Kapitel 87

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Das Klingeln an der Tür lässt mich leicht zusammen zucken. Wieso erschrecke ich mich so oft wenn es klingelt? Vermutlich hat Leon seine Schlüssel vergessen, zeitlich würde es passen. Ich lasse den Abwasch stehen, trockne meine Hände ab und schaue lächelnd zu Taro rüber, der auf seiner Decke liegt. Dann verlasse ich den Wohnbereich und gehe zur Haustür herüber.

Als ich sie öffne steht ein junger Mann vor mir, vielleicht mein Alter oder etwas jünger. Ich kenne ihn nicht. Offensichtlich doch nicht Leon.

"Hallo, kann ich Ihnen helfen?", frage ich verwundert und schließe die Tür wieder ein kleines Stück. Fremde müssen nicht unbedingt in unser Haus schauen können. Statt zu antworten zieht er einfach eine Waffe aus seinem Hosenbund und richtet sie auf mich. Mein Herz beginnt sofort schneller zu klopfen und ich hebe meine Hände. Es wurde seit Ewigkeiten keine Pistole auf mich gerichtet und dieses Gefühl ist alles andere als angenehm.

"Gehen Sie rein", zischt er mich an und langsam trete ich einige Schritte zurück, ohne ihn aus den Augen zu lassen. Er tritt ebenfalls ein, schließt die Haustür mit seinem Fuß und deutet mir an weiter zu gehen. Auch wenn ich es nicht will drehe ich mich um und gehe langsam weiter.

"Wenn Sie Geld wollen dann nehmen Sie es einfach. Ich kann es Ihnen auch überweisen. Wir haben sehr viele Wertgegenstände im Haus", meine ich und höre selbst wie unsicher meine Stimme klingt. Früher hätte ich mich von einer Pistole nicht einschüchtern lassen. Aber jetzt habe ich eine Familie, ein Kind. Leon und ich sind endlich glücklich und das will ich nicht verlieren.

"Ich will kein Geld. Gehen Sie weiter", schreit mich der Mann an und erschrocken zucke ich zusammen. Er drückt den Pistolenlauf gegen meinen Hinterkopf und schiebt mich in unseren Wohnbereich. Er zieht einen der Esszimmerstühle heran, drückt mich darauf und befestigt meine Arme an der Rückenlehne. Auch meine Beine werden fixiert.

Ich kann nichts tun. Die Angst übernimmt vollkommen die Oberhand, das bin ich nicht gewohnt und ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung wie ich damit umgehen soll.

"Was wollen sie von mir?", frage ich mit zitternder Stimme. Die Situation macht mir Angst, keine Frage. Wäre unsere Haushaltsunterstützung doch bloß heute und nicht gestern hier gewesen. Ich hätte mit Taro spazieren gehen sollen statt mich um den Abwasch zu kümmern.

Der Mann kommt um den Stuhl herum, schaut mir direkt in die Augen. Ich sehe die Wut darin, unfassbare Wut. Er wird schießen. Ich sehe es in seinen Augen. Er hat kein Problem damit mich zu töten.

Mit ziemlich viel Kraft drückt er die Pistole gegen meine Stirn und ich schließe meine Augen. Eine Träne läuft über meine Wange bei dem Gedanken alles in der nächsten Sekunde zu verlieren. Ich bin nicht bereit zu sterben, nicht jetzt.

"Ein scheiß Gefühl nicht wahr?", presst der Mann zwischen zusammen gebissenen Zähnen hindurch und ich spüre wie aufgebracht er ist "Sie haben meinen Vater erschossen und ich will, dass sie den gleichen Schmerz fühlen, den ich all die Zeit spüre"

Mit diesen Worten löst sich die Pistole von meiner Stirn und vorsichtig öffne ich die Augen. Doch was ich sehe ist tausend mal schlimmer als die Angst gleich zu sterben. Er richtet die Pistole auf Taro, der auf seiner Decke herum krabbelt.

"Nein, ich bitte Sie. Er ist doch noch ein Baby", flehe ich und immer mehr Tränen fließen über meine Wangen. Er kann nicht mein Kind erschießen, ich kann Taro nicht verlieren. Er ist alles für Leon und mich. Leon wird darunter genauso sehr leiden wie ich und das hat er nicht verdient.

"Bitte nehmen sie die Waffe runter", schluchze ich und ziehe an den Bändern, doch habe keine Chance frei zu kommen "Bitte, bitte, bitte"

Ich würde in diesem Moment vermutlich alles tun um mein Kind zu schützen.

Roommates // Leon Goretzka FFWhere stories live. Discover now