Kapitel 11

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,,Der letzte Tag... man, ich werde dich echt vermissen.", jammerte Michelle und fiel mir im die Arme.
Sie war ein ganzes Stück größer als ich, was das ganze irgendwie unbequem machte.
,,Ich dich auch. Du bist mir echt ans Herz gewachsen.", sagte ich. Zum Glück sehen wir uns aber in Melbourne wieder.

Ich konnte mir bei ihr die Seele aus dem Leib erzählen. Sie kannte niemanden, den ich auch kannte.
Sie löste sich von mir und zusammen gingen wir durch die Boxengasse.

,,Ich frag mich echt, was dein Loverboy ohne dich machen wird."
,,Er ist nicht mein Loverboy.", zischte ich.
,,Du weißt immerhin über wen wir reden."

Steht hier irgendetwas rum, das ich gut an ihren Kopf werfen kann?

,,Ist doch so! Ich meine, guck mal wie er dich ansieht."
Ich schaute rüber zur Ferraribox. Charles stand vor ihr zusammen mit ein paar Mechanikern und sah Michelle und mich tatsächlich mit diesen wunderschönen grünen Augen an. Verlegen  schaute ich auf den Boden.
,,Da hast du's! Also ich shippe es.", rief sie.
Schnell legte ich meine Hand vor ihren Mund.
,,Psht, nicht so laut.", meinte ich und nahm meine Hand wieder weg. Michelle lachte daraufhin nur und ging weiter.
,,Ach Leighton, du bist so goldig.", lallte sie als ob sie betrunken wäre.
Schnell lief ich ihr hinterher.

,,Soll ich das jetzt als Kompliment annehmen?"
,,Du kriegst nicht oft welche, oder?", rief sie über die lauten Motorgeräusche hinweg.
Ein orange-blauer McLaren fuhr an uns vorbei. Der Fahrer winkte uns zu und ein Blick auf die Nummer verriet mir, dass es mein Bruder ist.
Michelle ging stur weiter, sobald Lando weg war. Durch die unzähligen Kamerateams verlor ich sie aus den Augen. Ich beschloss zu Landos Box zu gehen und ließ mich auf irgendeinem Platz weiter hinter nieder.

Mein Handy vibrierte. Ich nahm es aus der Jackentasche und sah, dass Charles mir eine Direct Message geschickt hatte. Ich öffnete sie.

,Du siehst gut aus heute.'
,Danke, kann man nur zurückgeben.'
,Irgendwie siehst du befreiter aus.'
,Wie meinst du das?'

Befreit? Wovon denn?
Er antwortete nicht.
Ohne Shit, er bringt mich hier noch zum durchdrehen. Im positiven Sinne. Aber durch seine rätselhafte Art fühlte ich mich wie bestellt und nicht abgeholt.
Ich will antworten haben. Um selbst darüber nachzudenken bin ich zu faul.

,,Du bist in der falschen Box, kann das sein?", fragte eine Stimme mit spanischen Akzent. Ich drehte mich um und sah in ein unbekanntes Gesicht.
,,Äh, ich glaube nicht."
,,Bist du nicht George's Freundin? Ich hab gesehen, wie ihr euch umarmt habt."
,,Um Gottes Willen! Wir sind miteinander befreundet. Ich bin Landos Schwester, also in der richtigsten Box, die es gibt."
,,Oh, na dann. Viel Spaß noch."

Komische Leute hier.
Er verschwand in den hinteren Bereich und Carlos kam zu mir. Anscheinend hat er einige freie Minuten.

,,Lando hat recht, du musst zunehmen."
,,Ich bin nicht zu dünn!", fuhr ich ihn ungewollt an. ,,Mein Gymnastiktrainer hat mir einen Ernährungsplan gegeben, an den ich mich halten musste. Es ist alles noch gesund."
Abwehrend hob er die Hände.
,,Wie du meinst. Ich sehe nur Tatsachen. Du hast übrigens eine Nachricht bekommen.", sagte er lächelnd und ging wieder.

Verwirrt schaute ich auf mein Handy. Ich hatte echt eine Nachricht bekommen. Wieder war es Charles.

,Du hast gestern geweint nachdem Michelle dich weggezogen hatte, oder? Warum?'
,Nicht so wichtig, aber nett, dass du dir sorgen machst.'
,Nach nicht so wichtig sah es aber nicht aus.'
,Ist es wirklich nicht, mach dir um mich keine Gedanken'

Ich schaltete mein Handy aus und begab mich auf die Suche nach etwas essbaren.
Im Kameralosenbereich fand ich eine Schüssel mit Laugenbrezeln, die ich in Beschlag nahm. Ich ließ mich in irgendeine ruhigen Ecke nieder und fing an sie zu essen.
Nach einer Zeit ertönte eine laute Stimme neben meinem Ohr.
,,Gefunden! Komm, gehen wir raus!"
Michelle erschreckte mich zu Tode. Ich hatte aber keine Zeit mich von dem Schrecken zu erholen, denn sie zog mich aus der Ecke auf die Beine. Ich hatte gerade noch Zeit die Schüssel hinzulegen und mir eine Hand voll dieser Laugenbrezeln zu nehmen.

