahm und zu diesem Theken shit ging, wo man seine Boardingcards vorzeigt und ins Flugzeug geht.

Wir gingen die Gangway runter ins Flugzeug. Die Stewardess' lächelten uns gefaked an und zeigten uns unsere Plätze.
Mein Bruder nahm mir die Tasche ab und legte sie auf die Gepäckablage.
,,Also, wer sitzt wo?", warf ich in die Runde.
,,Du sitzt in der Mitte.", meinte George.
,,Was? Warum ich?"
,,Du bist die Jüngste."
,,Und ein Mädchen."
,,Du bist sexistisch, Lando."
Mein Bruder schüttelte lachend den Kopf und rückte zum Fenster durch. George grinste mich an.
,,Ladies first."
Okay, den kann ich nicht verkneifen.
,,Dann bitte George."
Von Lando kam ein unterdrücktes kichern. Lando kichert?! Seit wann?
Ich ließ mich neben Lando fallen und holte mein Handy aus meiner Pullovertasche. Tyler hatte zwei Nachrichten geschickt.

,Ich hab 'nen 1,5er Schnitt!' ,Ey ich dachte ich muss wiederholen.'
Ich schmunzelte und tippte einige Herzen ein.
,,Dein Freund?", kam es von links. George lächelte mich an.
,,Ich bitte dich, Georgie, jeder weiß, dass in einer heimlichen Beziehung mit Chris Evans bin."
Fragend sah er meinen Bruder an, welcher aber nur den Kopf schüttelte. Seufzend schaltete ich mein Handy aus und steckte es zurück in die Tasche.

,,Ach Lando, ich bin müde.", schmollte ich und lehnte mich nach hinten. Der Sitz ist irgendwie bequem.
Lando klappte dir Armlehne nach hinter und drückte meinen Kopf auf seine Schulter. Ich kuschelte mich an ihn, streifte mir die Schuhe ab und zog die Beine an.
George zog seine Jacke aus und legte sie mir über die Beine.
,,Danke, ihr seid so nett."
Ich schloss meine Augen und atmete Landos vertrauten Duft ein. Noch vor dem Start war ich weg.



Wenige Stunden später wachte ich mit enormen Druck auf meinen Ohren wieder auf. Ich gähnte und es knackte schmerzend. Aber es ging wenigstens wieder.
Geistesabwesend zog ich meine Schuhe wieder an und gab George die Jacke zurück.
,,Die verteilen nicht zufälligerweise noch Sandwiches?", warf ich in die Runde.
,,Wir kaufen dir gleich was."
,,Oh, nicht nötig, ich kann im Hotel essen."
,,Nein, du kriegst jetzt etwas.", erwiderte George und zog ein Sandwich in diesem Flugzeug Verpackungen hervor. Seufzend nahm ich es entgegen und biss ab.
Lando drückte mir meine Tasche in die Hand und zog mich auf die Beine.

Das Flugzeug war bereits leer. Die beiden Manager und wir drei waren die letzten. Wir gingen durch die kühle Gangway und kamen an der Passkontrolle und Gepäckausgabe an, wo wir auf unsere Koffer warteten, die bereits auf dem Band einsam vor sich hin gefahren wurden.
Als wir aus dem Flughafen gingen, schlug mir eine Hitze entgegen, wie ich sie noch nie erlebt habe.
Das grelle Sonnenlicht blendete mich und ich schaute nach unten.
,,Sollte dich irgendein Paparazzo ansprechen, dann antworte ihn nicht. Das ist das schlimmste, das du machen kannst.", meinte Carl.
Ich nickte und wagte mich unter dem Vordach hervor.
Was zum... ich könnte schwören, dass meine Haut gerade angebrannt ist!
Zu fünft gingen wir zu einem schwarzen Van, der einige Meter weiter vom Ausgang geparkt hat und uns anscheinend ins Hotel fahren wird.
Ein Mann stieg aus und lief unsere Koffer in den Kofferraum während Lando die Tür öffnete und wir nach einander durchrückten.
Als wir losfuhren bekam ich fast einen Herzinfarkt. Der spanische Fahrer fuhr ohne jegliche Vorwarnung los und beschleunigte wahrscheinlich sofort auf 180... oh Gott... ich will wenigstens noch die nächsten drei Stunden erleben.
Lando musste mein Aufschrecken bemerkt haben, denn er griff an meine rechte Seite, holte einen Anschnallgurt hervor und schnallte mich an.
,,Wozu bin ich denn da..."
Ich gab ihm einen Kuss auf die Wange und legte meinen Kopf auf seine Schulter.
Vielleicht wird ein bisschen mehr Zeit mit meinem Bruder nicht schaden.

Losing game (beendet)Where stories live. Discover now