Kapitel 89

1K 41 8
                                    

"Kann ich dir helfen?", frage ich Leon und komme mit den Krücken zum stehen. Der Lockenkopf steht auf der Leiter in unserer Einfahrt und bringt ein paar neue Kameras an. Kurz schaut er zu mir herunter, bevor er sich wieder der Arbeit zuwendet.

"Nein", schlägt er mein Angebot aus.

In den letzten Tagen ist der Spieler anders, er ist kühler und distanziert. Ich verstehe, dass die momentane Situation nicht leicht ist. Das ist sie für niemanden. Aber ich wünschte Leon würde mit mir darüber reden oder sich helfen lassen.

"Bist du sicher? Soll ich dir nicht irgendetwas angeben?", hake ich nach. Schließlich muss er immer mal wieder, etwas umständlich, nach Sachen greifen die er auf die Leiter gelegt hat. Wirklich leicht sieht das alles nicht gerade aus.

"Nein, Maddie, geh wieder rein! Ich kann das alleine", fährt mich Leon unfreundlich an und erschrocken zucke ich zusammen. Ich habe nicht damit gerechnet, dass er seine Stimme gegen mich erhebt. Stumm nicke ich, drehe mich um und gehe so schnell ich kann auf den Krücken wieder zurück in unser Haus.

Die Tür fällt hinter mir ins Schloss und seufzend sinke ich dagegen. Ich weiß nicht wie lange ich das noch mitmachen kann. Die Stimmung zuhause ist ziemlich kühl. Wenn Taro dabei ist versuchen wir zwar immer auf heile Welt zu tun, aber wenn er nicht dabei ist ist Leon wieder so abweisend und kühl. Ich will ihn nicht verlieren und trotzdem habe ich momentan das Gefühl er gleitet mir hinfort.

Sagen kann ich trotzdem nichts. Immer wenn ich versuche das Thema anzusprechen lässt er mich stehen. Kraft, die ganze Zeit ihm hinterher zu rennen, fehlt mir. Die Schusswunden sind zwar relativ gut verheilt aber auch noch nicht komplett. Mein Körper hat immer noch damit zu tun.

Ich wünschte mir Leon würde darüber reden. Nicht einmal unbedingt mit mir. Von mir aus mit einem Therapeuten, einem Freund oder sonst jemandem. Er hat einen Menschen erschossen und er kann nicht so tun, als wäre das nie passiert.

Ich gehe zurück ins Wohnzimmer und setze mich auf die Couch, wo ich meistens bin seit ich wieder zuhause bin. Taro macht noch ein Mittagsschläfchen und mit Mühe lege ich die Beine hoch und greife nach meinem Buch.

Konzentrieren kann ich mich darauf zwar sowieso nicht, aber es ist besser als einfach rum zu sitzen. Ich merke wie ich ziemlich müde werde und da mein Körper momentan sowieso relativ kraftlos ist, schlafe ich schnell ein. Als ich wieder wach werde liegt eine Decke über meinem Körper, das Buch liegt auf dem Couchtisch und ich höre Leon in der Küche kochen.

Ein Lächeln legt sich auf meine Lippen. Wieder eine liebevolle Geste von ihm, die erste wirkliche seit ich aus dem Krankenhaus zurück bin. Langsam stehe ich auf und greife wieder nach den Krücken.

Ich gehe zu unserer Küche herüber, Leon blickt sofort auf als er mich hört.

"Geht es dir gut?", erkundigt er sich. Von der sonstigen Liebe in seiner Stimme ist eher wenig zu hören. Es klingt als wären wir lediglich Bekannte. Die Tonlage ist mir mittlerweile leider bekannt.

"Nein", sage ich ehrlich und langsam lässt Leon das Messer in seiner Hand sinken, mit dem er gerade den Knoblauch klein schneidet.

"Brauchst du Medizin? Soll ich dir die Tabletten bringen?"

"Nein, Leon. Ich brauche dich", entgegne ich ernst und schaue ihn zugleich bittend an.

"Ich bin doch hier", meint der Lockenkopf leicht verwirrt und schaut mich irritiert an.

"Das bist du nicht. Der Leon, der hier vor mir steht, ist ein anderer als ich ihn kenne. Du hast dich verändert und das nicht gerade ins positive. Ich will meinen Verlobten wieder zurück. Ich weiß was passiert ist und natürlich ist es nicht einfach, aber ich bin hier. Rede doch mit mir darüber", spreche ich meine Gedanken aus und schaue ihn ernst an.