,,Was ist denn jetzt los?", fragte ich verwundert.
,,Dein Loverboy hat gerade eine Pressekonferenz. Und wir dürfen zuhören."

Sie gibt auch wirklich nie nach, oder?

Michelle führte mich durch unzählige Boxen und Gänge. Ich hab mich echt verloren, aber zu Beginn der Pressekonferenz kamen wir im Raum an.
Charles saß neben Daniel, Michelles Bruder, welcher wiederum neben einem anderen Fahrer saß. Die ersten Fragen gingen an die anderen Fahrer, bevor es zu Charles ging.
Die Fragen drehten sich alle um die kommende Saison oder das Team. Er beantwortete alles mit einem leichten Lächeln im Gesicht.

,,Gibt es gerade eine bestimmte Person in ihrem Leben? Sie gehen viel fröhlicher durch die Gegend als bei der Pressekonferenz am Donnerstag und nur der Wechsel zu Ferrari kann es nicht sein.", fragte ein Reporter.
Charles schmunzelte.
,,Vielleicht."
,,Ist sie ihre diesjährige Motivation?"
,,Gut möglich."

Kameras klickten. Es ging mir unglaublich auf die Nerven.
Unerwartet zog Michelle mich aus dem Raum.
Sie muss sich das echt abgewöhnen...

,,Hast du gesehen, wie er dich angeguckt hat?", quiekte sie aufgeregt.
,,Michelle, er hat auch den Boden geguckt."
,,Hat er nicht."

Hä?
Natürlich hat er das, was redet sie?

Mein Bruder ging an uns vorbei.
,,Lando! Rette mich!", rief ich ihn zu. Er blickte sich um, bis er mich sah. Ich rannte auf ihn zu und ließ eine beleidigte Michelle hinter mir stehen.
Ich sprang auf Landos Rücken und er rannte ohne weitere Fragen zu seiner Box. Dort ließ er mich auf einem der Tische runter.
,,Will ich wissen, was passiert ist?", fragte er.
Ich schüttelte energisch den Kopf. ,,Bloß nicht."
,,Das reicht mir als Antwort. Ich geh mich umziehen."
Er ließ mich stehen und verschwand durch einige Gänge in der Box.
Es wurde kühler und ich zog meine neue Jacke fester um mich.
,,Gut, wir können.", sagte Lando und tauchte neben mir auf, um mir von dem Tisch zu helfen. Zusammen gingen wir durch das Paddock, bis Lando plötzlich stehen blieb.

,,Shit, ich hab mein Handy vergessen. Geh schon mal zum Van, ich hole dich ein.", sagte er und rannte zurück.
In der Zwischenzeit nahm ich mein Handy und schaute, ob Charles mir geschrieben hatte und setzte meinen Weg zum Van fort.
Leider bemerkte ich nicht, dass mir eine Person entgegen kam, die ebenfalls mit seinem Handy beschäftigt war.
Wir liefen gegeneinander aber im Gegensatz zu mir, fiel er nicht. Ich knallte mit voller Wucht auf den Boden. Wie ich mein Handy noch halten konnte, ist selbst mir ein Geheimnis, aber es ist noch ganz.

,,Ach du scheisse, es tut mir so leid, ich hab dich nicht gesehen.", sagte jemand mit französischem Akzent. Ich blickte auf und sah in das Gesicht der Person, bei der ich denke, dass sie Charles' Bruder ist.
,,Kein Problem, kann ja mal passieren."
Ist bequem auf dem Boden. Er ist angenehm warm.
,,Tu ne peux pas regarder, Arthur?",rief eine vertraute Stimme auf französisch. Er fragte, ob Arthur nicht aufpassen kann, wenn mein Französisch noch nicht ganz eingerostet ist. Charles kam angerannt.
Bevor ich überhaupt die Chance hatte aufzustehen, zog Charles mich sanft hoch.
Als seine Hände mich berührten schien meine Haut zu brennen.

Ist das gesund? Ich glaub ja nicht...

,,Espéce d'idiot.", sagte er erneut an seinen Bruder gerichtet. Wie soll er denn ein Idiot dein, wenn er mit dir verwand ist...
,,Ce ne pas de sa faute.", sagte ich und strich meine Kleidung glatt. Ich sagte, dass es nicht seine Schuld wäre.
Überrascht sah Charles mich an.
,,Du sprichst französisch?"
Ich nickte.
,,Tut dir etwas weh?", fragte Arthur.
,,Nein, alles bestens. War genauso meine Schuld. Also dann, wir sehen uns vielleicht."
Ich verabschiedete mich von beiden und setzte meinen Weg zum Van fort.

Losing game (beendet)Where stories live. Discover now