08| Tess - Smalltalk

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„Oh Mann, ist der stur

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„Oh Mann, ist der stur. Tut mir leid, Lesley, einen Versuch war es Wert. Wir sehen uns später", raunte ich meiner besten Freundin noch leise zu, ehe ich mich von ihr und dem neuen Praktikanten abwandte und den Flur herunter stapfte. „Also los, ich möchte keine Zeit verschwenden", murrte ich rufend und stolzierte einfach an ihm vorbei in die Richtung der Kunsträume.

„Ach, jetzt bist du auf einmal ganz stürmisch?", fragte er belustigt und folgte mir schnellen Schrittes.

„Ich möchte die Sache schnell hinter mich bringen", murmelte ich nur zu mir selbst und fügte laut hinzu: „In diesem Flügel befinden sich die Räume für Kunst, darstellendes Spiel, Musik und alles, was einen künstlerischen Aspekt beinhaltet. Dort hinten im linken Gang ist übrigens auch der Fahrstuhl. Er ist etwas versteckt und nur zugänglich für autorisierte Personen, welche im Grunde nur die Lehrer sind."

Ich führte ihn auch zu den Physik- und Matheräumen, an den Englischräumen vorbei zu den Biologielaboren und dann war Geografie und Management, sowie Marketing und Strategieentwicklung dran. Jenes waren wohl die Kurse, die uns von einer normalen Schule deutlich unterschieden. Sobald man diese Schule betrat, legte man einen Eignungstest in diesen Fächern ab. Je nach Ergebnis wurde man in die Nachhilfekurse, die Grund- oder Leistungskurse eingeteilt. Für unsere Eltern war es ein Prestige, wenn der eigene Nachwuchs beste Leistungen in diesen Gebieten erbrachte. Der Druck gute Noten zu schreiben war enorm. Schließlich sollten wir mal große Firmenerben werden.

„Tja, das waren die Unterrichtsräume fürs Erste, aufgeteilt auf die drei Stockwerke. Im Obersten, dem vierten Stock befinden sich das Lehrerzimmer, sowie einige Gruppenräume, Lern- und Ruheplätze. Fehlen daher nur noch die Cafeteria, das Sekretariat, die Turnhalle, die integrierte Schwimmhalle und der Außenbereich." Das war noch ein weiter Weg, stellte ich für mich fest, was mich innerlich aufstöhnen ließ. Auch wenn diese Schule nur wenig Schüler unterrichtete, waren die Eltern ihrer Schützlinge sehr spendabel und ließen einiges springen, damit es hier möglichst luxuriös zuging. Nichts war zu teuer für die verwöhnten Gören der High Society.

„Na, ist doch nett. Wie wärs, wenn wir uns die Zeit mit ein bisschen Small Talk vertreiben?", fragte mich unser neuer Praktikant und schloss zu mir auf.

„Soll ich etwas über die Geschichte der Schule erzählen?", fragte ich, bemüht meine Unlust zu unterdrücken. Irgendetwas an seiner vorgespielten Freundlichkeit oder seiner Art kam mir seltsam vor. Ich konnte nur nicht sagen, was es war.

„Weil ich Geschichtsstudent bin?" Ein leises, raues Lachen ertönte neben mir. Es kam mit auf eine merkwürdige Weise bekannt vor. So, als hätte ich es bereits einmal dicht neben mir gespürt. Eine unbewusste Vertrautheit machte sich in meinem Brustkorb breit. „Nicht nötig, ich interessiere mich mehr für Kunstgeschichte und antike Artefakte. Häuser waren mir stets zu langweilig. Außerdem habe ich mich vor meiner Bewerbung natürlich informiert. Diese Schule war früher ein Waisenhaus, in diesem wurden Kinder mit wenig Geld und ohne Eltern unterrichtet. Obwohl es stets sehr arm war, kam es gut über die Runden. Bis zu dem Tag, an dem ein großzügiger Spender kam. Er ließ das Waisenhaus zu einer großartigen Schule ausbauen, um die gutmütigen Menschen zu belohnen. Durch das Ansehen, welches das Haus schnell erlangte, wurden kurz darauf die Sprösslinge der Reichen und Schönen hierher geschickt. Es entwickelte sich zum Brauch, dass sich hier die wohlhabende Bevölkerung ausbilden ließ. Denn jeder, der seinen Abschluss an dieser Schule machte, erreichte später großes im Leben. Seither wird hier die High Society des Landes geschult. Obendrein wird jedes Jahr zum Jahrestag eine Spendenaktion gestartet, um andere Waisenhäuser zu unterstützen", erläuterte er ausführlich und erstaunte mich mit seinem Wissen, selbst ich hatte nicht so detailliert über unsere Schule Bescheid gewusst. „Mich würde jedoch viel mehr etwas von vorhin interessieren. Du magst also braune Augen, ja?", wechselte er abrupt das Thema. Neugierig begutachtete er mich.

Stolen HeartsWhere stories live. Discover now