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„M-m-meine Kinder...", flüsterte er gebrochen, realisierte erst jetzt so richtig, was es hieß, in dem vereinsamten Kinderzimmer zu stehen und nicht von den kleinen Wonneproppen mit einem Lachen begrüßt zu werden. Es war still. Entsetzlich still. So still, wie es in keinem Haushalt mit Kindern sein durfte. Schlug sein Herz denn noch? Es gab nichts mehr, wofür es schlagen könnte. Für gewöhnlich öffnete er die Tür und wurde mit dem aufgeweckten Kichern und Lachen seiner zwei Jüngsten begrüßt, die sich an den Bettstäben festhielten und die kurzen Ärmchen hin zu Daddy reckten, damit er sie hochhob und knuddelte. Ihnen Küsschen auf's Bauchi gab und sie zum Lachen brachte. Jungkook hatte Miles jeden Morgen wie einen Flieger durch die Luft getragen und lustige Brummgeräusche dazu gemacht, das jauchzende Gelächter hatte ihn mit purer Vaterliebe erfüllt und den Schmerz aus der Vergangenheit entlohnt.

Diese Erinnerungen, diese Zeiten in denen noch alles in perfekter Ordnung lag und die Familie einen glücklichen Alltag bestritt, lagen gar nicht so weit zurück, wenn man bedenkt, dass sich Jungkook bereits nach wenigen Tagen umringt von gleichgesinnten Meerfischen wiedergefunden hatte. Bewusst hatte er dazu nicht beigetragen, nicht viel zumindest, denn seine korallbraunen Augen und die darin liegende Traurigkeit sprachen Bände. Drückten mehr Emotionen aus, als er mit verbalen Silben jemals hätte betonen können und deswegen, weil im Meerreich der Stellenwert Familie an oberster Priorität stand, sagten ihm die freundlichen Meerjungfrauen und Meermänner zu, ihn auf der Suche nach seinen Kinderlein zu helfen. Nicht nur, weil sie um den Verlust des Vaters bangten in einer Welt, die so unbeständig war wie das Wetter selbst, sondern auch aus dem Beweggrund, weil Jungkook der Gefährte des Kindes war, dessen Mutter ihren Reichtum und Wohlstand an diejenigen schenkte, die weniger hatten. Weil er einer der wenigen Guten in diesem Universum war. Weil Jungkook nach Hilfe bat, und nicht mit einer legeren Selbstverständlichkeit daherkam – Tae mochte damals auf dem Thron gesessen und regiert haben, doch diese Epoche gehörte lange schon der Vergangenheit an, und Jungkook dachte gar nicht daran, aus dem früheren Amt seines Gefährten zu profitieren. Tae zog nicht grundlos fort aus den goldenen Gittersprossen des lichten Palastes, ließ sich in der Welt der Menschen nieder und gründete seine eigene idealistische Zukunftsvorstellung. Gründete eine Familie. Ein Leben, das es wert war zu leben.

Ein Leben, gelebt mit Liebe und Sanftmut.

Yoongi und Jungkook hatten sich mit den freundlichen Verbündeten aufgemacht, um den besagten Bekannten ausfindig zu machen, von dem sich der Schwarzhaarige Hilfe versprach. Weil dieser besagte Bekannte der Einzige war, von dem er positiv dachte und der keinen bitteren Nachgeschmack hinterlassen hatte. Weil er mir damals Tae zurückgebracht hat und sich gegen die Seinen stellte, um uns eine zweite Chance zu ermöglichen.

Es kostete viele aufmerksame Gespräche, stundenloses Grübeln und irgendwann zeigten sich die Mühen von Erfolg gekrönt: Jungkook und Yoongi fanden den Bekannten in seiner Behausung vor, wie erhofft, und weil die Zeit der Abwesenheit die beiden so lange getrennt hatte, wurde ihnen bis auf weiteres eine Bleibe und Essen angeboten. Dann galt es, sich auszutauschen und Jungkook erzählte dem Freund, wie er den Bekannten lieber bezeichnete, die wundervolle Entwicklung der weltlichen Romanze, zauberte dem Älteren ein erfülltes Lächeln auf die hellen Lippen während er von seinen geliebten Kinderlein schwärmte und sich in huldvollen Lobpreisungen über seinen Gefährten festfuhr. Natürlich, wie könnte sein Freund, Herr Élcalad der damals so tatkräftig zur Wiedervereinigung der Weltenkinder beitrug, tatenlos zusehen, wie der funktionierenden Familie solch grobes Leid angetan wurde? Dass er den beiden Menschen auf ihrem Vorhaben beistehen würde, war selbstverständlich. Und mithilfe des Kontaktfisches gelang es den Freunden, Jungkook in den dunklen grottenartigen Palast zu schleußen, wo er sich eine Unterredung mit dem Herrscher persönlich versprach. Der König der Monster, verrufen und gefürchtet, welcher Jungkook damals allerdings das Elixier zur Gestaltwandlung ausgehändigt hatte. So böse konnte Dragstor also nicht wirklich sein, wenn er ihnen einst geholfen hatte. Zumindest war Jungkook überzeugt davon, ein weiteres Mal auf den einsamen Monsterkönig zählen zu können.

Ocean Eyes  [MERMAID!AU]Where stories live. Discover now