Kapitel 55

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Gelangweilt stelle ich mich an den Rand des Garten. Mario hat mich auf irgend eine blöde Party von einem Freund mitgeschleppt. Natürlich wimmelt es hier von Fußballern und einige haben auch noch ihre nervigen Blagen dabei. Was für ein Spaß. Als er meinte wir gehen auf eine Party hatte ich mehr an Club, Literweise Alkohol, Zigaretten und Drogen gedacht. Auch wenn das nicht gerade hilfreich gewesen wäre nach meinem Entzug. Aber manchmal fehlt es mir doch.

Ich stürze mein Wasser in einem Zug herunter, irgendwie muss ich mich diesen Abend ja beschäftigen. Viel trinken und die meiste Zeit im Badezimmer verbringen klingt ganz gut. Dann drehe ich mich um, damit ich mir ein neues Glas Wasser holen kann. Doch stattdessen laufe ich gegen eine andere Person. Als ich aufschaue bleibt mir das Herz für einen Moment stehen.

Mein Gegenüber schaut genauso überrascht und schockiert.

Es ist bereits drei Jahre her und trotzdem schmerzt es ihn zu sehen.

Vor meinem inneren Auge kommen alle Erinnerungen wieder hoch. Von unserer Beziehung, von allem was passiert ist mit Mo damals und von der Zeit nach der Trennung. Die ganzen leeren Flaschen, der chaotische Raum den ich nie verlassen habe, die tausend Taschentücher, die roten blutunterlaufenden Augen.

Er sieht genauso aus wie damals. Nicht ein Stückchen hat er sich verändert.

"Maddie", bringt Leon mit schwacher Stimme hervor und dann erscheint tatsächlich ein sanftes Lächeln auf seinen Lippen "Wie geht es dir?"

Ein kleines Mädchen taucht neben ihm auf. Sie ist etwas unsicher auf den Beinen, scheint noch nicht all zu lange zu laufen oder vielleicht ist es bei Kleinkindern einfach normal. Ihre kleinen Finger krallen sich in Leons Hose und lachend hebt er das Mädchen hoch. Er setzt sie auf seiner Hüfte ab und strahlt sie kurz an, bevor er sich wieder mir zuwendet.

Ich schlucke schwer und versuche mein schmerzendes Herz zu ignorieren. Es ist Leon, er war es immer und er wird es immer bleiben. Ihn mit einem kleinen Kind zu sehen tut wahnsinnig weh. Die Vorstellung, dass er eine eigene Familie hat schmerzt. War er wirklich in der Lage so schnell mit allem abzuschließen?

"Deine Tochter?", frage ich und bemühe mich um eine möglichst feste Stimme. Obwohl mir momentan definitiv mehr nach weinen zu Mute ist. Kurz schaue ich das kleine Mädchen an, bevor ich zurück zu Leon schaue. Alleine ihn anzuschauen tut mir weh. Aber ihn scheint es überhaupt nicht zu stören. Er verhält sich ganz normal.

Als wären wir zwei alte Freunde, die sich aus den Augen verloren haben und jetzt wieder sehen. Als wäre nie etwas passiert.

"Nein, nein", lacht er auf "Das ist Maddie, die Tochter von Jo und Lina"

Überrascht und sehr verwundert schaue ich ihn an.

"Maddie?", frage ich zaghaft nach und bestätigend nickt Leon.

"Lina war ab der ersten Sekunde in deinen Namen verliebt und die beiden haben dich wirklich gerne. Als du einfach verschwunden warst, haben sie sich dazu entschieden das zweite Kind nach dir zu benennen", erklärt er mir und bei dem letzten Satz verschwindet sein Lächeln "Wie waren die letzten Jahre für dich?"

Ich überlege kurz die Wahrheit zu verdrehen. Zu erzählen wie toll und erfolgreich mein Leben ist. Aber dann entscheide ich mich doch dagegen. Ich kann ihn nicht anlügen, das bringe ich nicht übers Herz.

"Hart", antworte ich lediglich auf seine Frage und Leon nickt langsam. Ich sehe, dass er schwer schluckt.

"Du hast mir gefehlt", bringt er über seine Lippen und verzweifelt lache ich auf.

"Ich bitte dich, Leon. Du wolltest damals, dass ich verschwinde. Scheinbar hast du dein Leben sehr gut ohne mich gemeistert, ich war dir doch bloß immer ein Klotz am Bein", meine ich und schnaube leicht auf.

Roommates // Leon Goretzka FFWhere stories live. Discover now