"Es ist alles perfekt", knurrt Leon und wendet sich wieder dem Knoblauch zu. Er beginnt ziemlich kraftvoll diesen zu schneiden und feuert ihn dann energisch in die Pfanne. Er ist wütend, versucht seine Emotionen zu unterdrücken. Wieso lässt er sie nicht einfach zu?

"Ist es nicht. Leon Christoph Goretzka, ich will, dass du mit jemandem darüber sprichst. Mit mir, einem Freund oder einem Psychologen, mir egal aber rede mit jemandem darüber. So wie es jetzt ist machst du bloß alles kaputt und ich hasse es dich so leiden zu sehen", fahre ich Leon aus purer Verzweiflung heraus an.

Das Messer landet ziemlich schwungvoll in einem Apfel aus der Schale links von Leon. Erschrocken zucke ich zusammen und schaue den Lockenkopf mit großen Augen an. Er wendet sich wieder mir zu.

"Ich will mit niemandem darüber reden, verstehst du es nicht? Ich will es einfach vergessen! Also lass mich verdammt nochmal in Ruhe mit diesem Thema. Ich kann es nicht mehr hören", entgegnet Leon sauer und mit lauter Stimme.

"So funktioniert das aber nun einmal nicht! Du hast ein traumatisches Erlebnis gehabt, das verarbeitet man nicht einfach so und das kannst du auch nicht einfach vergessen. Als ich die Leute erschossen habe hast auch du eine Therapie gemacht. Dieses Mal hast du den Mann selbst erschossen", fahre ich ihn an. Wieso ist er so ein verdammter Sturkopf?

"Du brauchst mich nicht daran erinnern, ich weiß was ich verdammt nochmal getan habe", schreit mich Leon an und schlägt mit der Faust auf die Arbeitsfläche. Nah an der Kante und es ertönt ein ziemlich unschönes Geräusch. Eine Mischung aus Knacken und Reißen. Ich sehe wie Leon die Zähne aufeinander presst und sauer auf seine Hand schaut, bevor ich den bösen Blick abbekomme "Kümmer dich um deine eigenen Angelegenheiten"

Mit diesen Worten geht er an mir vorbei, rempelt mich unsanft an der Schulter an und verlässt die Küche. Ich schlucke kurz, bevor ich mit meinen Krücken hinter ihm her gehe.

"Du bist meine Angelegenheit. Du bist meine Familie Leon und wir haben ein Kind. Denk an Taro. Willst du, dass er unter dieser ganzen Situation leidet? Er kann doch überhaupt nichts dafür und er ist zu klein um zu verstehen wieso Mama und Papa nicht normal sind. Das alles wird ihn verwirren, willst du ihm das wirklich zumuten?", rufe ich Leon hinterher. Er ist leider deutlich schneller als ich es bin.

Aber meine Worte bringen ihn dazu wieder umzudrehen. Mit hastigen und großen Schritten kommt er auf mich zu, seine Hände legen sich fest an meine Oberarme.

"Maddie lass es, zieh den Kleinen da nicht mit rein!", zischt er und sein Kiefer ist deutlich angespannt. Ich sehe, dass er noch etwas sagen will. Doch im letzten Moment stoppt er sich selbst, schließt seinen Mund wieder und atmet kurz durch "Ich übernachte bei Manu"

Dann dreht er sich wieder um und stürmt aus dem Haus. Im vorbeigehen greift er lediglich eine Jacke und seine Schlüssel, dann ist er weg. Perplex schaue ich auf die Stelle wo ich Leon das letzte Mal gesehen habe und spüre wie langsam eine Träne über meine Wange läuft.

Unser Leben war doch gerade so perfekt. Wieso muss die Vergangenheit wieder alles kaputt machen?


Ja wieder ein Lebenszeichen von mir haha. Mir ging es aber tatsächlich die letzten drei Tage richtig schlecht. Ich wurde geimpft und hab das leider irgendwie gar nicht vertragen :(
Ihr könnt ja gerne Mal von euren Erfahrungen berichten, falls ihr schon geimpft worden seid oder eure Freunde/Familie :)

Lasst auch gerne Feedback zum Kapitel da <3

Und noch eine Frage. Würdet ihr euch dieses Buch eher 'kürzer' wünschen (Lol bei fast 90 Kapitel haha) oder wollt ihr ein sehr langes Buch? :)

Roommates // Leon Goretzka FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt